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Der Genesis-Plan SIGMA Force

Der Genesis-Plan SIGMA Force

Titel: Der Genesis-Plan SIGMA Force
Autoren: James Rollins
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für ihn seine eigene Lebenswirklichkeit das Maß aller Dinge.

Epilog
    18:45
    Wroc ł aw, Polen
    Er hatte sich verspätet.
    Während die Sonne dem Horizont entgegensank, schritt Gray über die grüne schmiedeeiserne Barockbrücke. Sie überspannte die Oder, eine glatte, grüne Fläche, in der sich die untergehende Sonne spiegelte.
    Gray sah auf die Uhr. Rachel müsste in diesem Moment landen. Sie wollten sich in dem Kaffeehaus gegenüber ihrem Hotel in der Altstadt treffen. Zuvor aber musste er einen letzten Knoten lösen und ein letztes Gespräch führen.
    Gray ging weiter über die Fußgängerbrücke. Zwei schwarze Schwäne glitten übers Wasser. Möwen segelten umher und spiegelten sich im Fluss. Es roch nach Fluss und nach den Lilien, die am Ufer wuchsen. Er hatte seine Reise auf einer Brücke in Kopenhagen begonnen, und auf einer Brücke endete sie nun.
    Er hob den Blick zu den schwarzen Türmen der Altstadt, den kupfergedeckten Türmchen und den Uhrtürmen aus der Renaissance. Wroc ł aw hatte einmal Breslau geheißen, eine Festungsstadt an der Grenze zwischen Deutschland und Polen. Große Teile der Stadt waren im Zweiten Weltkrieg zerstört worden, als die deutsche Wehrmacht gegen die Rote Armee gekämpft hatte.
    Das war der Grund, der Gray hierhergeführt hatte.
    Vor ihm lag die Kathedraleninsel. Die beiden gotischen Türme der Johannes-Kathedrale funkelten im Abendlicht. Gray hatte jedoch ein anderes Ziel. Auf der Insel gab es noch zahlreiche kleinere Kirchen. Grays Ziel lag nur wenige Schritte von der Brücke entfernt.
    Der Metallrost der Brücke machte Straßenpflaster Platz.
    Die St.-Petrus-und-Paulus-Kirche lag bescheiden zur Linken, leicht zu übersehen, denn die Rückseite ging in die Ziegelmauer der Flussbegrenzung über. Gray steuerte auf eine kleine Tür zu, die vom steinigen Flussufer ins Pfarrhaus führte.
    Hatte hier einmal ein bestimmtes Kind gespielt?
    Ein perfektes Kind?
    Aus kürzlich freigegebenen russischen Geheimakten wusste Gray, dass der elternlose Junge in dem Waisenhaus aufgewachsen war, das der St.-Petrus-und-Paulus-Kirche angeschlossen war. Nach dem Krieg hatte es viele Waisenkinder gegeben, doch Gray hatte die Zielgruppe mittels Alter, Geschlecht und Haarfarbe eingegrenzt.
    Als Haarfarbe kam nur weißblond in Frage.
    Außerdem hatte er Berichte der Russischen Armee gelesen, die Auskunft gaben über die zahlreichen unterirdischen Waffenlabors der Nazis und den Wenceslas-Stollen. SS -Obergruppenführer Jakob Sporrenberg, Annas und Gunthers Großvater, war den Russen nur knapp entwischt, als er die Glocke in Sicherheit gebracht hatte. Anna hatte Lisa erzählt, dass Tola, Hugos Tochter, zusammen mit dem Kind in der Oder ertrunken sei.
    Aber stimmte das wirklich?
    Um diese Frage zu klären, hatte Gray zusammen mit einigen Recherche-Experten von Sigma alte Akten gewälzt und anhand winziger Informationsschnipsel eine längst kalt gewordene Spur verfolgt. Schließlich die Entdeckung: das Tagebuch des Priesters, der damals das Waisenhaus geleitet hatte und der von einem Säugling berichtete, der durchfroren bei seiner toten Mutter aufgefunden worden war. Die namenlose Frau war auf dem angrenzenden Friedhof bestattet.
    Der Junge aber hatte überlebt und war hier aufgewachsen, hatte auf Anraten des Priesters, der ihn gerettet hatte, das Priesterseminar besucht und den Namen Pater Piotr angenommen.
    Gray näherte sich der Tür zum Pfarrhaus. Er hatte mit dem sechzigjährigen Priester telefoniert und sich als Reporter ausgegeben, der für ein Buch über die Kriegswaisen recherchierte. Er betätigte den eisernen Türklopfer an der unscheinbaren Holztür.
    Aus der Kirche schallte Gesang herüber, offenbar fand dort gerade eine Messe statt.
    Nach kurzer Wartezeit wurde die Tür geöffnet.
    Gray erkannte den Mann auf Anhieb, denn er hatte alte Fotos des faltenlosen Gesichts mit dem in der Mitte gescheitelten wallenden weißen Haar gesehen. Pater Piotr trug Jeans, ein schwarzes Hemd mit weißem Priesterkragen und eine helle Strickjacke.
    Er sprach Englisch mit polnischem Akzent.
    »Sie müssen Nathan Sawyer sein.«
    Das stimmte zwar nicht, dennoch nickte Gray, freilich ein wenig schuldbewusst, weil er einen Priester anlog. Die Täuschung war allerdings unumgänglich und diente ihrer beider Schutz.
    Er räusperte sich. »Danke, dass Sie mit mir sprechen wollen.«
    »Keine Ursache. Bitte treten Sie ein.«
    Pater Piotr geleitete Gray durch die Diele zu einem kleinen Raum mit einem Kohleofen in der
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