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Der Hexer - NR25 - Ein Gigant erwacht

Der Hexer - NR25 - Ein Gigant erwacht

Titel: Der Hexer - NR25 - Ein Gigant erwacht
Autoren: Verschiedene
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eines geliebten Stammesmitgliedes. Die letzten dreißig Jahre hindurch hatte ihr aller Schicksal in seiner Hand gelegen, und er hatte diese Verantwortung weise und mit großer Umsicht getragen.
    Jetzt würde er, Ixmal, es sein, dem diese schwere Aufgabe oblag, denn als obersten Flötenmann würde der Ältestenrat ihn zu K’lee’shees Nachfolger wählen.
    Ixmal wußte nicht, ob er sich darauf freute. Bisher hatte er den Gedanken stets verdrängt, auch während der langen Monate, in denen der alte Häuptling auf dem Krankenlager dahingesiecht war und jedermann wußte, daß er nun bald zu seinem Platz an der Tafel der Götter eilen würde. Jetzt konnte er das nicht mehr. Noch ehe der Tag zu Ende ging, würde der Ältestenrat zusammentreten, und wenn die nächste Nacht vorüber war, würde er, Ixmal, Häuptling sein.
    Fast fürchtete er den Moment herbei. Zwar würde er dann nicht mehr auf die Jagd oder zur Arbeit auf die kargen Felder gehen müssen, aber die Verantwortung, die er dann zu tragen hatte, war schwer. Vielleicht zu schwer für seine Schultern, die nicht einmal dreißig Jahre zählten. Es war ja nicht nur die Verantwortung für den Stamm und sein Wohlergehen, sondern – viel schlimmer – die Rechenschaft, die er den Göttern hinter jenem verschlossenen Tor im Berg ablegen mußte.
    Ein heller, an einen Vogelruf erinnernder Laut riß Ixmal in die Wirklichkeit zurück. Mit einem unwilligen Stirnrunzeln drehte er sich herum, beschattete die Augen mit der Hand und blinzelte gegen die Sonne.
    Ein Läufer kam. Der Mann war in Schweiß gebadet, und sein Atem ging keuchend. Ixmal wußte, daß er von sehr weit her gekommen sein mußte, denn die Läufer waren es gewohnt, Stunde um Stunde zu rennen, ohne auch nur außer Atem zu kommen. Mit letzter Kraft erreichte er Ixmal, fiel vor ihm auf die Knie und berührte mit der Stirn seine nackten Füße.
    Ixmal trat zornig einen Schritt zurück. »Laß das«, sagte er heftig. »Noch bin ich nicht Häuptling. Was willst du? Siehst du nicht, daß ich mit den Göttern spreche?«
    Der Mann sah auf. Sein Gesicht war schweißüberströmt. »Fremde, Ixmal«, sagte er mühsam. »Es... es kommen Fremde.«
    »Fremde?« Ixmal konnte den Schnecken nicht ganz aus seiner Stimme vertreiben. Hatte K’lee’shee sie nicht gelehrt, daß alle Fremden Feinde seien, die den Göttern nur übel gesinnt waren?
    »Woher?« schnappte er. »Und wie viele?«
    »Das... das weiß ich nicht«, antwortete der Läufer stockend. Er konnte kaum sprechen. Sein Atem pfiff.
    Ixmals Stirn umwölkte sich. »Was soll das heißen?« fragte er scharf.
    »Ich... ich war draußen beim Himmelsfelsen«, berichtete der Läufer. »Ich beobachtete den weißen Gott, der dort lagerte, wie du es befohlen hast. Aber dann geschah etwas Schreckliches. Das große Eisentier kam und fuhr durch den Himmel, doch dann stürzte es herab. Sein Körper verbrannte, und viele weiße Götter kamen heraus.«
    »Bist du sicher?« fragte Ixmal, obgleich er wußte, daß der Mann die Wahrheit sprach. Niemand hätte es im Angesicht der Götter gewagt, zu lügen. »Weiße Götter?«
    »Sehr viele«, bestätigte der Läufer. »Und manche von ihnen sitzen auf schrecklichen Tieren mit Füßen aus Eisen! Du... du mußt die Götter im Berg befragen, was zu tun ist, Ixmal!«
    Ixmal schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er. »Nicht jetzt.« Er überlegte einen Moment, dann fuhr er herum, gebot dem Läufer mit einer ungeduldigen Geste aufzustehen.
    »Lauf zum Lager«, sagte er befehlend. »Die Männer sollen ihre Waffen nehmen und herkommen. Dann laß dir von den Weibern zu trinken geben und ruhe dich aus, bis alle bereit sind. Wir werden zum Himmelsfelsen gehen und nachsehen, was es mit den fremden Göttern auf sich hat«
    »Und wenn sie... feindlich gesonnen sind?« fragte der Läufer. Das unmerkliche Stocken in seinen Worten fiel Ixmal auf, und er verstand die Furcht des Mannes sehr wohl. Es war nicht das erste Mal, daß sie von fremden weißen Göttern hörten, die draußen in der verbotenen Welt jenseits des Himmelsfelsens leben sollten. Manchmal – sehr selten, oft nur einmal während der Dauer einer ganzen Generation – waren Mitglieder des Stammes in die Welt dort oben hinausgegangen. Die wenigsten von ihnen waren je zurückgekehrt, aber die, die gekommen waren, hatten schreckliche Geschichten erzählt: Geschichten von zornigen Göttern, die auf eisenfüßigen Tieren ritten und Blitz und Donner schleuderten.
    »Wenn sie feindlich gesonnen
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