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Der Gesang der Orcas

Der Gesang der Orcas

Titel: Der Gesang der Orcas
Autoren: Antje Babendererde
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Und dir wünsche ich, dass du es auch kannst. Mama ist bestimmt nicht böse wegen Lorraine.« Ich lächelte ein bisschen.
    Â»Deine Mutter ist immer bei mir, Sofie. Sie ist hier«, sagte er und zeigte auf seine Brust. Er holte tief Luft und lächelte traurig. »Diesen Platz kann keine andere Frau ihr nehmen.«
    Â»Ich weiß.«
    Â»Wenn wir wieder zu Hause sind, möchte ich einiges anders machen«, sagte er. »Ich möchte mehr von dir wissen, Sofie, was du denkst und fühlst und dir wünschst. Ich möchte, dass wir eine Familie sind, wir zwei. Ich glaube, ich habe viel falsch gemacht.«
    Â»Na ja«, räumte ich ein. »Du kannst ja auch versuchen aus deinen Fehlern zu lernen.«
    Dazu sagte Papa nichts.
    Â»Was hat dich am meisten gestört?«, fragte er einige Zeit später.
    Â»Dass du immer versprochen hast mich auf deine Reisen mitzunehmen und es dann doch nie getan hast. Ich war jedes Mal furchtbar enttäuscht.«
    Er nickte, als ob er es gewusst hätte. »Ja, du hast Recht. Wenn ich das zu dir sagte, war es auch mein Wunsch, Sofie. Du warst so neugierig und interessiert. Ich hätte dir so gerne meine Welt gezeigt. Aber es war nicht möglich. Du musstest zur Schule gehen und meine Aufträge waren oft recht abenteuerlich. Ich hätte immer nur eins machen können: eine ordentliche Arbeit oder auf dich Acht geben. Beides zusammen funktionierte nicht. Aber ich habe dich immer mit mir genommen, in meinem Herzen. Das musst du mir glauben.«
    Ich schlang meine Arme um seinen Hals und er drückte mich ganz fest an sich. Ich konnte sein Herz schlagen hören und wusste, dass er mich liebte, so, wie ich ihn liebte.

27. Kapitel
    Z wei Tage später war es dann so weit. Die letzten Vorbereitungen für das große Stammesfest liefen auf Hochtouren.
    Die Frauen der Makah hatten in stundenlanger nächtlicher Arbeit dafür gesorgt, dass in den nächsten drei Tagen niemand hungern musste. Auch Freda und Alisha hatten gebacken, gekocht und verschiedene Speisen vorbereitet.
    Sämtliche Zimmer des Motels waren belegt. Nur ein einziges der zwölf Zimmer war noch frei, doch das war vorbestellt.
    Für Javid war der große Augenblick gekommen, dem er schon seit langer Zeit mit Unruhe entgegenfieberte. Es war an der Zeit, das Kanu zu Wasser zu lassen, um seine Seetüchtigkeit zu testen. Javid hatte sich vorgenommen zusammen mit seinem Freund Tyler von der Siedlung Waatch um das Kap bis an den Strand von Neah Bay zu paddeln, wo im Laufe des nächsten Tages die Kanus der benachbarten Stämme aus Kanada eintreffen würden.
    Am frühen Nachmittag erschien Alisha im Motel und fragte Javid, ob sie mitkommen dürfe. Wir standen alle zusammen auf der Wiese: Lorraine, Papa, Freda, Javid, Tyler und ich.
    Javid hatte nichts dagegen, seine Kusine mitzunehmen. »Aber nun fehlt uns noch ein vierter Mann«, sagte er.
    Â»Kann es auch eine Frau sein?«, fragte Alisha. »Sofie hat viele Tage mit an diesem Kanu gearbeitet. Eigentlich müsste sie auch dabei sein.«
    Alle hörten auf zu reden und sahen Alisha an. Dann sahen alle mich an. »Das wäre toll«, sagte ich herzklopfend und hoffte auf ein Wunder.
    Nun wandten sich die Blicke meinem Vater zu.
    Â»Ist das nicht ziemlich gefährlich?«, fragte er und fühlte sich wohl ein wenig überrumpelt.
    Â»Nicht gefährlicher als in Berlin eine Straße zu überqueren«, sagte Javid,dem ich einiges über Berliner Straßen erzählt hatte.
    Alle mussten lachen.
    Javid, der sich meinem Vater gegenüber immer noch sehr reserviert verhielt, versicherte ihm, dass ich eine Schwimmweste tragen würde. Freda versuchte Papa davon zu überzeugen, dass an den Makah-Festtagen noch nie ein Sturm aufgezogen war, dafür hätte der Schamane des Stammes schon gesorgt.
    Das Wunder geschah. »Also gut«, sagte mein Vater, »aber seid bitte vorsichtig.« Schweren Herzens ließ er mich ziehen und ich konnte mein unerwartetes Glück kaum fassen.
    Â»Na dann los!«, sagte Tyler grinsend. »Wollen wir doch mal sehen, ob der Kahn was taugt.«
    Papa klappte die Kinnlade nach unten, als ich vor seinen Augen in den Pickup stieg und mich hinter das Steuer setzte. Er war so verblüfft, dass ihm die Worte fehlten. Dass ich den Pickup fuhr, war mir schon ins Blut übergegangen und ich hatte überhaupt nicht mehr daran gedacht, es vor meinem Vater geheim zu
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