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Der Hagestolz

Der Hagestolz

Titel: Der Hagestolz
Autoren: Adalbert Stifter
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können. Dafür nun habe ich gesorgt, weil ich wußte, daß es alle jene nicht konnten, denen man dich anvertraut hat. Nach dem Tode deines Vaters nahm man mir die Macht, und ich habe doch besser gesorgt, als die andern. Ich habe mich daran gemacht, dein Gut zu retten, das sonst verloren war. Staune nicht, sondern höre mich lieber. Wozu soll dir auch das Sümmchen deiner Mutter, oder die ewige Versorgung deines Vormundes? Zu nichts, als daß du zerknikt und verkümmert
    würdest. Ich bin geizig gewesen, aber vernünftiger geizig, als mancher freigebig ist, der sein Geld weg wirft, und dann weder sich, noch andern helfen kann. Deinem Vater lieh ich bei Lebzeiten kleine Summen, wie Brüder sonst einander schenken, er gab mir Bescheinigungen darüber, die ich auf sein Besitzthum eintragen ließ. Da er nun todt war, und die andern Gläubiger, die ihn verlokt hatten, kamen, um das arme Nest zu plündern, da war ich schon da, und entriß es mit meinem Rechte ihnen und deinem Vormunde, der auch ein kleines Restchen für dich erstreiten wollte. Die Kurzsichtigen! - - Den Gläubigern gab ich nach und nach, was sie eingesezt hatten, sammt den Zinsen, aber nicht, was sie hatten erschinden wollen. Nun ist das Gut schuldenfrei, und der fünfzehnjährige Ertrag liegt für dich in der Bank. Morgen ehe du fort gehst, gebe ich dir die Papiere; denn da ich jezt das alles gesagt habe, ist es gut, daß du bald fort gehest. Ich habe den Christoph in die Hul geschikt, daß dich der Fischer, der dich gebracht hat, morgen an dem Landungsplaze wieder hole; denn Christoph hat keine Zeit, dich hinüber zu führen. Willst du morgen nicht fahren, sondern später, so können wir dem Fischer sein Fahrgeld geben, und ihn wieder leer zurück gehen lassen. - Ich meine, du sollst ein Landwirth sein, wie es auch die alten Römer gerne gewesen sind, die recht gut gewußt haben, wie man es anfangen soll, daß alle Kräfte recht und gleichmässig angeregt werden. - Aber du kannst übrigens thun, wie du willst. Genieße nach deiner Art, was du hast. Bist du weise, so ist es gut: bist du ein Thor, so kannst du im Alter dein Leben bereuen, wie ich das meinige bereut habe. Ich habe vieles gethan, was gut war, ich habe sehr vieles genossen, was das Leben hat, und mit Recht zum Genuße gibt - das war gut: aber ich habe vieles unterlassen, was die Reue und das Nachdenken erwekte, als beide vergebens waren. Denn das Leben flog, ehe es erhascht werden konnte. Du bist wahrscheinlich auch mein Erbe, und darum möchte ich, daß du besser thätest, als ich. Daher ist mein Rath - ich sage »Rath,« nicht Bedingung; denn kein Mensch soll gebunden werden. - Reise jezt zwei bis drei Jahre, komme dann zurük, heirathe, behalte Anfangs den Verwalter, den ich dir auf das Gut gesezt habe; denn er wird dich gehörig anweisen. - Das ist meine Meinung, du aber thue, wie du willst.«
    Nach diesen Worten hatte der alte Mann zu reden aufgehört. Er legte sein Tellertuch, wie er es gewöhnlich that, zusammen, rollte es zu einer Walze, und schob es so in den silbernen Reif, den er zu diesem Zweke hatte. Dann stellte er die verschiedenen Flaschen in eine gewisse Ordnung zusammen, legte die Käse und Zukerbäkereien auf ihre Teller, und stürzte die gehörigen Glasgloken darauf. Von all den Sachen trug er aber nichts von dem Tische weg, wie er es sonst immer pflegte, sondern ließ sie stehen, und blieb davor sizen. Das Gewitter war indessen vorüber gegangen, es zog mit sanfteren Blizen und schwächerem Rollen jenseits der östlichen Gebirgszaken hinunter, die Sonne kämpfte sich wieder hervor, und füllte das Gemach allmählich mit lieblichem Feuer. Victor saß dem Oheime gegenüber, er war erschüttert und konnte kein Wort sagen.
    Nach einer bedeutenden Weile fing der Greis, der immer so vor seinen Dingen da gesessen war, wieder zu reden an, und sagte: »Wenn du schon eine Vorneigung zu einer Frauenperson hast, so thut das bei dem Heirathen gar nichts, es ist nicht hinderlich, und fördert oft nicht, nimm sie nur: hast du aber keine solche Vorneigung, so ist es auch gleichgültig; denn derlei Dinge sind nicht beständig, sie kommen und vergehen, wie es eben ist, ohne daß man sie lokt, und ohne daß man sie vertreibt. Ich habe einmal eine solche Empfindung gehabt, du wirst es ohnehin wissen - und weil ich gerade davon rede, so werde ich dir das Bild zeigen, wie sie damals ausgesehen hat - ich habe sie selber malen lassen - - warte, vielleicht finde ich noch das Bild.«
    Bei diesen
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