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Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)

Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)

Titel: Der Gott des Todes (Reich der Götter #1) (German Edition)
Autoren: Patrick Satters
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nie eine Seele eingesammelt und mir ist nichts geschehen. Dir hätte er erst recht nichts getan, nur weil du ein wenig länger gewartet hättest. Der Mann wäre sicherlich glücklicher gestorben, wenn du ihm nur einen weiteren Augenblick gegönnt hättest.“ Azur wusste genauso gut wie Kerdis, dass das Schöne vergänglich war, doch für ihn war dies umso mehr ein Grund, für jeden einzelnen Augenblick zu kämpfen.
    „Du meinst wohl, bisher ist dir nichts geschehen“, korrigierte Kerdis ihn. „Außerdem wenn ich eine Minute gewartet hätte, wären es beim Nächsten vielleicht zehn gewesen und letztendlich würde ich niemanden mehr sterben lassen. Es ist unsere Aufgabe! Die einzige, die wir haben. Ohne sie würde ich einfach nur noch sinnlos daliegen.“
    Azur wusste, was er meinte. Die meisten Todesengel sahen noch weit schlimmer aus als Kerdis und verfaultes Fleisch hing in Fetzen von ihren Knochen. Mal war es ein blindes Auge oder ein verlorener Arm. Einige wenige von ihnen waren schon so weit verwest, dass sie nur noch aus Knochen bestanden. Gelangweilt lagen sie da und bewegten sich nicht mehr, so als wären sie schon immer ein Teil der Unterwelt gewesen. Wenngleich sie sich noch immer bewegen konnten, blieben sie liegen. Ohne ein Ziel war alles nichtig und unbedeutend für sie.
    „Es ist unsere Pflicht als Todesengel, vergiss das nicht“, sagte Kerdis und wedelte dabei mahnend mit seinem Finger. „Auch du sitzt hier bis in alle Ewigkeit. Wir teilen das gleiche Schicksal, mein Freund.“
    „Leider“, stieß Azur leise hervor.
    Kerdis runzelte die ledrige Stirn. „Du empfindest doch nicht etwa Gefühle für diese Menschen? Du bist keiner mehr von ihnen. Du bist jetzt einer von uns.“
    „Aber ich wäre gerne wieder einer von ihnen.“
    „Du wärst also gerne wieder ein Mensch?“
    Es fiel Kerdis sichtlich schwer, sich unter Kontrolle zu halten. Erst verzog er nur den Mund, dann prustete er laut los. Der Gedanke wieder ein Mensch zu werden, war für ihn offensichtlich derart abstrus, dass er nicht anders konnte.
    „Lach nur“, sagte Azur, der Verständnis für Kerdis Verhalten hatte. „Aber wir waren es schließlich schon einmal, vor langer Zeit. Wir könnten bestimmt wieder zu Menschen werden.“
    Kerdis Gelächter stoppte. Für einen kurzen Moment glaubte Azur, puren Hass in seinen Augen zu sehen. Nur wenige erinnerten sich an ihre menschliche Vergangenheit und die meisten waren froh darüber. Die Welt war nicht nett zu ihnen gewesen, andernfalls wären sie nicht hier gelandet.
    „Richtig, wir waren es schon einmal. Jetzt sind wir es nicht mehr und das aus gutem Grund, wie du weißt!“ Kerdis suchte nach etwas. Als ein kleines Nagetier an ihm vorbei huschte, griff er blitzschnell danach und erwischte es gerade noch am Schwanz. Vergeblich versuchte es dem erbarmungslosen Griff des Todesengels zu entfliehen. Sein Fell sah hart und borstig, aus. „Menschen sind wie dieses kleine Lebewesen“, Kerdis ließ es hin und her baumeln. Es verbiss sich in seine Finger, doch dem Todesengel war das gleich. Er konnte keinen Schmerz mehr fühlen.
    „Klein und dreckig?“, fragte Azur sarkastisch, wohl wissend, dass dies nicht die Antwort war, die Kerdis von ihm hören wollte.
    „Auch, aber ich meinte etwas anderes. In ihrem Bau, in ihren engen Grenzen sind sie glücklich, aufgrund ihrer Dummheit, ihrer Naivität. Doch sie fürchten sich vor dem Ungewissen, vor dem, was kommen mag. Sie haben Angst vor der Trauer und den Schmerzen, die sie erleiden könnten.“ Demonstrativ presste er die Hand zusammen, in der sich das Nagetier wand. Immer lauter und schneller quiekte es, als es versuchte, dem tödlichen Griff zu entkommen. „Hörst du, wie die Angst sie antreibt, nur weil ihnen etwas passieren könnte? Doch irgendwann werden sie durch die Hand des Todes von ihren Ängsten und Leiden erlöst.“ Mit einem Ruck presste Kerdis seine Hände fest zusammen. Das Tier quiekte schrill und laut. Ein letztes Wimmern. Schwarzes Blut quoll zwischen Kerdis Fingern hervor und tropfte zu Boden. Das Tier hing schlaff herunter, verstummt, für immer tot. „Diese herrliche Stille der Glückseligkeit. Findest du es nicht auch schön, keine Schmerzen zu haben? Keine Angst mehr vor dem Tod? Willst du diese Freiheit wirklich gegen die Lasten eines Menschen tauschen?“
    Gefühle waren bizarr und nicht immer logisch, dachte Azur. Die Menschen fürchteten sich vor der Dunkelheit, selbst wenn sie ihnen gar nichts tat. „Aber das
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