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Der Hausflug

Titel: Der Hausflug
Autoren: Gert Prokop
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zurückbleibt, was? Du hättest mir wenigstens den Skaphander als Andenken dalassen können. Darf ich dir etwas zum Abschied schenken?“
    Jonas zog die Hose heran, griff in die Tasche, dabei berührten seine Fingerspitzen das Schwerkraftgerät, das er heimlich eingesteckt hatte. Er zog sein Taschenmesser heraus und hielt es Xindy hin. „Das zum Beispiel?“
    „Danke schön. Ich werde es immer bei mir tragen“, sagte Xindy. „Ich habe dir auch ein Abschiedsgeschenk gemacht.“
    „Ja, was denn? Zeig es mir.“
    „Später“, sagte Xindy. „Es ist – wie sagt ihr? – ein vergrabener Schatz.“
    „Und wo liegt der?“
    „Du wirst ihn finden, wenn die Zeit dafür reif ist“, sagte Xindy geheimnisvoll. „Mehr kann ich dir jetzt nicht verraten.“
     
     
     
    I ch habe mehrere Wissenschaftler befragt, was dieses Geschenk sein könnte. Ich gab vor, eine Geschichte zu schreiben, in der ein Außerirdischer einem Menschenjungen ein Abschiedsgeschenk hinterläßt, eine Art Schatztruhe, die sich erst „zur rechten Zeit“ öffnen würde. Alle haben übereinstimmend auf dasselbe getippt: auf eine im Gehirn gespeicherte Information, die erst unter bestimmten Bedingungen aktiviert wird, etwas also, das Jonas eines Tages „einfallen“ wird – vielleicht eine außergewöhnliche Erfindung?
    Oder ist es eine außergewöhnliche Begabung für Mathematik, die Xindy Jonas geschenkt hat? Ich habe mit seinem Lehrer gesprochen. Ein guter Mathematiker, sagt Herr Neumann, war Jonas schon immer, aber zwischen den Oster- und den Sommerferien hat er einen deutlichen Sprung gemacht. Herr Neumann gibt ihm jetzt jede Woche zwei Sonderaufgaben, an denen Jonas sich die Zähne ausbeißen kann. Bisher jedoch hat er sie alle gelöst, manche sogar mit sehr verblüffenden Lösungswegen, auf die so schnell niemand kommt. Im nächsten Jahr, sagt Herr Neumann, wird Jonas bestimmt zur Mathematik-Olympiade fahren. Ist das ein Zipfel von Xindys Geschenk? Wird Jonas eines Tages ein genialer Mathematiker, der die menschliche Wissenschaft mit einem großen Sprung vorwärtsbringt? Wir können nur abwarten.
    Ihr werdet verstehen, daß ich alles unternommen habe, um einen Beweis zu bekommen, daß die Geschichte von Jonas und Xindy nicht nur erfunden ist.
    Ich habe das Haus besucht; ich gab vor, man hätte mir erzählt, es sei zu verkaufen, und ich wolle es mir ansehen. Als die Besitzer erfuhren, wer ich bin, luden sie mich zum Kaffee ein, ich konnte sie unauffällig ein wenig ausfragen – sie hatten nichts Ungewöhnliches gemerkt – und mir sämtliche Räume ansehen. Alles war so, wie Jonas es beschrieben hatte. Niemand hatte bemerkt, ob das Haus vier Tage lang verschwunden war, steht es doch in einer Feriensiedlung, wo sich zu der Zeit niemand aufhielt. Der Ortspolizist sagte, er habe häufig Inspektionen mit dem Fahrrad durch das Gelände gemacht, ihm sei nichts aufgefallen; aber wem fällt schon eine leere Wiese auf, wenn er nicht Unrat wittert? Und kein Polizist zählt die Häuser, ob eines gestohlen wurde.
    Ich habe die beiden Leute, die vor Xindy ausgerissen sind, mit Anzeigen in den örtlichen Zeitungen gesucht, in denen ich › „Augenzeugen für eine große metallische Eidechse“ eine Belohnung versprach. Niemand hat sich gemeldet. Vielleicht war die Belohnung zu niedrig, als daß die beiden sich ihretwegen als „Gespensterseher“ zu erkennen geben wollten. Ich hoffe, sie lesen dieses Buch und melden sich doch noch.
    Der Tankwart in der Nähe des Kaufhauses will sich an nichts erinnern können, ebenso Frau Hausmann, die ich unter dem Vorwand aufsuchte, ich sei einer von Jonas’ Lehrern und wolle sie über den Nachbarsjungen befragen, Sie erwies sich ganz und gar nicht als „dumme Ziege“ und gab Jonas das denkbar beste Zeugnis. Als ich sagte, ein Schüler wolle von Jonas gehört haben, daß er mit einem Haus herumgeflogen sei, lachte sie herzhaft. Ich vermute, sie hat die Begegnung im Garten ganz tief in ihre Erinnerung verdrängt, weil sie so unglaublich war.
    In der Fabrik von Jonas’ Mutter streitet man ab, daß Quecksilber verschwunden ist. Hat Xindy das so eingerichtet? Oder wird es vertuscht? Aus Angst vor einer gründlichen Untersuchung, bei der noch andere Unkorrektheiten ans Tageslicht kommen könnten?
    Das Regenwunder in der Sahel-Zone habe ich gar nicht erst nachgeprüft, nachdem ein Freund, der Hilfsgüter in die Sahel-Zone geflogen hat, mir Dutzende von „Regenwundern“ erzählte, die die Leute dort erlebt haben
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