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Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)

Titel: Der heiße Himmel um Mitternacht: Roman (German Edition)
Autoren: Robert Silverberg
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aufs Korn nahmen, sie in der Herde aussonderten. Die meisten Dinkos schlossen einen Vertrag, sobald man ihnen die Bedingungen erklärt hatte; aber wie üblich, es gab auch jetzt ein paar, die jede Hilfe ablehnten und darauf bestanden, sich alleine durchzuschlagen. Knauser, dachte Juanito verächtlich. Blöde Arschlöcher, dumme Nieten. Aber die würden es bald merken. Es war einfach nicht möglich, in Valparaiso Nuevo ohne die Mithilfe eines Kuriers etwas zu erledigen, egal für wie schlau sich einer hielt. Valparaiso war schließlich Freihandelszone. Und wenn jemand die Spielregeln kannte, blieb er hier auf Dauer so ziemlich von allen Unannehmlichkeiten verschont. Anderenfalls – eben nicht.
    Zeit, den Kontakt aufzunehmen, dachte Juanito.
    Es war nicht weiter schwierig, den Blinden herauszufinden. Er war sehr viel größer als die anderen Dinkos. Er war praktisch ein Riese. Ein breiter, langbeiniger Mann, um die dreißig, kräftige Knochen, mächtige Muskeln. In dem scharfen grellen Licht wirkte die augenlose Stirn wie ein Reflektor. Die geringere Schwerkraft schien ihm nicht viel auszumachen. Ebenso nicht seine Blindheit. Er bewegte sich mit geschmeidiger Sicherheit durch die Zollschleuse, es wirkte fast graziös. Wie alle Neuankömmlinge wies auch er die grobe, fleckige Haut auf, gerötet und schuppig, zu der die Erdlinge neigen, weil sie die ganze Zeit in diesem mörderischen, ausdörrenden Sonnenlicht auf ihrem Planeten braten.
    Juanito schlenderte zu dem Mann hinüber und sprach ihn an: »Ich werde dein Kurier sein, Sir. Juanito Holt.« Er reichte dem Blinden knapp bis in Ellbogenhöhe.
    »Kurier?«
    »Hilfsservice für Neue Gäste. Erleichterung bei den Einreiseformalitäten. Zollabwicklung, Geldumtausch, Hotelunterbringung, Daueraufenthaltserlaubnis, falls du das wünschst. Und Spezialservice, nach Absprache.«
    Juanito schaute erwartungsvoll in das ausdruckslose Gesicht hinauf. Der Blinde wandte ihm direkt und stumpf das Gesicht zu. Wenn der Dinko Augen gehabt hätte, man hätte es als festen direkten Augenkontakt bezeichnen müssen. Das war gespenstisch. Noch unheimlicher aber war, dass Juanito das Gefühl hatte, der Augenlose könne ihn durchaus klar erkennen. Einen kurzen Augenblick lang fragte sich Juanito, wer bei diesem geschäftlichen Arrangement wen unter Kontrolle haben werde.
    »Was sind das für Spezialdienste?«
    »Alles, was du sonst noch wünschen könntest«, sagte Juanito.
    »Alles?«
    »Alles. Hier ist Valparaiso Nuevo, Sir.«
    »Hmmm. Wie viel verlangst du?«
    »Zweitausend Callaghanos Grundlohn pro Woche. Sonderleistungen entsprechend extra abgerechnet.«
    »Und wie viel ist das in Capbloc-Dollars, deine Pauschale?«
    Juanito sagte es dem Mann.
    »Das ist nicht zu arg«, sagte der Blinde.
    »Zwei Wochen Minimum, im Voraus zu entrichten.«
    »Hmmm«, machte der Mann wieder. Und wieder kam dieses intensive augenlose Starren, das richtig durch ihn hindurchzudringen schien. Der Mann sagte eine Weile nichts. Juanito horchte auf seinen Atem. Der ging hastig und flach, aber so atmeten alle von Draußen. Als bemühten sie sich, die Nasenflügel zusammenzupressen, damit die in der Luft schwebenden Giftstoffe ihnen nicht in die Lungen dringen könnten. Aber in Valparaiso konnte man die Luft getrost und ungefährdet atmen.
    »Wie alt bist du?«, fragte der blinde Mann plötzlich.
    »Siebzehn.« Juanito platzte damit heraus, weil er dermaßen überrascht war.
    »Und du bist gut, ja?«
    »Ich bin erstklassig. Ich bin hier geboren. Ich kenne jeden.«
    »Ich werde den Besten brauchen. Akzeptierst du einen Vertrag per Elektronikhandschlag?«
    »Klar doch.« Es lief zu glatt, fand Juanito. Er überlegte kurz, ob er nicht drei Kilocallies pro Woche hätte verlangen sollen, aber jetzt war es dafür zu spät. Er zog sein Flexterminal aus der Tunikatasche und schob die Finger hinein. »Unity Callaghan Bank of Valparaiso Nuevo. Zugangscode 22-44-66. Und du kannst gleich auch einen persönlichen Sperrcode eingeben, weil es die einzige Bank hier ist. Konto Nummer 1133. Das ist meine.«
    Der blinde Mann zog sein eigenes Terminal über und tippte geschickt die Zahlen auf dem Armband ein. Dann ergriff er fest Juanitos Hand, bis die Sensoren Kontakt hatten, und nahm die Überweisung vor. Juanito holte sich per Taste die Bestätigung: Ein hellgrün leuchtendes ›+Cl 4000‹ blinkte im Display in seiner Handfläche. Auftraggeber war Victor Farkas, und der Transfer erfolgte von einem Konto bei einer ›Royal
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