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Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht

Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht

Titel: Der Hexer - NR04 - Bote vom Ende der Nacht
Autoren: Verschiedene
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erschöpft. Selbst das Wissen, daß der Tod hinter jener Tür dort vorne auf mich wartete, schreckte mich nicht mehr. Im Gegenteil. Es kam mir fast wie eine Erlösung vor.
    Trotzdem begann mein Herz zu rasen, als ich die Tür erreichte. Auf meiner Zunge breitete sich ein bitterer, metallischer Geschmack aus, verbunden mit einer immer stärker werdenden Übelkeit, die aus meinem Magen emporkroch.
    Aber es war keine Furcht. Es war der Geschmack der Niederlage, den ich zum ersten Mal im Leben wirklich zu spüren begann.
    Einer meiner Begleiter bedeutete mir mit einer befehlenden Geste, stehenzubleiben, stieß die Tür vollends auf und trat mit einer angedeuteten Verbeugung in die Bibliothek.
    Ich hatte geahnt, was mich erwartete. Trotzdem krampfte sich etwas in mir zusammen, als ich das halb ausgebrannte Zimmer betrat und mich umsah.
    Howard hockte in einem Sessel unter dem Fenster und blickte mir mit steinernem Gesicht entgegen. Sein linkes Auge war halb zugeschwollen, und auf seiner Wange war ein frischer, verkrusteter Schnitt. Die Art, in der er die Rechte in den Schoß gelegt hatte, sagte mir, daß sie verstaucht oder gebrochen sein mußte.
    Neben ihm, in einem zweiten Sessel, saß der Mann, den ich für die Dauer eines Tages für Howard gehalten hatte. Die Ähnlichkeit war jetzt nicht mehr ganz so verblüffend, aber noch immer groß.
    Sie waren sich in Statur und Wuchs gleich, und obwohl der falsche Bart des Howard-Doppelgängers mittlerweile entfernt war und die Farbe in seinem Haar zu verblassen begann, hätte man sie noch immer leicht für Brüder halten können. Was ihn von Howard unterschied, war die Furcht. Während Howard fast gelassen in seinem Sessel saß, war das Gesicht seines Doppelgängers verzerrt und glänzte vor Schweiß. Er mußte halb wahnsinnig vor Angst sein.
    Ich trat vollends in das Zimmer, als einer der Drachenkrieger mir einen Stoß versetzte, und sah mich um. Meine Gedanken begannen zu rasen, als ich die schlanke, in ein weißes Nachthemd gekleidete Gestalt auf der kleinen Couch neben dem Kamin entdeckte.
    Pri! Sie war hier!
    Aber ich hatte mich gut genug in der Gewalt, stehenzubleiben und nicht zu versuchen, zu ihr zu kommen. Necrons Leute würden mich bei der geringsten verdächtigen Bewegung töten.
    Die Tür hinter meinem Rücken schloß sich mit einem dumpfen Knall. Ich widerstand im letzten Moment der Versuchung, mich herumzudrehen.
    Statt dessen blieb ich reglos stehen und blickte zu Priscylla hinüber, gierig auf jede Sekunde, die ich sie noch sehen konnte. Sie war ohne Bewußtsein, aber sie lebte, wie das regelmäßige Heben und Senken ihrer Brust bewies, und sie schien unverletzt. Wenn ich starb, dann war es dieses Bild, was ich mit hinübernehmen wollte. Wo immer dieses »hinüber« sein mochte.
    Eine Gestalt in Schwarz trat an mir vorbei, kleiner als die Drachenkrieger und älter, aber auf schwer zu beschreibende Art gefährlicher und drohender als sie.
    Necron ging mit raschen Schritten zu der Couch, auf der Priscylla lag, blickte einen Moment versonnen auf ihr regloses Antlitz herab und hob dann mit einer ruckartigen Bewegung den Kopf, fast, als bemerke er meine Anwesenheit erst jetzt.
    »Du hättest mich nicht hintergehen sollen, Craven«, sagte er. Seine Stimme war ganz kalt, ohne irgendeine Spur von Zorn oder Haß. Aber gerade das machte die Drohung darin um so schlimmer.
    »Du hättest allein kommen sollen, wie ich es verlangt habe«, sagte er. »Jetzt bin ich nicht mehr an unsere Abmachung gebunden.«
    »Ich konnte nichts dafür, Necron«, antwortete ich, obwohl ich wußte, wie sinnlos jedes Wort war. Wir hatten keine Abmachung; es hatte nie eine gegeben. Und wenn, hätte Necron sich ohnehin nicht an irgendwelche Zusagen gehalten. »Diese Männer sind mir ohne mein Wissen gefolgt.«
    »Wie dumm von dir«, murmelte Necron. »Aber das spielt nun auch keine Rolle mehr. Du hast mein Eigentum zurückgebracht, wie ich sehe?«
    Er streckte fordernd die Hand aus, aber ich zögerte noch, ihm das Paket mit dem NECRONOMICON auszuhändigen.
    »Warum haben Sie das getan?« fragte ich.
    Necron blinzelte in gespielter Verwirrung. »Was?«
    »Die Toten«, murmelte ich. »Sie haben sie umbringen lassen. All diese Menschen hätten nicht sterben müssen.«
    »Sie haben mich angegriffen«, erinnerte Necron.
    Ich fegte seine Antwort mit einer ärgerlichen Geste beiseite. »Wenn Sie auch nur halb so mächtig sind, wie man sich erzählt, Necron, dann hätten Sie andere Möglichkeiten gehabt,
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