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Der Graf und die Diebin

Der Graf und die Diebin

Titel: Der Graf und die Diebin
Autoren: Patricia Amber
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wirkten eintönig und ärmlich. Schön war nur die weite, blühende Landschaft, die Wiesen, auf denen das Vieh weidete, die kleinen Wäldchen, der gewundene Bachlauf, von dichtem Buschwerk gesäumt.
    Christian de Saumurat hatte – wie so oft – eine schlaflose Nacht in der Bibliothek seines Schlosses verbracht. Auf dem großen Intarsientisch, der die Mitte des Raumes ausfüllte, stapelten sich Folianten, von denen einige davon mit dem Buchrücken nach oben aufgeschlagen waren. Christian rieb sich die Augen – der Kopf schmerzte ihm von dem Gelesenen, und er sehnte sich nach frischer Luft.
    „Bertrand!“
    Der alte Diener erschien sofort an der Tür – er war schon seit Stunden wach und hatte auf die Befehle seines jungen Herrn gewartet. Er war unberechenbar, der junge Comte Christian, der vor einigen Monaten so überraschend aus Paris zurückgekehrt war. Man munkelte allerlei über diesen plötzlichen Rückzug vom Hofe des Königs. „Zu Ihren Diensten, Monsieur....“
    „Lass das Frühstück auf der Terrasse servieren.... und dann soll René die Pferde satteln lassen, wir wollen ausreiten....“
    „Sehr wohl, Monsieur. Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, dass es regnen wird. Es wäre besser, das Frühstück im Salon einzunehmen.“
    Christian machte eine wegwerfende Handbewegung und lachte. „Wir sind nicht aus Zucker, Bertrand. Ein paar Regentropfen werden uns nicht gleich umbringen.“
    Bertrand verbeugte sich gehorsam und ging hinaus. Wenige Minuten später prasselte ein Morgengewitter über Schloss und Terrasse hernieder – Hagelkörner, so groß wie Kieselsteine hüpften auf den Steinfließen, und die blühenden Büsche vor dem Schlosseingang wurden wild hin- und hergeschüttelt.
    Christian fand seine beiden Begleiter im Salon und nickte ihnen missmutig zu. René de Bragnol, der Sohn eines mittellosen Landadeligen und Claude Gorion, ein elternloser Knabe, den Christians Mutter aus Mitleid aufgezogen hatte, waren hier auf dem Schloss seine einzige Gesellschaft. Beide waren um die Dreißig, ledig und immer bereit, die tollen Einfälle des ruhelosen jungen Comte in die Tat umzusetzen.
    „Jeder Spaß wird einem verdorben in dieser elenden Gegend“, knurrte Christian und starrte auf den gedeckten Tisch auf der Terrasse. In Tassen und Schüsseln trommelte der Regen.
    Ein Blitz zuckte auf und tauchte den Park für einige Sekunden in grelles Licht. Claudes Gesicht war blass geworden. „Letztes Jahr hat ein Blitz den Turm getroffen....“, flüsterte er.
    René lachte verächtlich. Er wäre bei diesem Wetter ohne weiteres auf die Jagd geritten. Er hätte sich auch ohne Waffen einem wilden Eber entgegengeworfen. Wie alle körperlich starken Männer vertraute er ohne Bedenken auf seine Kraft. „Schaut euch das an“, sagte er grinsend und wies mit der Hand zum Fenster.
    Auf der Terrasse kämpfte ein etwa zehnjähriger Junge mit den Naturgewalten. Man hatte ihm ein Tablett gegeben, um Geschirr und Speisen abzuräumen, doch die grell aufzuckenden Blitze ängstigten ihn so, dass er immer wieder innehielt und den Kopf einzog. Längst war seine Kleidung durchnässt, das Wasser lief aus den Haaren und sogar aus seinen Schuhen.
    „Gleich wird der Regen den Hänfling fortspülen“, meinte René lachend. Auch Claude sah hinaus – in seinen Augen eine Mischung aus Schadenfreude und Sensationslust. Als der Junge das voll beladene Tablett anhob, und das Porzellangeschirr dabei ins Schwanken geriet, lachte Claude hysterisch auf.
    „Er wird es fallen lassen, passt nur auf!“
    Er hatte den Satz kaum gesprochen, da krachte direkt über dem Schloss ein gewaltiger Donnerschlag. Der Junge zuckte zusammen, stolperte und stürzte mitsamt dem gefüllten Tablett auf die Steinfliesen.
    René und Claude hielten sich die Bäuche vor Lachen. Der junge Comte war zur Terrassentür gesprungen, hatte sie aufgerissen und kniete, ungeachtet des strömenden Regens, neben dem Jungen.
    „Da brat mir einer einen Storch“, murmelte René verblüfft. Auch Claude hatte aufgehört zu lachen.
    Christian hob den Jungen auf die Arme und trug ihn in den Salon. Das Wasser troff in wahren Sturzbächen an ihnen herab, eine breite Pfütze bildete sich auf dem Teppich, was den jungen Comte jedoch nicht im Mindesten berührte. Der Junge hatte sich beide Knie aufgeschlagen und schluchzte.
    „He, he“, sagte Christian leise zu ihm. „Du musst nicht weinen – alles wird gut. Marie wird dich verbinden.“
    „Aber das Geschirr....“, schluchzte der
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