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Der geschmuggelte Henry

Der geschmuggelte Henry

Titel: Der geschmuggelte Henry
Autoren: Paul Gallico
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uns Boys im Kriege.»
    «Wenn ich je dem George Brown begegne, der das Kind hat sitzenlassen, werde ich ihm eine kleben», gelobte der Brown aus Coney Island.
    «Sie verdienen wirklich großes Lob», sagten die Brooklyner Browns immer wieder.
    «Eines Tages kommen wir nach London und suchen Sie auf», prophezeite der eine Brown aus Bronx.
    «Whitehall und Buckingham-Palast stehen gewiß noch am gleichen Fleck», seufzte der Brown aus Gracey Square. «Sie werden dort immer stehen.»
    «Liebe», sagte Mrs. Schreiber zum viertenmal, «wenn Sie an unserer Wohnung am Eaton Square vorbeikommen, dann werfen Sie ihr eine Kußhand von mir zu. Wer mag jetzt wohl dort wohnen?» Und melancholisch fügte sie hinzu, als ob sie der schönen Zeit nachtrauerte, die sie dort verbracht hatte, als das Leben noch nicht so kompliziert gewesen war: «Vielleicht gehen Sie sogar dorthin und arbeiten bei denen. Ich werde Sie und das, was Sie für uns getan haben, nie vergessen. Aber vergessen Sie auch nicht, zu schreiben, und mir zu berichten, wie alles ist.»
    Bayswater stand ziemlich verloren und schweigsam im Hintergrund, denn da der kleine Henry, der eigentlich gar nicht mehr klein war — so sehr war er inzwischen gewachsen — und aus dessen Augen alle Traurigkeit verschwunden war, die beiden Frauen immer wieder küßte und umarmte und alle anderen sie ebenfalls mit Beschlag belegten, schien es unmöglich, an Mrs. Harris heranzukommen, um ihr das zu geben, was er für sie mitgebracht hatte.
    Dennoch gelang es ihm, ihren Blick auf sich zu lenken, und als sie ihn ansah, zog er die Brauen hoch und machte unmerklich in Richtung zur Tür eine Bewegung mit der Schulter, die Mrs. Harris trotzdem sofort verstand und worauf sie sich aus der Gruppe löste. «Halt die Stellung eine Minute», sagte sie zu Mrs. Butterfield. «Ich will nur mal sehen, was mit meinem Koffer ist.»
    «Du willst doch nicht etwa von Bord gehen?» erwiderte Mrs. Butterfield beunruhigt — aber schon hatte sich die Tür hinter Mrs. Harris geschlossen.
    Draußen im Flur sagte Mrs. Harris zu Mr. Bayswater: «Ach, ich wollte Sie schon die ganze Zeit fragen: War es eine Haarnadel?»
    Statt darauf zu antworten, griff er in seine Tasche und reichte Mrs. Harris ein kleines Paket. Es enthielt eine Flasche Eau de Cologne, und es hatte den Chauffeur viel Mühe gekostet, denn es war das erste Geschenk in seinem Leben, das er für eine Frau gekauft hatte. An der Flasche war mit einem Gummiband eine große, furchterregend aussehende schwarze Haarnadel befestigt.
    Mrs. Harris betrachtete die Nadel genau. «Das ist ja wirklich ein Mordinstrument.»
    Mr. Bayswater nickte: «Das ist sie. So etwas verkrümelt sich in einem Rolls-Royce, und das kann dann klingen, als ob er hinten auseinanderbräche. Ohne Sie wäre ich nie darauf gekommen. Das Parfüm ist für Sie.»
    «Vielen Dank, John», erwiderte Mrs. Harris. «Und die Haarnadel werde ich als Andenken behalten. Aber nun müssen wir wohl wieder zurückgehen.»
    Mr. Bayswater war jedoch noch nicht fertig. Und er begann verlegen in seiner Tasche herumzukramen und sagte schließlich: «Ach, Ada, da ist noch etwas, das ich Ihnen geben wollte, wenn es Ihnen recht ist.» Er zog seine Hand aus der Tasche und hielt etwas darin, das Mrs. Harris mit einem Blick erkannte.
    «Es sind die Schlüssel meiner Wohnung», sagte Mr. Bayswater. «Ich habe gedacht, ob Sie vielleicht hin und wieder dort einmal nach dem Rechten sehen könnten — Bayswater, Bayswater Road, Willmott Terrace 64.»
    Mrs. Harris blickte auf die Schlüssel in Mr. Bayswaters Hand hinunter und spürte, daß ihr innerlich seltsam warm wurde, wie sie es seit ihrer Jungmädchenzeit nicht mehr erlebt hatte. Auch Mr. Bayswater war sehr seltsam zumute, und er schwitzte ein wenig unter seinem Hemdkragen. Keinem von beiden war bewußt, daß das Überreichen der Schlüssel etwas Symbolisches hatte, aber sie hatten beide das Gefühl, daß dies ein ganz besonderer Augenblick sei. Mrs. Harris nahm ihm die Schlüssel aus der Hand, die sich ganz warm anfühlten, weil er sie so fest umklammert hatte. «Na, ich glaube», sagte sie, «die Wohnung kann jetzt ein bißchen Saubermachen vertragen. Ist es Ihnen recht, wenn ich etwas Staub wische?»
    «Ach, so habe ich das nicht gemeint», erwiderte Mr. Bayswater. «Nicht einmal im Traum würde ich Sie darum bitten. Ich dachte nur, wenn Sie gelegentlich dort einmal nachsähen, dann wüßte ich, daß alles in Ordnung ist.»
    «Werden Sie noch lange
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