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Der Gott von Tarot

Der Gott von Tarot

Titel: Der Gott von Tarot
Autoren: Piers Anthony
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Schwes­tern lei­te­ten sie ab­wech­selnd, und die­se Wo­che war Bru­der Paul an der Rei­he.
    „Tut mir leid, ich kom­me zu spät“, sag­te Bru­der Paul und gab je­dem die Hand. „Ich wur­de auf­ge­hal­ten, wenn man so will, durch ei­ne Über­ein­an­der­la­ge­rung der Ele­men­te.“
    Ei­nes der Mäd­chen horch­te auf. Es war ei­ne schlan­ke Nym­phe mit hel­len Au­gen und ei­nem hüb­schen, von blon­den Zöp­fen ge­rahm­ten El­fen­ge­sicht. Sie schi­en et­wa fünf­zehn Jah­re alt zu sein, wenn auch die man­gel­haf­te Er­näh­rung das Wachs­tum der Ju­gend­li­chen in die­ser Zeit ver­zö­ger­te und die Rei­fung auf­hielt. Einen Mo­nat lang die rich­ti­ge Nah­rung wür­de bei ihr Wun­der wir­ken, kör­per­lich und viel­leicht auch geis­tig. Es war schon schwer, mit lee­rem Ma­gen ein gläu­bi­ges Ge­schöpf zu sein. Zu­min­dest für die­je­ni­gen, die an die­se Art von Dis­zi­plin nicht ge­wöhnt wa­ren. „Da­mit wol­len Sie doch et­was an­de­res sa­gen, nicht wahr, Sir?“
    „Sag Bru­der zu mir“, sag­te Paul. „Ich bin Bru­der Paul vom Hei­li­gen Or­den der Vi­si­on. Ja, mir ging da­bei ei­ne An­ek­do­te durch den Kopf. Dan­ke für die­se Fra­ge.“ Es war im­mer gut, auf der per­sön­li­chen Ebe­ne zu be­gin­nen; zu frü­hes theo­lo­gi­sches Theo­re­ti­sie­ren konn­te die jun­gen Köp­fe ver­wir­ren. Er woll­te sie nicht be­keh­ren, son­dern ih­nen Er­klä­run­gen ge­ben. Aber auch das muß­te in an­ge­mes­se­ner Form ge­sche­hen. Men­schen wa­ren kom­ple­xer als Wind­müh­len, aber es gab auch Par­al­le­len zwi­schen ih­nen.
    „An­ge­ber“, mur­mel­te ei­ner der Jun­gen. Es war ein un­ge­bär­di­ger Bur­sche mit brei­ten Schul­tern, aber von miß­mu­ti­gem Äu­ße­ren. Of­fen­sicht­lich hat­te man ihn hier­her­ge­schickt, weil ihn nie­mand an­ders mehr bän­di­gen konn­te. Die Or­dens­sta­ti­on war kei­ne Bes­se­rungs­schu­le, aber viel­leicht wür­de er hier die Er­leuch­tung fin­den. Die Me­cha­nis­men Got­tes wa­ren nie­mals vor­her­seh­bar.
    „Wir ha­ben un­ter vie­len an­de­ren Ge­rä­ten ei­ne Wind­müh­le, mit der wir Was­ser aus dem Bo­den pum­pen“, be­gann Bru­der Paul. „Durch Rei­bung ist ein Ge­häu­se aus­ge­brannt. Fällt euch da­bei ir­gend et­was ein?“
    Al­le starr­ten ihn fra­gend an – drei Jun­gen und zwei Mäd­chen.
    „Bei un­se­ren Stu­di­en im Or­den le­gen wir Wert auf die Ele­men­te“, fuhr Bru­der Paul fort. „Nicht die Ato­m­ele­men­te der al­ten Wis­sen­schaf­ten, wenn wir uns auch da­mit be­fas­sen, nein, eher die klas­si­schen: Luft, Was­ser, Er­de und Feu­er. Wie­der und wie­der fin­den wir die­se in den ver­schie­dens­ten Ma­ni­fes­ta­tio­nen. Sie zei­gen sich bei ver­schie­de­nen Per­sön­lich­keit­s­ty­pen, in der Astro­lo­gie, bei den Ta­rot­kar­ten – ih­re Sym­bo­lik ist uni­ver­sell. Und ge­ra­de ha­be ich..“
    „Die Wind­müh­le“, warf das blon­de Mäd­chen ein. „Wind ist Luft, und sie pumpt Was­ser!“
    „Aus der Er­de“, füg­te ein Jun­ge hin­zu.
    „Und sie ist ver­brannt“, warf der Miß­mu­ti­ge ein. „Und?“
    „Die vier Ele­men­te – al­le zu­sam­men“, sag­te das ers­te Mäd­chen er­freut. Un­be­wußt schlug sie fröh­lich die Hän­de zu­sam­men. Bru­der Paul be­merk­te, daß in den Freu­dens­äu­ße­run­gen des jun­gen Mäd­chens et­was sehr An­zie­hen­des lag. Viel­leicht war es ein Plan der Na­tur, daß sie hei­ra­te­te, ehe sie ih­ren El­tern zur Last wur­de. „Ich fin­de das schön. Wie ein Puzz­le.“
    „Aber was soll das?“ frag­te der Töl­pel.
    „Das ist ei­ne Denk­übung“, gab Bru­der Paul zu­rück. „Wenn wir Par­al­le­len su­chen, Zu­sam­men­hän­ge, neue Aspek­te der Din­ge, dann fin­den wir die Be­deu­tung her­aus, und wir wer­den rei­fer. Es ist gut, so­wohl den Kör­per zu er­tüch­ti­gen als auch den Geist. Die al­ten Grie­chen wa­ren da­von über­zeugt, und von ih­nen ha­ben wir so­wohl den Satz des Py­tha­go­ras als auch die Olym­pi­schen Spie­le. Auch wir glau­ben dar­an. Im ei­gent­li­chen Sin­ne ist es das, um was es bei dem Hei­li­gen Or­den der Vi­si­on geht. ‚Hei­lig’ be­deu­tet auch
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