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Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Der Hexenschwur: Roman (German Edition)

Titel: Der Hexenschwur: Roman (German Edition)
Autoren: Deana Zinßmeister
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Scheiterhaufen verurteilt.«
    »Jesus und Maria«, flüsterte Tine und bekreuzigte sich dreimal. »Nur Hexen werden zum Tod durch die Flammen gerichtet«, sagte sie und blickte die Frauen angsterfüllt an.
    »Ich kann mich sehr gut an die Hinrichtung der alten Berta erinnern. Wie Schlachtvieh wurde sie an einem Strick zum Scheiterhaufen geschleift«, sagte die schwangere Helene und stützte ihren Rücken mit beiden Händen ab.
    »Hexen müssen brennen!«, brummte die Bäuerin und schlug nun mit einem breiten Stock auf die Bettwäsche.
    »Ohne Bertas Hilfe wäre ich bei der Geburt der Zwillinge gestorben. Deshalb kann ich dem Weib nichts Schlechtes nachsagen. Ich wäre froh, würde sie mir bei dieser Geburt ebenfalls beistehen«, verteidigte die werdende Mutter die Hebamme zaghaft und bückte sich umständlich, um das Betttuch aufzunehmen.
    »Wenn du von ihrer Unschuld überzeugt warst, warum hast du damals geschwiegen und sie nicht verteidigt?«, fragte Josefine bissig.
    Helene schluckte und antwortete leise: »Du weißt, wie schnell man bezichtigt wird, mit der Hexe gemeinsame Sache zu machen. Außerdem hatte mein Mann mir verboten, mich zu äußern.«
    »Warum hat man die Hebamme der Hexerei für schuldig befunden?«, fragte Tine, während sie den Stoff mit der Bürste bearbeitete.
    Josefine schnaufte laut und legte die gewaschenen Teile in den Korb. Dann blickte sie zu dem Gehöft hinüber, das das größte in der Umgebung war, und erzählte die Geschichte, die sich damals zugetragen hatte: »Es war schon lange das Gerücht im Umlauf, dass die alte Berta mit dem Teufel im Bunde stehe. Die Leute schwiegen dazu, denn die Hebamme hatte vielen geholfen, ihre Kinder auf die Welt zu bringen.« Sie schielte zu der Schwangeren hinüber. »Zu Berta kamen aber auch Frauen, die nicht empfangen konnten. So war die Ehe einer Frau aus unserem Dorf lange kinderlos geblieben. Ihr Mann wünschte sich sehnsüchtig einen Sohn, doch die Frau wurde nicht schwanger. Die Arme war so verzweifelt, dass sie mitten in der Nacht Berta aufsuchte und der Alten ihr Leid klagte. Ich weiß nicht, was ihr die Hebamme gab. Aber wenig später wurde die Frau schwanger und schenkte einem Knaben das Leben. Ich habe das Kind nie gesehen, aber es soll rosige Wangen, sonnenhelle Locken und große blaue Äuglein gehabt haben. Auch soll er selten geweint und die meiste Zeit geschlafen haben.«
    »Die Eltern konnten sich glücklich schätzen«, meinte die Frau des Witwers. »Die Kinder meines Mannes haben dünne dunkle Haare, Rotznasen, und ihre Haut ist von Flohbissen übersät«, erklärte sie verächtlich und knetete die Wäsche im klaren Wasser, bis keine Seife mehr im Stoff war. Dann schaute sie auf und fragte: »Warum aber war die Frau mitten in der Nacht zu der Hebamme gegangen?«
    Die Bäuerin zuckte mit den Schultern. »Ich sagte bereits, dass die Berta mit dem Teufel im Bunde stand. Vielleicht hat er bei der Schwangerschaft mitgeholfen«, lachte sie gehässig, und auch Grete grinste hämisch.
    »Ihr redet Unfug!«, schimpfte Helene und widersprach: »Die Frau wollte sicher nicht, dass das Dorf sich über ihr Unglück lustig machte – so wie ihr jetzt.«
    »Ich sage dir eins: Mir ist es einerlei, ob jemand Kinder hat oder nicht oder wie viele. Aber mir ist es nicht einerlei, wenn jemand mit dem Teufel tanzt«, sagte Josefine aufbrausend.
    »Was haben die Frau und ihr prächtiges Kind mit deinem Ungeziefer im Keller zu tun?«, versuchte Tine die Streitenden abzulenken.
    Die Bäuerin schüttelte den Kopf. Bevor sie weitererzählte, wanderte ihr Blick erneut hinüber zu dem Gehöft. »Ja, alles schien gut zu sein bis zu dem Tag, als das Unglück über die Arme hereinbrach«, sagte sie kaum hörbar.
    Grete und Helene zuckten zusammen. Rasch sammelten sie ihre Wäsche ein, während die Frau des Witwers in ihrer Arbeit innehielt und die anderen fragend anschaute.
    »Was ist geschehen?«, fragte sie mit angespannten Gesichtszügen und stellte sich neben Grete und Helene.
    Josefine zögerte mit der Antwort: »Es war ein heißer Sommertag, und die Frau verrichtete ihre Arbeit im Hof. Plötzlich hörte sie im Schlafzimmer ihr Kind jämmerlich wimmern. Zwei Stufen auf einmal nehmend, rannte sie die Treppen hoch zur Wiege, und da erwartete sie das Schreckliche.« Die Bäuerin legte eine Atempause ein. Als sie weitersprach, zitterte ihre Stimme. »Wie die arme Mutter uns erzählte, lag nicht mehr ihr schönes Kindchen in dem Bett, sondern ein heulender
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