Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman
Autoren: Lara Morgan
Vom Netzwerk:
linderte sein Anblick das Gefühl, ersticken zu müssen.
    Die Böschung lag hier viel höher über dem Rand des Flusses als in der Nähe des Dorfes. Eigentlich handelte es sich dabei mehr um einen schlammigen Abhang, der von Baumwurzeln zusammengehalten wurde und sich steil über der rasch dahin fließenden Strömung erhob. Auf dem schmalen Grat festen Bodens, der auf einer Seite vom Dschungel begrenzt wurde, stolperte sie entlang, bis es zu regnen begann. Die großen, schweren Tropfen, die vom Himmel fielen, durchnässten sie und ließen die schlammige Böschung zu rutschig werden, um im Dunkeln weiterzugehen.
    Schließlich gab Shaan es ganz auf und tastete sich weiter bis zu einer riesigen Palme. Mühevoll schlang sie einige Blätter ineinander,
bis sie einen Unterschlupf formten. Darunter gekauert blickte sie hinaus auf das Wasser, das ohne Unterlass vom Himmel fiel, während sie auf einem Streifen Trockenfisch herumkaute. Es war stockdunkel. Reglos und voller Angst saß sie da und starrte auf den Fluss, der sich wie ein ruheloses Tier voranbewegte.
    Es war eine lange und unbequeme Nacht, in der sie kaum schlief.
    Den ganzen nächsten Tag über ging sie weiter. Nur am Nachmittag gönnte sie sich eine kurze Pause und nahm einige Schlucke aus ihrem ledernen Wasserbehälter. Kurz vor Sonnenuntergang erreichte sie eine Stelle, an der der Fluss sich gabelte. Der Pfad, dem sie gefolgt war, führte mittels einer alten Hängebrücke über einen der beiden Arme hinweg. Als Shaan auf ihr die breiten Stromschnellen überquerte, ächzte die Konstruktion unter dem Gewicht. Auf der anderen Seite sah sie, wie die Fluten um einen Knick strömten und tiefer im Dschungel verschwanden.
    Ohne ersichtlichen Grund spürte sie, wie ihr Unbehagen an diesem Ort plötzlich wuchs. Deshalb wollte sie eigentlich auf keinen Fall hier übernachten, doch die Sonne sank rasch, und so war sie gezwungen, ihr Lager nur eine kurze Distanz entfernt aufzuschlagen. Als die Nacht hereinbrach, legte sich eine seltsame Ruhe über den Dschungel. Nicht einmal das stechende Ungeziefer belästigte sie noch.
    Während sie auf einem Bett aus Blättern lag und mit offenen Augen in die Dunkelheit starrte, versuchte sie, ein wenig Ruhe zu finden. Mitten in der Nacht fuhr sie jedoch unvermittelt auf. Mit pochendem Herzen versuchte sie, die Schwärze zu durchdringen.
    Dachtest du, dass du dich vor mir verbergen könntest, meine Liebe?, erklang Azoths Stimme zärtlich in ihrem Bewusstsein.
    Zitternd erhob sie sich auf die Knie, als sie über sich einen donnernden Flügelschlag hörte. Der Himmel war klar, und das schwache Mondlicht, das den Boden sprenkelte, verdunkelte sich, als etwas Großes über die Baumwipfel hinwegsegelte.
    »Er ist hier«, flüsterte Shaan zu sich selbst. Ihre Finger wurden kalt, als alles Blut aus ihren Gliedmaßen wich.

    Renn! Für einen Moment stand sie da, zu Tode erschrocken, dann glitt sie zwischen die tiefen Schatten der Bäume und stolperte blind durch das Unterholz. Alles um sie herum war schwarz und nass, aber sie schob sich mit einem zornigen Laut weiter. Vielleicht sollte sie sich in den Fluss werfen und sich ertränken? Nein. So lautlos wie möglich blieb sie in Bewegung und horchte angestrengt nach dem, was hinter ihr geschah.
    Aber nur ihre eigenen schweren Atemzüge und das Geräusch des nassen Blattwerks, das gegen ihre Beine streifte, drangen an ihre Ohren. Dann erfüllte ein hohes Kreischen die Nacht. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie erstarrte. War das Nuathin? Mit einem unterdrückten Schluchzen drängte sie sich durch den dichten Pflanzenwuchs. Und dann plötzlich begriff sie: Azoth war klug. Natürlich konnte er sich denken, dass sie dem Fluss folgen würde!
    Sie war so dumm. Unbedingt musste sie weg von dieser so offensichtlichen Fluchtrichtung. Doch wenn sie sich in den Dschungel begab, würde sie sich verirren. Ob sich näher am Wasser ein Versteck böte? Ohne nachzudenken, bog sie nach rechts und schob sich bis zur Uferböschung. Sie zögerte, als sie erkannte, wie hoch diese über dem Wasser lag. In der wolkenlosen Nacht erhellte der Mondschein die rasch dahinströmenden Fluten. Doch wenn sie sich unten direkt an der Böschung entlangbewegte, würde sie im Schatten bleiben. Schnell überzeugte sie sich mit einem Blick zurück, dass stromaufwärts nichts von Azoth oder Nuathin zu sehen war.
    Nach einem tiefen Atemzug begann sie hinunterzuklettern. Doch sofort glitt sie an der Böschung, die nur aus zähem Schlamm
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher