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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug
Autoren: Gert Prokop
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„da kann er bequem schlafen. Am liebsten würde ich sein Gehirn doppeln…“
    „Daß du dich nicht unterstehst!“ rief Jonas.
    „War nur so ein Gedanke. Wir haben gar nicht genug Zeit dafür.“
    „Und wie geht es nun weiter?“
    „Wir lassen deinen Vater erst einmal hier. Wenn wir dann das Haus zurückbringen, quartieren wir ihn in das Auto um.“
    „Lieber legen wir ihn in den Sand“, sagte Jonas, „sonst ist er morgen früh kreuzlahm.“
    „Wie du willst. Und wann du ihn weckst, ist auch deine Sache. Fangen wir an?“ Xindy stieg die Treppe hinauf.
    Jonas warf erst einen Blick in das Schlafzimmer. Vater schlief friedlich, er schnarchte, und ein Lächeln spielte um seinen Mund, als habe er gerade einen schönen Traum. Jonas deckte ihn zu, dann ging er nach oben.
    Endlich durfte er die Dachkammer sehen, doch er war enttäuscht. Xindy hatte schon alles abgebaut. Nur der Stapel metallischer Kisten und der chlmische Stuhl verrieten, daß dies noch vor kurzem die ungewöhnlichste Dachkammer der Welt gewesen war.
    „Der Erde“, verbesserte ihn Xindy.
    Jonas schaffte die Kisten nach unten; mit dem Schwerkraftgerät war das eine Sache von zwei Minuten. Als er wieder nach oben kam, hatte Xindy eine Art Videorecorder in der Hand, auf dessen Bildschirm zu sehen war, wie die Kammer ausgesehen hatte, bevor Xindy sie mit Beschlag belegt hatte: genauso wie jetzt. Xindy nickte zufrieden. Er inspizierte auch die anderen Räume mit seinem Gerät, bestand darauf, daß Jonas jeden Krümel vom Fußboden sammelte.
    „Jetzt übertreibst du aber“, maulte Jonas. „So sauber verläßt kein Mensch sein Sommerhaus.“
    „Ich bin kein Mensch“, erwiderte Xindy. „Und dort in der Ecke liegt ein Papierfetzen, der früher nicht da gewesen ist.“
    Xindy kontrollierte das Haus sogar von der Unterseite, die nie ein Mensch erblicken würde. Er ließ es ein Stück in die Luft steigen und überzeugte sich, daß von dem Riß, den das Haus auf dem Berg bekommen hatte, nichts mehr zu sehen war. Dann zog sich Jonas seinen Skaphander an, und sie brachten Xindys Gepäck zum Raumschiff.
    Dieses Mal schwammen sie nicht, sie machten sich schwerelos und glitten dicht über dem Wasser dahin, stießen sich mit den Zehenspitzen ab, hüpften von Welle zu Welle, jeder balancierte einen Türm von Kisten auf den Armen; sie mußten nur aufpassen, daß nicht ein plötzlicher Windstoß sie umwarf oder die fast gewichtslosen Kisten davonwehte.
    Mann, wenn uns jetzt jemand sehen würde, dachte Jonas, zwei silberne Gespenster, die in der Abenddämmerung über das Meer laufen. Schade, daß es davon keinen Film gibt, das wäre der Knüller in jedem Kino – es gibt überhaupt kein Bild von Xindy, fiel ihm ein.
    „Du schenkst mir doch wenigstens ein Bild von dir zur Erinnerung?“ rief er. Xindy antwortete nicht, er hüpfte noch schneller über das Wasser, dann stoppte er, ließ Jonas herankommen.
    „Den Transport durch das Wasser übernehme ich“, erklärte er, „das ist zu schwierig für einen Anfänger.“ Er band die Kisten mit einer Art Leine zusammen. „Du wartest hier, ja?“
    „Das kann nicht dein Ernst sein!“ rief Jonas. „Du nimmst mich doch noch einmal zum Raumschiff mit?“
    Xindy legte den Kopf schief, dann nickte er. Jonas sah nicht, wie Xindy es machte, aber plötzlich tat sich ein Trichter unter ihnen auf, buchstäblich ein Loch im Wasser, durch das sie langsam hinuntersanken, bis sie den Eingang des Raumschiffs erreichten. Xindy schaffte erst die Kisten hinein, bevor er Jonas reinließ.
    Zum letzten Mal im Raumschiff. Jonas war schon die ganze Zeit mulmig zumute gewesen, doch bisher war er beschäftigt gewesen, nun brach der Abschiedsschmerz über ihn herein: als Xindy seinen Skaphander nicht ablegte, weil das, wie er sagte, für die kurze Zeit nicht lohne. Sie gingen noch einmal in sein Zimmer.
    Xindy rückte die beiden Sessel zusammen, dann saßen sie Hand in Hand nebeneinander und sahen auf Xindys Lieblingsbild vom Chlm, auf die blaue Ebene unter dem rostroten Himmel, über den die gelben und orangefarbenen Wolken dahinzogen, auf das blaue Gras und den blaugrünen Wald, und kaum hatte Jonas es gedacht, da saßen sie bereits vor dem chromgelben Meer; noch einmal tauchte die chlmische Sonne unter den Horizont, und die Monde gingen auf. Dann schien es, als starteten sie vom Chlm. Der Bildausschnitt wurde größer, das Meer versank unter ihnen, Jonas erblickte den Chlm als freischwebenden Planeten im Raum, hinter ihm ging die
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