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Der Gentleman

Der Gentleman

Titel: Der Gentleman
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sich Sorant des eigentlichen Grundes, der ihn dazu bewogen hatte, Kontakt mit dem Mädchen aufzunehmen, und fragte sie:
    »Warum haben Sie mich geknipst?«
    »Warum meinen Sie wohl?«
    »Sie wollen mich zur Reklame für Herrenunterwäsche benützen?«
    »Was?« Abrupt war sie wieder stehengeblieben. »Wer brachte Sie denn auf diese Idee?«
    »Der Kellner Eisner im Hotel ›Zur Post‹.«
    »Der Martin? Das kann ich mir gar nicht vorstellen, er ist doch kein Idiot.«
    »Er sagte mir, daß Sie für das Journal ›Mode und Welt‹ arbeiten. Tun Sie das?«
    »Manchmal, aber –«
    »Na also?«
    »– mit Ihnen hat das nichts zu tun.«
    »Sondern?«
    »Ich …«, sagte sie zögernd, bemerkte dann jedoch, daß sie immer noch stand, setzte sich wieder in Bewegung und begann noch einmal: »Ich fotografiere auch privat gern, nicht nur beruflich. Ich sammle Menschen, die mir irgendwie aufgefallen sind. Die Bilder von denen stärken meine Erinnerung an die Begebenheiten mit diesen Menschen.«
    »Und ich bin einer, der Ihnen aufgefallen ist?«
    »Ja.«
    »Inwiefern?«
    »Na hören Sie, Ihr Erstickungsanfall, mit dem Sie sich so gar kein gutes Zeugnis ausgestellt haben …«
    Sie verstummte, aber als auch er nichts sagte, da er zerknirscht zu sein schien, fuhr sie begütigend fort: »Inzwischen weiß ich ja, daß Sie zwei Gesichter haben. Sie können auch ehrlich sein, das gefällt mir. Vergessen wir den Hustenanfall.«
    Die beiden ließen den Wald hinter sich und betraten Altenbacher Boden. In den offenen oberen Fenstern der ersten Häuser des Städtchens lagen, der Sonne preisgegeben, dicke Oberbetten und Federkissen. Dies setzte sich fort bis hinein in den Ortskern.
    »Ich bin Mitglied eines Fotoklubs«, erzählte Lucia Jürgens. »Wir machen Veranstaltungen, führen uns gegenseitig unsere Bilder vor. Mein Thema lautete schon mehrmals ›Begebenheiten‹. Die Reihe hatte Erfolg und wird deshalb fortgesetzt. Dazu brauche ich, wie gesagt, die entsprechenden Schnappschüsse.«
    »Großer Gott«, seufzte Sorant.
    »Warum erschrecken Sie?« fragte sie, ihn von der Seite anblickend.
    »Ich denke an meine Rolle in Ihrem Film.«
    »Niemand wird Sie kennen.«
    »Trotzdem neige ich vorläufig dazu, Ihnen mein Einverständnis zur Aufführung zu verweigern.«
    »Sie sagen ›vorläufig‹?«
    »Ja.«
    »Und wann neigen Sie dazu nicht mehr? Wann geben Sie mir Ihr Einverständnis? Was ist nötig, um Ihnen dieses zu entringen?«
    »Viele Gespräche.«
    »Aha.«
    »Wir müssen uns noch oft treffen.«
    »Soso.«
    »Wo wohnen Sie?«
    »Wir müssen uns also noch oft treffen?«
    »Ja.«
    »Und viele Gespräche miteinander führen?«
    »Sage ich doch.«
    »In meiner Wohnung?«
    »Es kann auch in meinem Hotelzimmer sein.«
    »Wir könnten da abwechseln, meinen Sie?«
    »Entscheidend wären Ihre Wünsche. Ich würde mich jeweils nach Ihnen richten.«
    »Das finde ich äußerst großzügig von Ihnen. Vielen Dank.«
    »Darf ich also meine Frage wiederholen?«
    »Welche Frage?«
    »Wo sie wohnen.«
    »Kölner Straße 20.«
    »Das erinnert mich an meine Heimatstadt. Ich komme aus Köln«, sagte Sorant und dachte im nächsten Augenblick: Bin ich blödsinnig? Was rede ich da für einen Stuß? Geistreicher geht's wohl nimmer.
    »Man hört's, woher Sie kommen, Herr Robs.«
    »Aus Köln, Fräulein Jürgens.«
    Gleich ohrfeige ich mich selbst, wenn ich davon nicht loskomme, dachte er und sagte: »Eigentlich wäre es gar nicht notwendig gewesen von Ihnen, mir Ihre Adresse zu sagen.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil ich annehme, daß Sie ohnehin jetzt nach Hause gehen. Oder nicht?«
    »Ja.«
    »Sehen Sie.«
    »Und dadurch, daß Sie mich begleiten, meinen Sie, würden Sie dann meine Wohnung sowieso in Erfahrung bringen?«
    »Sicher«, lachte Sorant.
    »Und wir könnten, meinen Sie wohl auch, am Ziel gleich eines unserer Gespräche führen, Herr Robs?«
    Die Ironie, die aus Lucias Worten klang, war nicht mehr länger zu überhören. Indigniert antwortete er: »Sie haben mich wohl in einem falschen Verdacht?«
    »Nein.«
    »Es klang aber so.«
    »Sie irrten sich, das Gegenteil trifft zu.«
    »Welches Gegenteil?«
    »Ich habe Sie in einem richtigen Verdacht.«
    Wie hieß es nun schon? 2 : 0 für Lucia? Oder 3 : 0? Oder 5 : 0?
    Ich muß mich mehr anstrengen bei ihr, sagte sich Sorant im stillen, so aus dem geistigen Handgelenk geht das nicht mit der. Was imponiert ihr? Dichtkunst, Phantasie …
    Der Weg führte nun an dem Flüßchen entlang. Sie kamen zu einer seichten
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