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Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe

Titel: Der Hexer - GK571 - Tyrann aus der Tiefe
Autoren: Verschiedene
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stiegen in regelmäßigen Abständen große, schimmernde Luftblasen an die Oberfläche und zerplatzten.
    O’Banyon stemmte sich hoch, fuhr sich mit einer fahrigen Geste über das Gesicht und stand nach Sekunden vollends auf. Sein Blick glitt unstet über den See. Das Wasser schimmerte ölig, und für einen Moment hatte er das Gefühl, dicht unter seiner Oberfläche einen gigantischen dunklen Umriß zu erkennen. Aber es war nur ein Schatten, hervorgerufen durch das Spiel des Mondlichtes und der Wolken.
    »Steve?« rief O’Banyon. Seine Stimme zitterte, und das Heulen des Windes schien wie gellendes Hohngelächter darauf zu antworten.
    Aber das war auch die einzige Antwort, die er bekam.
    O’Banyon sah sich unsicher um. Alles in ihm schrie danach, einfach herumzufahren und wegzulaufen, so schnell er konnte weg von diesem schrecklichen Ort. Aber Steve Cranton war nicht nur sein Angestellter, sondern auch sein Freund. Er konnte ihn nicht einfach im Stich lassen.
    Mit zitternden Knien ging O’Banyon den Weg zurück den er sich gerade erst mühsam die Böschung hinaufgeschleppt hatte, blieb wenige Zentimeter vor dem Wasser stehen und bildete mit den Händen einen Trichter vor dem Mund. »Steve!« schrie er. »Antworte doch! Wo bist du?«
    Aber wieder antwortete ihm nur das Heulen des Windes. O’Banyon trat zitternd noch ein Stück weiter an den See heran, bis seine Füße bis zu den Knöcheln im weichen Uferschlamm versanken, sah sich mit wachsender Verzweiflung um und rief immer und immer wieder nach Cranton.
    Etwas berührte seinen Fuß. O’Banyon fuhr zusammen, sprang hastig einen Schritt zurück und lächelte nervös. Es war nur ein Stiefel, der mit den Wellen herangetrieben worden war und jetzt im Uferschlick schaukelte.
    Nur ein Stiefel ...?
    Es war Crantons Stiefel, erkannte O’Banyon voller Schrecken. Zehn, fünfzehn Sekunden lang starrte er den schwarzen Gummistiefel aus schreckgeweiteten Augen an, dann ließ er sich in die Hocke sinken, beugte sich vor und griff mit zitternden Fingern danach.
    Er merkte gleich, daß irgend etwas nicht stimmte. Der Stiefel war zu schwer ...
    O’Banyon schrie gellend auf, als er begriff, daß Crantons Stiefel nicht leer war ...
    ** *
    Der Wagen kam mit einem harten Ruck zum Stehen. Die Erschütterung ließ mich unsanft von meinem improvisierten Strohlager herunter und gegen einen von Bannermanns Matrosen purzeln, und für die nächsten Sekunden waren wir voll und ganz damit beschäftigt, unsere Arme und Beine zu entwirren. Erst dann gelang es mir, mich aufzusetzen und – noch immer verschlafen und müde – in die Runde zu blinzeln.
    Die Sonne war aufgegangen, und das bedeutete, daß wir die ganze Nacht durchgefahren sein mußten. Das letzte, woran ich mich erinnerte, war die Abenddämmerung gewesen, sie und die Kälte, die trotz der fortgeschrittenen Jahreszeit vom Meer her auf das Land gekrochen war. Ich mußte mindestens zehn Stunden durchgeschlafen haben. Trotzdem fühlte ich mich zerschlagen und müde, als hätte ich nur wenige Minuten geruht.
    »Wir sind da«, drang eine dunkle Stimme in meine Gedanken. Ich sah verwirrt auf, starrte einen Moment lang Bannermann an, der meinen hilflosen Blick mit einem gutmütigen Grinsen quittierte, und sah dann nach vorne. Unser Kutscher hockte zusammengesunken und in ein halbes Dutzend Decken gewickelt auf dem schmalen Bock und blickte mit einer Mischung aus Ungeduld und schlecht unterdrückter Heiterkeit auf uns herab. Nun, wahrscheinlich boten wir – abgerissen und heruntergekommen, wie wir waren – wirklich einen lächerlichen Anblick.
    »Wir sind da«, sagte der Kutscher noch einmal. Diesmal unterstrich er seine Worte mit einer Geste nach vorn. Der Weg teilte sich wenige Yards vor uns. Linkerhand führte er wieder hinauf in die karge Hügellandschaft, durch die wir bisher gefahren waren, rechts fiel er sanft ab, weit im Osten war eine dünne, blaue Linie zu erkennen.
    »Ab hier müssen Sie zu Fuß weiter«, fuhr er fort. »Is’ aber nich’ weit. Sechs oder sieben Meilen. Wenn Sie sich ranhalten, sind Sie in drei Stunden in Goldspie.« Er grinste und entblößte eine Reihe fleckiger gelber Zähne. »Ich hätt’ Sie gerne mitgenommen auf meinen Hof, aber von da kommen Sie nich’ weiter.«
    Ich wollte antworten, aber Bannermann ließ mich nicht zu Wort kommen. Wahrscheinlich war es auch gut so. Ich war noch viel zu benebelt, um einen klaren Gedanken fassen zu können. Früh aufstehen ist mir schon immer schwer
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