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Der Gotteswahn

Der Gotteswahn

Titel: Der Gotteswahn
Autoren: Richard Dawkins
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und dass, während unser Planet den strengsten Gesetzen der Schwerkraft folgend sich im Kreise geschwungen, aus so einfachem Anfange sich eine endlose Reihe der schönsten und wundervollsten Formen entwickelt hat und immer noch entwickelt.

    Carl Sagan schrieb in Pale Blue Dot (Blauer Punkt im All):

    Wie kommt es, dass kaum eine der großen Weltreligionen jemals die wissenschaftlichen Erkenntnisse betrachtete und dann daraus folgerte: »Das ist besser, als wir dachten! Das Universum ist viel größer, als unsere Propheten sagten, viel gewaltiger, subtiler und eleganter. Gott muss größer sein, als wir uns träumen ließen«? Stattdessen sagen sie: »Nein, nein, nein! Mein Gott ist ein kleiner Gott, und ich will, dass er klein bleibt.« Eine Religion, die die Größe des Universums im Sinne der modernen Wissenschaft betont, könnte wahrscheinlich auf wesentlich mehr Ehrfurcht und Ehrerbietung hoffen als die herkömmlichen Glaubensrichtungen. 3

    Sagan rührt in allen seinen Büchern an den Nerv des transzendenten Staunens, das die Religionen in den letzten Jahrhunderten für sich monopolisiert haben. Das Gleiche strebe auch ich mit meinen Büchern an. Deshalb höre ich häufig, ich sei ein tief religiöser Mensch. Eine amerikanische Studentin schrieb mir, sie habe ihren Professor gefragt, was er von mir halte. Darauf habe er erwidert: »Sicher, seine eigentliche Wissenschaft ist mit der Religion nicht vereinbar, aber er gerät ins Schwärmen über die Natur und das Universum. Für mich ist das Religion.« Aber ist »Religion« hier das richtige Wort? Ich glaube nicht. Der Physik-Nobelpreisträger (und Atheist) Steven Weinberg formulierte die gleiche Ansicht ausgezeichnet in seinem Buch Dreams of a Final Theory (Der Traum von der Einheit des Universums):

    Manche Leute haben Ansichten über Gott, die so allgemein und so dehnbar sind, dass sie unweigerlich auf Gott stoßen müssen, gleichgültig, wo sie nach ihm suchen. Da bekommt man etwa zu hören: »Gott ist das Höchste« oder »Gott ist unser besseres Wesen« oder »Gott ist das Universum«. Natürlich können wir dem Wort »Gott« wie jedem anderen Wort jede beliebige Bedeutung unterlegen. Wenn Sie behaupten wollen »Gott ist Energie«, dann können Sie Gott in einem Stück Kohle finden. 4

    In einem hat Weinberg sicher recht: Wenn das Wort »Gott« nicht völlig nutzlos werden soll, sollte man es so gebrauchen, wie die Menschen es im Allgemeinen verstanden haben: als Bezeichnung für einen übernatürlichen Schöpfer, »den anzubeten für uns angemessen ist«.
    Viel unglückselige Verwirrung ist entstanden, weil nicht zwischen der Einstein’schen Religion, wie man sie nennen könnte, und der übernatürlichen Religion unterschieden wurde. Einstein verwendete manchmal (und durchaus nicht als einziger atheistischer Naturwissenschaftler) den Namen Gottes und forderte damit bei den Anhängern des Übernatürlichen das Missverständnis geradezu heraus, denn die waren erpicht darauf, einen so bedeutenden Denker zu den Ihren zählen zu können. Die dramatische (oder hinterlistige?) Formulierung am Ende von Stephen Hawkings A Brief History of Time (Eine kurze Geschichte der Zeit) , »Denn dann würden wir Gottes Plan kennen«, wird ständig falsch interpretiert. Sie verleitete die Leute zu der – natürlich falschen – Annahme, Hawking sei ein religiöser Mensch. Religiöser als Hawking oder Einstein hört sich die Zellbiologin Ursula Goodenough in The Sacred Depths of Nature (»Die heiligen Tiefen der Natur«) an. Sie liebt Kirchen, Moscheen und Tempel, und viele Passagen in ihrem Buch schreien geradezu danach, aus dem Zusammenhang gerissen und als Rechtfertigung für eine übernatürliche Religion verwendet zu werden. Sie geht sogar so weit, sich als »religiöse Naturalistin« zu bezeichnen. Liest man ihr Buch aber genau, so stellt man fest, dass sie eine ebenso überzeugte Atheistin ist wie ich.
    »Naturalist« ist ein zweideutiges Wort. Ich muss dabei an den Helden meiner Kindheit denken, Hugh Loftings Dr. Dolittle (der übrigens mehr als nur einen Hauch von dem »philosophischen« Naturforscher auf der HMS Beagle an sich hatte). Im 18. und 19. Jahrhundert verstand man unter einem Naturalisten einen Naturforscher. Bei diesen Naturalisten handelte es sich seit der Zeit von Gilbert White häufig um Geistliche. Darwin selbst war als junger Mann für das geistliche Amt vorgesehen – er hoffte, das gemütliche Leben als Landpfarrer würde ihm genügend Zeit lassen,
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