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Der Herr Der Drachen: Roman

Titel: Der Herr Der Drachen: Roman
Autoren: Lara Morgan
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lange ist das jetzt her?«, erkundigte sich Shaan.
    Der alte Mann starrte ins Leere. »Beinahe zweihundertzwanzig Jahre und ein bisschen. Aber die Frage ist doch, wie lange Nuathin
schon vorher hier gelebt hat.« Er kniff die Augen zusammen. »Ja, das ist die Frage. Aber eines weiß ich immerhin: Er ist nicht auf den Inseln zur Welt gekommen, wie es heute üblich ist. Nein. Er kam von irgendwo anders her.«
    »Woher weißt du denn das?«
    »Tja, nun, er ist einfach anders, das ist alles. Einfach anders.«
    »Inwiefern denn anders?«
    Aber Perrin schüttelte nur den Kopf und beschäftigte sich wieder mit dem Seil. »Du wirst schon sehen, was ich meine. Aber wenn du sein wirkliches Alter wissen willst, warum fragst du ihn denn nicht einfach selbst?«
    Shaan schnaubte. »Na klar. Ich schlendere einfach zu ihm hin und halte einen langen Plausch mit dem alten Jungen.« Sie schüttelte den Kopf. Es wäre toll, in der Lage zu sein, mit Hilfe der inneren Stimme mit einem Drachen zu sprechen. Reiter brauchten Jahre, um diese Fähigkeit zu erwerben, und ein Drache musste sie ihnen aus freien Stücken heraus beibringen wollen. Nuathin würde sie vermutlich eher zerquetschen. Sie befestigte die Enden des Seils und warf das Bündel auf einen Karren.
    »Es wird schon werden, mein Mädchen.« Perrin drückte ihren Arm. »Behalte ihn einfach im Auge, und er wird dich in Ruhe lassen. Dreh ihm nur niemals den Rücken zu, denn er ist ein hinterhältiger Bursche, dieser Nuathin.«
    Shaan spürte Ärger in sich aufflackern und riss ihren Arm los.
    »Danke.« Sie umklammerte den Rechen. »Ich kann auf mich selbst aufpassen.«
    Perrin hob abwehrend die Hände. »Wie du meinst. Seine Box liegt an der Wendelrampe, fünf Etagen hoch, fast ganz oben. Nimm gleich die erste Abzweigung rechts.«
    »Danke.« Shaan ging nach draußen, schloss die Tür des Lagerhauses und hob den Blick. Vor ihr ragte die Kuppel auf und warf einen langen Schatten. Es galt, keine Zeit mehr zu verschwenden. Man würde sie in einigen Stunden brauchen, um das Mittagessen zu servieren, und ihre Aufgaben in der Kuppel mussten bis dahin erledigt sein, wenn sie ihren Lohn erhalten wollte. Entschlossen
griff sie nach dem Rechen und lief den kurzen Weg bis zum Eingang der Arbeiter.
    Im Innern der Kuppel war es trotz der dicken Mauern erstaunlich warm. Die Außenwand war beinahe so breit, wie Shaan groß war, und sie gelangte durch einen tunnelähnlichen Durchgang zu einer Gabelung, an der zu beiden Seiten Wege zwischen den Innen- und Außenmauern abzweigten, die sich zu den Boxen hinaufschraubten; direkt vor ihr führte ein Tunnel durch das Herz der Kuppel. Shaan wusste, dass sie unbeirrt den ansteigenden Wegen hinauffolgen sollte, aber es war niemand sonst da, und sie befand sich zum ersten Mal in der Kuppel. Sie warf einen raschen Blick hinter sich und machte einige zögernde Schritte.
    Der Mittelteil der Kuppel war riesig und von großen Steinsockeln gesäumt, die in einiger Entfernung zueinander errichtet waren, damit die Drachen darauf Platz finden konnten. Glatte Wände stiegen zu allen Seiten auf, in regelmäßigen Abständen unterbrochen von herausragenden Simsen, auf denen dösende Drachen ausgestreckt lagen. In der Mitte auf dem Boden stand ein mächtiges Kohlebecken, in dem eine helle, blaue Flamme loderte.
    Das Drachenfeuer. Man erzählte sich die Geschichte, dass es von Yuatha, dem ersten Drachen von Salmut, entzündet worden wäre und niemals erloschen war. In einer seichten Wassergrube, die aus warmen, unterirdischen Quellen gespeist wurde, badeten zwei Drachen, und ihre Häute glänzten in dem Licht, das durch einen Kreis von bunten Glasscheiben im Kuppeldach hoch oben hereinfiel.
    Shaan blieb am Eingang stehen und war vom Lichtspiel auf den Drachenhäuten in den Bann geschlagen. Die weiche Oberfläche schillerte rosa bis lila und dann in einem juwelengleichen Grün, wenn die Drachen einatmeten. Das Weibchen, ein wenig kleiner als das Männchen, zuckte mit dem dornenbesetzten Schwanz, sodass Wasser über den Boden spritzte. Der Kamm, der sich von seinem Kopf aus in einem Bogen den Hals entlang hinabzog, glühte blau. Shaan war noch nie so nah an einen Drachen herangekommen.
Dieses Drachenweibchen war wunderschön, wie aus einer anderen Welt.
    Als ob das Tier ihre Gedanken gehört hätte, wandte es ihr den Kopf zu und musterte sie. Shaan erstarrte. Es war, als schaue sie durch eine Lupe. Mit einem Mal war nur noch das Drachenweibchen im Fokus, und Shaan hätte
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