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Der Herr von Moor House

Der Herr von Moor House

Titel: Der Herr von Moor House
Autoren: Anne Ashley
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war, musste er die Wahrheit geahnt haben, während sie Lance Berringham für den Schurken gehalten hatte. Immerhin war Christian so anständig gewesen, den Verdacht kein einziges Mal auf den Vetter seiner verstorbenen Frau zu lenken.
    Nein, dachte sie, von neuer Wut erfasst, stattdessen hat er sich mit dem Brathuhn vollgestopft, während ich halb verhungert bin! Und dann war er auch noch unverschämt genug, mich zu verführen!
    Aber wie sie zugeben musste, hatte sie sich sehr gern verführen lassen.
    Plötzlich verflog der Groll, und sie brachte sogar ein Lächeln zustande. War sie besonders sinnlich veranlagt? Oder wurden auch andere Frauen in den Armen gewissenloser Schurken schwach?
    Die Tür schwang auf, und Betsy trat ein. Forschend schaute sie ihre Herrin an. Miss Megans normales sonniges Gemüt schien allmählich zurückzukehren, denn jetzt sah sie nicht mehr wie die wilde Furie aus, die zuvor ins Schlafzimmer gestürmt und ein heißes Bad gefordert hatte. “Ist Ihr Haar trocken genug, Miss? Soll ich Sie frisieren?”
    Wortlos nickte Megan, setzte sich an den Toilettentisch und bereute ihr unfreundliches Verhalten. So unbeherrscht war sie früher nie gewesen. Beschämt schaute sie auf die schmutzigen Kleider, die sie im ganzen Zimmer verstreut hatte. Und dann merkte sie, dass ihre Truhen verschwunden waren. Am vergangenen Nachmittag hatten sie, sorgsam gepackt, in der Ecke gestanden.
    Misstrauisch musterte sie Betsys Gesicht im Spiegel. “Wo sind meine Truhen?”
    “Als ich erfuhr, Sie würden mit Mr Blackmore bei den Fortescues übernachten, dachte ich natürlich, Sie hätten sich anders besonnen. Also packte ich alles wieder aus und ließ die Truhen auf den Dachboden bringen.”
    Betsys Unschuldsmiene täuschte Megan keine Sekunde lang. Nun erkannte sie endlich die Hintergründe ihrer nächtlichen Gefangenschaft. Nicht nur Giles und Sophie … nein, der ganze Haushalt hatte sich an der schändlichen Intrige beteiligt, um ihre Reisepläne zu vereiteln. Sie schaute wieder in den Spiegel und musterte ihre verräterische Zofe. “Betsy”, begann sie in trügerisch sanftem Ton, “Sie sollten sich nach einer neuen Stellung umsehen.”
    “Sehr gut, Miss”, stimmte Betsy ungerührt zu und steckte die letzte kastanienrote Locke fest.
    Im selben Augenblick klopfte es an der Tür. Ohne Megans Erlaubnis abzuwarten, trat Christian ein.
    “Sir!”, rief Betsy und zwinkerte ihm verschwörerisch zu. “Dürfte ich Sie heute irgendwann sprechen? Ich muss mir nämlich eine neue Stellung suchen, und ich habe mir überlegt, ob Sie mir den Posten Ihrer Haushälterin anvertrauen würden.”
    “Darüber müssen wir uns gar nicht unterhalten, Miss Stoddard”, entgegnete er lächelnd. “Betrachten Sie sich von jetzt an als meine neue Haushälterin.”
    “Diesen Entschluss wirst du noch bereuen”, meinte Megan boshaft, während Betsy überglücklich aus dem Zimmer eilte.
    “Warten wir es ab.”
    “Glücklicherweise werde ich nicht mehr hier wohnen, wenn diese eigensinnige Frau den ganzen Haushalt durcheinanderbringt.” Mit einem ausdruckslosen Lächeln wandte sie sich zu ihm. “Keine Ahnung, was dich zu mir führt …” Das wusste sie sehr gut, aber sie hatte nicht vor, ihm den geziemenden Heiratsantrag zu erleichtern. “Aber da du schon mal hier bist – würdest du mir morgen früh deine Reisekutsche zur Verfügung stellen?”
    “Alles, was ich besitze, gehört dir, meine Liebste”, beteuerte er höflich. “Natürlich kannst du die Kutsche benutzen. Und wohin willst du fahren?”
    Nachdem sie nicht mehr an seiner Liebe zweifelte, fiel es ihr immer schwerer, Distanz zu wahren. Aber er musste bestraft werden – wenigstens ein kleines bisschen. Immerhin hatte er ihre Gefangenschaft in der Abtei inszeniert. “Das weißt du doch. Nach Somerset.”
    “Ach ja, gestern Nachmittag informierte mich mein Bruder über diesen Unsinn.” Langsam ging er zu ihr. Am liebsten hätte er sie in die Arme gerissen. Aber er beherrschte sich. Als Gentleman musste er ihr einen Heiratsantrag machen und ihr Jawort abwarten, bevor er wieder mit ihr schlief. Und je eher sie vor den Traualtar treten würden, desto besser.
    “Oh, natürlich, dein charmanter Bruder – und meine nichtsnutzige Nichte … Wo steckt sie eigentlich? Sagte ich nicht, ich müsste mit ihr reden?”
    “Sie reitet mit Giles aus. Sicher kommen sie bald zurück.”
    “Nachdem dein Bruder einen so beklagenswerten Einfluss auf dein Mündel ausübt, verstehe ich
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