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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die?«
    »Genügen Ihnen Ansichtskarten?«
    »Natürlich. Haben Sie welche?«
    »Beim Empfang gibt's welche. Ich bringe sie Ihnen. Zwei Stück, sagten Sie?«
    »Ja.«
    Robert versah die Karten mit den Anschriften seiner beiden Freunde Karl und Rolf. Dann schrieb er dem ersten:
    ›Ihr beide, Rolf und Du, gehört zu den Hauptverantwortlichen dafür, daß ich hier gelandet bin. Ihr habt ja keine Ruhe mehr gegeben. Ich möchte das hiermit schriftlich festhalten, damit ich gegebenenfalls darauf verweisen kann. Ich kenne Euch ja, keiner von Euch wird zögern, seine Hände in Unschuld zu waschen, wenn etwas passiert. Wieso passiert? höre ich dich fragen. Warte nur ab, das kann nämlich leicht sein, hier tut sich leider einiges. Deutlicher möchte ich vorläufig nicht werden. Schuld seid auf jeden Fall Ihr, das muß besonders meiner lieben Frau Gerti gesagt werden, falls sie Anlaß haben sollte, sich über mich zu beklagen. Dann werde ich nämlich sagen können: Ich habe das nicht gewollt!!! Ich hoffe, Ihr versteht gut genug, was ich meine.
    Robert Sorant‹
    Mit dem gleichen Text versah er die Karte an Rolf. Nur die ersten Worte lauteten da natürlich eine Kleinigkeit anders: ›Ihr beide, Karl und du …‹
    Mit Bedacht unterschrieb er beide Male mit ›Robert Sorant‹. Die Förmlichkeit, die daran ersichtlich war, sollte den Brüdern zu denken geben. Euch werde ich helfen, dachte Robert, als er die Karten noch einmal überflogen und zwei Interpunktionsfehler ausgebessert hatte. Nachdem ihm der Kellner auch noch mit Briefmarken hatte dienen können, brach er auf und begab sich zum Bahnhof, damit die zwei Botschaften umgehend nach Köln gelangten. Er warf die Karten in den Kasten, überquerte dann auf einer breiten Steinbrücke die Bigge, das Flüßchen, das sich nach Altenbach verirrte, und tauchte ein in einen prächtigen Nadelwald, der ihm quasi entgegenkam.
    In Gedanken bummelte er dahin, spielte mit einem Stöckchen, das er aufgelesen hatte, sah den Vögeln nach und untersuchte die hellgrünen Spitzen der Fichten. Er fühlte sich frei und unbelastet; vergessen war vorübergehend eine verdammt hübsche Grafikerin mit einem weniger hübschen, zu Zweifeln Anlaß gebenden Schnappschuß auf ihrem Film. Als Kind schon, wenn er auf den Wiesen des Siebengebirges lag und den ziehenden Wolken nachsah und träumte, konnte er die Welt um sich her vergessen und mitreiten auf den weißen Rössern am Himmel. Und Tante Ruppi, deren Mann seit Jahrzehnten mittels einer Krawattenfabrik Wohlstand und Ansehen der Familie mehrte, hatte damals schon gemeint, aus diesem Robert werde einmal ein Dichter. Das war er nun wirklich auch geworden.
    Er erreichte eine Biegung des Flüßchens und wollte in einen schmalen Weg zwischen blühenden Ginsterbüschen einbiegen, als er wie angenagelt stehenblieb. Wenige Schritte vor ihm, unmittelbar neben dem Weg, lag ein Felsbrocken, den die Kräfte der Natur in Millionen von Jahren in eine Form gebracht und mit einer Glätte versehen hatten, die beide zum Sitzen einluden. Der Stein war kniehoch und oben schön eben. Warm schien die Sonne auf ihn. Und wen hatte er mit Erfolg gerade heute zum Sitzen eingeladen? Wen denn? Nun – sie!
    Sie.
    Die Grafikerin.
    Ausgerechnet die.
    Die Beine übereinandergeschlagen, las sie in einem Buch, das in einem schonenden Einband steckte.
    Für Robert Sorant kam die Stunde der Bewährung. Entschlossen trat er auf das Mädchen zu und räusperte sich. Erschrocken fuhr der Lockenkopf hoch. »Siiie?«
    »Dasselbe dachte ich von Ihnen«, antwortete er.
    Ihrer Überraschung, die nicht gespielt war, Herr werdend, fragte sie: »Sind Sie mir gefolgt?«
    »Nein.«
    »Dann treffen wir uns also zufällig?«
    »Ja.«
    Seine Blicke wanderten umher, tasteten sie und den Stein ab.
    »Suchen Sie etwas?« fragte sie ihn.
    »Ich sehe keinen Fotoapparat.«
    Sie lachte kurz. »Habe ich auch nicht bei mir.«
    »Sie scheinen nicht das Gefühl zu haben, mir eine Erklärung schuldig zu sein?«
    »Welche Erklärung? Ich ging spazieren und setzte mich hierher, um ein bißchen in der Sonne zu lesen. Wollten Sie das hören?«
    Er war verblüfft. Wir spielen Katz und Maus, dachte er, aber glauben Sie ja nicht, meine Dame, daß Sie die Katze sind. Die bin ich!
    »Was lesen Sie denn da?« fragte er.
    »Warum?«
    Dieses ›Warum‹ war dumm. Das Mädchen schien es zu merken und ergänzte rasch: »Warum interessiert Sie das?«
    »Weil ich auch gern lese.«
    »Was lesen Sie gern?«
    »Fast alles.«
    »Fast
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