Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Herr von Moor House

Der Herr von Moor House

Titel: Der Herr von Moor House
Autoren: Anne Ashley
Vom Netzwerk:
hörte ein Plätschern. Irgendetwas fiel in die Wellen. Endlich lächelte er, kam zu ihr und hauchte einen keuschen Kuss auf ihre Stirn.
    Als er an ihrer Seite erwacht war, hatte er sich beim Anblick dieser wirren kastanienroten Locken auf den schönen nackten Schultern sehr beherrschen müssen, um sie nicht erneut zu lieben. Nur sein Respekt vor Megan und die Angst, sein Bruder könnte jeden Moment eintreffen, hinderten ihn daran. Vor Kurzem hatte er sich vergewissert, dass die Tür immer noch versperrt war. Aber er rechnete mit einem baldigen Ende der Gefangenschaft. Er wagte nicht einmal, Megan so leidenschaftlich zu küssen, wie er es wünschte, weil er fürchtete, dabei würde es nicht bleiben. Doch er musste sie wenigstens umarmen, und da spürte er, wie sie vor unterdrücktem Gelächter zitterte. “Was ist denn so komisch, Liebste?”
    “Meine Sinne spielen mir einen Streich, Chris. Seit wir hier festsitzen, rieche ich immer wieder ein Brathuhn. Und jetzt traue ich meinen Augen nicht, denn ich sehe Hühnerknochen da unten auf den Wellen schwimmen.” Sie hob den Kopf von seiner kraftvollen Schulter, um genauer hinzuschauen. “Tatsächlich! Hühnerknochen. Sieh mal! Wo, um alles in der Welt, kommen sie her?” Sie rückte ein wenig von ihm ab und musterte ihn forschend.
    Nun hat sie mich durchschaut, dachte er. In der nächsten Sekunde rannte sie auch schon zur Truhe und inspizierte deren Inhalt. Vielleicht hätte er ihr einreden können, Sophie sei so umsichtig gewesen, ein paar Weinflaschen für die geplante Nachtwache bereitzustellen. Aber Megan würde ihre Nichte nicht für dumm halten und niemals glauben, das Mädchen hätte einen Korb mit einer Mahlzeit hierhergebracht, die erst im Sommer verspeist werden sollte. Früher würde das Ereignis nicht stattfinden. Wortlos wartete er auf das Donnerwetter, und es dauerte nicht lange, bis ihn ein anklagender Blick aus schmalen blauen Augen traf.
    “Du Schuft!”, schrie Megan, packte ein Holzscheit und schleuderte es in seine Richtung.
    Geschickt wich er dem Wurfgeschoss aus. Vor sieben Jahren hätte er ein so unverschämtes Benehmen nicht geduldet. Das Alter musste sein Temperament gemildert haben, denn er war eher belustigt als verärgert. Außerdem grollte sie ihm mit gutem Grund.
    Sie ergriff ihren Hut, stürmte zur Tür, die sich sofort öffnen ließ – was Christians Situation nicht verbesserte. Offenbar hatten sich alle Götter gegen ihn verschworen und lieferten immer neue Beweise für seine vermeintliche Schuld. Megan würde seiner Beteuerung, vor einer halben Stunde sei die Tür noch verschlossen gewesen, natürlich keinen Glauben schenken. Und so folgte er ihr resignierend die Stufen hinauf in die frostige Morgenluft.
    Zu dieser Temperatur passte Megans Miene, sobald er sie einholte. Die Pferde standen immer noch neben der zerbröckelten Mauer, an Zweigen festgebunden, wirkten aber so zufrieden, dass Giles sie vor Einbruch der Dunkelheit in den Stall von Moor House geführt haben musste. Daran zweifelte Christian keine Sekunde, wünschte jedoch, sein übereifriger Bruder hätte die beiden etwas später zurückgebracht. Eine halbe Stunde hätte ihm genügt, um Megan zu beschwichtigen und den Verdacht zu zerstreuen, sie wäre das Opfer seiner üblen Machenschaften geworden. Nun erschien ihm jeder Versuch, sie davon zu überzeugen, völlig sinnlos. Diese Vermutung bestätigte sich sofort. Als er ihr in den Sattel helfen wollte, stieß sie seinen Arm wütend beiseite.
    Wenn er sich um eine Konversation bemühte, würde er auf eisige Verachtung stoßen, und so ritt er schweigend hinter ihr her.
    Wilks öffnete ihnen die Haustür und erkundigte sich höflich, ob die Übernachtung der Herrschaften bei den Fortescues angenehm verlaufen sei. Wie Megan die Frage zu beantworten gedachte, sollte Christian nie erfahren, denn in diesem Augenblick schwang die Bibliothekstür auf, und die wahren Schuldigen betraten die Halle.
    “Oh, ihr seid schon so früh zurückgekommen?”, rief Sophie, sichtlich zufrieden mit sich selbst. “War es amüsant?”
    “Ich werde jetzt ein Bad nehmen”, zischte ihre Tante. “Später erwarte ich dich in meinem Schlafzimmer. Ich habe einiges mit dir zu besprechen.”
    “Und ich muss mit
euch beiden
reden”, teilte Christian dem jungen Paar mit, nachdem Megan die Treppe hinaufgerauscht war.
    Unbehaglich wechselten die zwei einen Blick, dann kehrten sie in die Bibliothek zurück. Christian wandte sich zu seinem Butler, der
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher