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Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)

Titel: Der Glückliche schlägt keine Hunde: Ein Loriot Porträt (German Edition)
Autoren: Stefan Lukschy
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Hochsteckfrisur, die ihr endgültig die Rolle sicherte.
    Seltsamerweise entsprach die fertige Figur – bis auf die breiten Hüften – ziemlich genau dem, was Loriot vorher skizziert hatte. Man merkte, wie wichtig ihm Sorgfalt im Detail war – sein Credo war, dass Komik nur dann entsteht, wenn der Zufall keine Rolle spielt. In der biederen Ferienkleidung und mit dem Vogelnest auf dem Kopf war die »zufällig« gecastete Evelyn das ideale Gegenbild zu dem rundlichen Edgar Hoppe, der mit Shorts sowie Freizeithemd und -hut ihren Gatten spielen würde. »Gran Paradiso« war besetzt und Evelyn Hamann entdeckt. Bis sie zu Loriots ständiger Partnerin wurde, dauerte es allerdings zwei weitere Sendungen.
    In die erste Vorbereitungsphase fiel für mich noch ein Besuch im Tagesschau-Archiv in Hamburg, um Politikerinterviews herauszusuchen, aus denen später Trickfilme gemacht werden sollten. Und wir fingen an, die Schnittauflösung der ersten Sketche zu besprechen. Loriot war extrem gut vorbereitet. Er hatte von allen Szenen schematisierte Grundrisse gezeichnet. Seine Präzision war beeindruckend.
    Es folgte ein Monat Pause, in dem ich mit meinem Freund und Kollegen Hartmann Schmige nach Griechenland flog, um das Drehbuch für meinen dffb-Abschlussfilm zu schreiben. Es war in diesem Mai 1975, als der Vietnamkrieg mit einer Niederlage der von uns Studenten verachteten USA endete.
    Dass wir die Sendung »Loriots sauberer Bildschirm« nicht in einem Stück produzierten, war ungewöhnlich und lag unter anderem daran, dass Loriot, außer für Radio Bremen, regelmäßige Verpflichtungen für den »Stern« und für das ZDF hatte, denen er zuhause in Ammerland nachging. Im »Stern« erschien seine wöchentliche gezeichnete Kolumne »Wussten Sie schon …«, im ZDF traten einmal im Monat die Zeichentrickfiguren Wum und Wendelin als Partner von Wim Thoelke im »Großen Preis« auf, einer der beliebtesten Quizshows des deutschen Fernsehens.
    Widmung des Buches »Wum und Wendelin«, präzise datiert

Ammerland, die Zweite
    Zur weiteren Vorbereitung der Sendung flog ich am 15. Mai 1975 für drei Tage nach Ammerland. Loriot hatte inzwischen mit seiner Trickfilmcrew die Cartoons der Politikerinterviews hergestellt. Die ersten kleinen Bausteine für die Sendung waren fertig, und sie waren sehr komisch geworden, allen voran der als Nasenmann gezeichnete Helmut Schmidt, der sich ab und zu mit der Zunge über die Lippen leckte und jedesmal bei Erwähnung der »CDU-CSU« breit die Zähne bleckte. Friedrich Nowottny, der ebenfalls, wenn auch nur von hinten karikierte Interviewer, nannte das später einmal das »Raubtierlächeln«.
    Ammerland präsentierte sich in diesem Frühsommer von seiner schönsten, beinahe italienischen Seite. Der Garten blühte, die Möpse Henry und Gilbert schnurchelten um die Wette, und der riesige Bobtail Olaf hütete die beiden älteren Mopsherren – die er, so Loriot, wegen ihrer geringen Größe offenbar als seine Kinder ansah – mit fürsorglicher Aufmerksamkeit.
    Loriot arbeitete eigentlich immer. Nur so erklärt sich sein ungeheuer umfangreiches Œuvre. Das Wort »Wochenende« hatte er wohl schon einmal gehört, eine Bedeutung hatte es für ihn nicht. Da er selten und wenn, dann auch nur kurz Ferien machte, erholte er sich immer wieder während kleinerer Pausen zwischen der Arbeit.
    In meiner Erinnerung waren die Tage in Ammerland indes mehr Ferien als Arbeit, vielleicht weil uns die Arbeit so leichtvon der Hand ging. Zwischen Tischtennispartien, zu denen gelegentlich Loriots Freund Patrick Süskind erschien, und köstlichstem Essen saßen wir auf der Terrasse bei Tee und Gebäck und lösten »Gran Paradiso« in Schnitte auf. Dabei ging es uns deutlich besser als der armen Urlauberfamilie, die vergeblich das Paradies am Mittelmeer sucht. Das arkadische Ammerländer Leben, in dem es keinen Widerspruch zwischen Arbeit und Freizeit und keine geregelten Arbeitszeiten gab, schien mir als das Ideal von »nicht entfremdeter Arbeit«.
    Auf der Terrasse in Ammerland
    Fuhr man durch den Wald zum See, so kam man nach wenigen Minuten zu einem romantischen kleinen Holzhäuschen, das Loriots Trickfilmstudio beherbergte. Er hatte dort sein Büro mit der nimmermüden Sekretärin Vera Brücker, einen Raum für die Zeichner und Coloristen mit dem Chefzeichner Günther Schilling, einen Raum für die Trickkamera von Heinz Schäde und einen Schneideraum mit einem umbaubaren Schneidetisch für 35mm- und 16mm-Film. Obendrein gab es
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