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Der goldene Ring

Der goldene Ring

Titel: Der goldene Ring
Autoren: Julian May
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Metafunktionen können daran teilnehmen. Es ist mehr als Telepathie - obwohl das ein Teil davon ist. Es ist eine ganz neue Art gesellschaftlichen Umgangs, diese Intimität von Geist zu Geist. Zum Teufel, wie soll ich es erklären? Als ob man Mitglied einer Art Superfamilie wäre. Man weiß, man gehört zu dieser großen Sache, die ständig weiterrollt und einen mitnimmt. Man wird nie mehr in seinem Schmerz allein sein. Niemals draußen stehen. Niemals zurückgestoßen werden. Immer, wenn man Kraft oder Trost braucht, kann man aus der kollektiven Quelle schöpfen. Es erdrückt einen nicht, weil man so viel oder so wenig nehmen kann, wie es einem gefällt - nun ja, mit gewissen Einschränkungen, falls man kein Goldträger ist. Man gehorcht Befehlen, wie beim Militär ... Aber was ich Ihnen klarzumachen versuche, ist, daß das Tragen dieser Dinger einen Menschen tief in seinem Inneren verändert. Es geschieht nicht auf der Stelle, aber es geschieht. Während man den Ring trägt, wird man erzogen, ob man will oder nicht. Ihre Dame wird eine andere Frau sein als die, an die Sie sich erinnern.«
    »Vielleicht will sie mich nicht. Ist es das, worauf Sie mich vorbereiten möchten?«
    »Ich kenne sie nicht, Bry. Die Leute reagieren in unterschiedlicher Weise auf die Ringe. Manche blühen auf. Die meisten.«
    Der Anthropologe vermied es, dem Skipper in die dunklen Augen zu sehen. »Und manche nicht. Ich verstehe. Was geschieht mit den Versagern?«
    »Unter uns Grauen gibt es nicht viele. Die Tanu haben eine ganze Batterie von Tests ausgearbeitet, mit denen sie Personen, bei denen es nicht klappen wird, aussortieren. Menschliche Psychotechniker, die unter Lord Gomnol arbeiten, geben sich viel Mühe, daß kein normaler Mensch einen grauen Ring bekommt, wenn sein oder ihr PS-Profil nicht zeigt, daß das Gerät eine im allgemeinen günstige Wirkung auf das Individuum hat. Sie möchten die Ringe nicht verschwenden, weil sie nicht leicht herzustellen sind. Zeigen die Tests, daß einer ein Individualist ist und wahrscheinlich ausflippt, wenn man ihn nicht in seinem eigenen unabhängigen Saft kochen läßt, bekommt er keinen grauen Ring. Sie koerzieren ihn auf konventionellere Weise, um ein produktives Mitglied ihrer Gesellschaft aus ihm zu machen - oder sie geben auf und werfen ihn auf den Müll. Aber die wirklichen Gewinner hier im Exil sind die Ringträger. Die Tanu wissen, sie können uns vertrauen, weil sie unsere Gedanken teilen und unsere Belohnungen kontrollieren. So erlaubt man uns, verantwortliche Stellungen einzunehmen. Sehen Sie mich an! Tanu sind lausige Schwimmer. Aber ich habe schon Mitglieder der Hohen Tafel, der obersten Tanu-Behörde, in meinem Boot gefahren.«
    »Und das sicher ohne jeden unbotmäßigen Gedanken.«
    »Okay, lachen Sie nur! Aber ich würde nie etwas tun, das das Leben der Fremden in Gefahr brächte, und das wissen sie. Es wäre unvorstellbar!«
    »Aber Sie sind nicht frei.«
    »Niemand ist jemals frei«, behauptete der Skipper. »War ich im Milieu etwa eine gottverdammte Lilie auf dem Felde, als ich mein Shuttle auf Tallahatchie hatte und Lee mich so eifersüchtig machte, daß ich fast den Verstand verlor? Hier in dieser Welt, mit diesem Ring gehorche ich Tanu-Befehlen. Und dafür bekomme ich meinen Anteil von der Art geistiger Freuden, die in unserm zweiundzwanzigsten Jahrhundert nur die Metapsychiker kannten. Es ist, als sehe man mit tausend Augen. Oder man genieße gleichzeitig mit tausend Körpern. Ich kann nicht beschreiben, wie das ist. Ich bin kein Dichter. Und auch kein Psychologe.«
    »Langsam verstehe ich, Johnny. In den Ringen steckt bestimmt mehr, als ich anfangs dachte.«
    »Sie machen das Leben für Leute, die sie vertragen, viel leichter. Denken Sie nur mal an die Sprache. In unserm Milieu wußten die fremden Soziologen, wie wichtig es für jede einzelne Rasse ist, eine einzige Sprache zu haben. Deshalb mußten wir Menschen ja die Bedingung erfüllen, monolingual zu werden, wenn wir ins Milieu aufgenommen werden wollten - und Standard-Englisch siegte auf der ganzen Linie. Aber mit dieser mentalen Sprache ist jedes verbale Mißverständnis unmöglich! Wenn man von den Gedanken einer anderen Person angesprochen wird, weiß man genau, was die Botschaft ist.«
    Halb zu sich selbst murmelte Bryan: »Barbarisch. Das ist der Grund, warum das Milieu den Metas so strenge Beschränkungen auferlegt. Besonders den menschlichen Metas.«
    »Was Sie damit meinen, verstehe ich nicht, Bry. Sehen Sie
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