Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der globale Eingriff

Der globale Eingriff

Titel: Der globale Eingriff
Autoren: James White
Vom Netzwerk:
Menschen, die man gern hat. Einige der Leute hier waren wirklich gute Freunde von mir, und Ihr Ehemann … Wissen Sie, ihm wäre nichts geschehen, wenn er sich ein paar Minuten Zeit genommen und seine weiße Kleidung angezogen hätte …“
    „Zum Teufel mit Ihnen!“ brach es aus ihr heraus. Sie verlor langsam die Kontrolle über sich selbst. „Sie verdammter, blutrünstiger Egomane! Wenn Sie das sagen, dann klingt das so, als sei er gefährlich dumm gewesen, weil er sich beeilt hat, um Menschen zu helfen. Als sei er für seinen Tod selber verantwortlich und nicht irgendein Tier, dem man beigebracht hat, mit einer Waffe umzugehen, das aber nicht dazu in der Lage ist, mehr als einen Befehl auf einmal zu behalten …“
    Die Menschen in dem Raum gehörten zu einer Gruppe, die den Tod – vorzugsweise den Tod von jemand anderem – vor die Entehrung stellten. Also erwartete man von ihnen, daß sie bis zum letzten Atemzug kämpfen würden. Darum standen zwischen den Feldbetten überall symbolisch Waffen an der Wand gelehnt. Ruhig und ohne Hast ergriff das Mädchen eine Maschinenpistole. Sie hielt sie etwas seltsam, aber ruhig genug auf den Mann gerichtet.
    „… und so ist ein Mann ermordet worden, der in seinem ganzen Leben niemandem etwas zuleide getan hat.“ Sie spuckte die Worte aus, so daß jedes einzelne wie eine Anklage klang. „Ich weiß, daß Sie solche Sachen schon vorher gemacht haben und daß jeder Mensch, den Sie getötet haben, irgend jemand anderem viel bedeutet hat, vielleicht vielen anderen. Aber Tim war ein besonderer Fall. Nicht nur, weil er mein Mann war, sondern auch, weil er mir klargemacht hat, was Sie eigentlich sind. Sie sind eine Seuche, ein Krebsgeschwür …“
    „Doktor“, sagte der Mann, und seine Stimme klang eher ungläubig als ärgerlich, „wenn Sie den Abzug betätigen, dann werden Sie ganz genau dasselbe tun, was Sie uns anlasten. Das mit Ihrem Mann tut mir wirklich sehr, sehr leid. Aber denken Sie an Ihren Beruf!“
    „… Sie zerstören von innen, indem Sie die Gegebenheiten der Gesellschaft gegen sie verwenden“, fuhr sie fort, ohne seine Worte zu beachten. „Wenn gutwillige Menschen liberale Gesetze einbringen, dann benutzen Sie diese Gesetze für Ihren eigenen Vorteil und bringen die Menschen in Verruf, die die Gesetze aufrechterhalten wollen. Sie sagen, die Todesstrafe ist schlimm – barbarisch, sagen Sie, aber Sie selbst zögern keine Sekunde, sie auf Menschen anzuwenden, die überhaupt nichts Böses getan haben. Aber das reicht Ihnen dann noch nicht einmal. Nicht genug, daß Sie sie umbringen, Sie verleumden sie auch noch hinterher und sagen, daß sie nie umgebracht worden wären, wenn sie nicht so dumm gewesen wären.
    Was mich und mein unberufsmäßiges Benehmen angeht: Zuerst bringen Sie meinen Mann um, und dann erwarten Sie, daß ich Ihnen helfe, als sei nichts geschehen. Sie erwarten von mir, daß ich mich an meine Regeln halte, während Sie jede Regel brechen, die jemals zu Papier gebracht worden ist. Sie müssen denken, daß ich völlig blöd bin, daß wir alle völlig blöd sind. Wenn Sie unter sich sind, dann können Sie bestimmt herzlich über all die gewöhnlichen, gesetzestreuen, dummen Bürger lachen. Oder vielleicht halten Sie sich selbst für eine Art Superwesen, das die einzig wahre Antwort gefunden hat. Aber ihr seid keine Superwesen, ihr seid noch nicht einmal menschliche Wesen. Ihr seid eine Seuche, ein Infektionsherd, und die Aufgabe eines Arztes ist es, Infektionsherde zu entfernen …“
    Der Mann hatte sich kaum bewegt und seine Hand fern von der Pistole gehalten, die um seine Hüfte geschnallt war. Er räusperte sich und sagte ruhig: „Darüber müssen wir uns unterhalten. Sie haben einige stichhaltige Argumente angeführt, aber in einer Hinsicht liegen Sie völlig falsch. Ich sollte Ihnen das eigentlich gar nicht ohne die Erlaubnis des Gebietswächters sagen, aber als Arzt werden Sie das verstehen. Wir sind nicht der Infektionsherd, wir sind die Antikörper …“
    Es war offensichtlich, daß das Mädchen überhaupt nicht zuhörte. Sie war viel zu wütend, um sich für das, was der Mann ihr eröffnete, zu interessieren. Ihre Konzentration war jetzt nicht mehr auf sein Gesicht gerichtet, sondern auf seinen Brustkorb. Er lächelte und sagte hastig: „Wie dem auch sei, Doktor, die Waffe ist nicht geladen.“ Aber sie war geladen, und als Reynolds wenige Minuten später in den Raum platzte, war sie der einzige lebende Mensch darin. Sie begann
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher