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Der General von Dorsai

Der General von Dorsai

Titel: Der General von Dorsai
Autoren: Gordon R. Dickson
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das Geräusch von Schritten, dann die Stimme Sayonas. „Donal …“
    „Sie müssen mir verzeihen“, sagte Donal, ohne sich umzudrehen. „Ich wollte Sie nicht warten lassen. Aber ich mußte meine Gedanken ordnen.“
    „Schon gut“, sagte Sayona. „Ich störe Sie nicht gern – ich weiß, daß Sie in letzter Zeit sehr beschäftigt sind. Aber ich möchte Ihnen eine Frage stellen.“
    „Bin ich ein Übermensch?“ meinte Donal.
    „Ja, genau das ist es.“ Sayona lachte leise. „Hat Sie das schon jemand anders gefragt?“
    „Nein.“ Jetzt lächelte auch Donal. „Aber ich kann mir denken, daß manche in diesem Punkt sehr neugierig sind.“
    „Nun, machen Sie ihnen deshalb keine Vorwürfe“, sagte Sayona ernst. „Wissen Sie, in gewisser Weise sind Sie es tatsächlich.“
    „In gewisser Weise?“
    „Oh, was Ihre allgemeinen Fähigkeiten im Vergleich zu denen der gewöhnlichen Menschen angeht.“ Sayona winkte ab. „Aber darauf wollte ich nicht hinaus …“
    „Ich glaube, Sie sagten, ein Name sei ohne Bedeutung“, meinte Donal. „Was meinen Sie mit ‚Übermensch’? Kann Ihre Frage überhaupt beantwortet werden, wenn dieses Etikett keine Bedeutung hat und ohne Begriffsbestimmung ist?
    Und wer wollte ein Übermensch sein?“ In Donals Stimme klang sowohl Ironie als auch Melancholie, und sein Blick erfaßte die dunklen Sternenräume am Firmament. „Welcher Mensch möchte sich um sechzig Milliarden Kinder kümmern? Welcher Mensch wäre so vielen gewachsen? Wie träfe er die notwendige Wahl zwischen ihnen, wenn sie ihm alle gleich viel bedeuten? Denken Sie an die damit verbundene Verantwortung, ihnen die Bonbons zu verweigern, die ihnen nicht bekommen, die sie aber bekommen könnten – und wenn man sie dann zwingen muß, zum Zahnarzt zu gehen! Und wenn es nur einen einzigen Übermenschen gibt – stellen Sie sich vor, für sechzig Milliarden Kinder sorgen zu müssen und keinen Freund zu haben, mit dem man plaudern, bei dem man sich aussprechen und Dampf ablassen kann, damit die schwere Arbeit des kommenden Tages erträglicher wird.
    Und wenn Ihr ‚Übermensch’ wirklich so überlegen ist, wer könnte ihn dann dazu zwingen, seine ganze Mühe darauf zu verwenden, sechzig Milliarden Nasen zu putzen und das Durcheinander aufzuräumen, das sechzig Milliarden nörgelnder Rangen anrichten? Ein Übermensch könnte doch sicher ein zufriedenstellenderes Betätigungsfeld für seine herausragenden Fähigkeiten finden, nicht wahr?“
    „Ja, ja“, sagte Sayona. „Aber an so etwas Überzogenes habe ich natürlich nicht gedacht.“ Er blickte Donal, der ihm noch immer den Rücken zuwandte, ein bißchen verärgert an. „Wir wissen inzwischen genug über Genetik, um zu begreifen, daß wir nicht mit einem Schlag einen völlig neuen Menschentyp schaffen können. Jede einzelne Veränderung stellt sich uns jeweils in Form eines neuen, experimentellen Talents dar.“
    „Aber was wäre, wenn es sich um eine nicht nachvollziehbare Fähigkeit handelte?“
    „Nicht nachvollziehbar?“
    „Angenommen“, sagte Donal, „ich bin in der Lage, eine ganz neue Farbe zu sehen. Wie könnte ich sie Ihnen beschreiben, wenn Sie sie nicht sehen können?“
    „Oh, wir würden extrapolieren“, entgegnete Sayona. „Wir würden es mit allen möglichen Strahlungsmodifikationen probieren, bis wir auf eine stoßen, die Sie als die entsprechende neue Farbe identifizieren können.“
    „Aber Sie selbst wären nach wie vor nicht in der Lage, sie zu sehen.“
    „Nun, das nicht“, sagte Sayona. „Aber das ist auch nicht weiter wichtig, wenn wir wissen, aus welchen Strahlungen sie sich zusammensetzt.“
    „Sind Sie sicher?“ fragte Donal skeptisch. Er drehte sich noch immer nicht um. „Angenommen, es gibt jemanden mit einer neuen Denkweise; jemanden, der in seiner Kindheit gezwungen wurde, innerhalb der Bahnen unserer Logik zu denken – weil die Menschen in seiner Umgebung nur diese Denkart kennen. Während er aufwächst, erkennt er jedoch allmählich, daß sich ihm Beziehungen und Zusammenhänge offenbaren, die den anderen verborgen bleiben. Er weiß zum Beispiel, daß sich in einigen Jahren das Leben eines Menschen auf einem anderen Planeten verändern wird, wenn er jetzt diesen Baum dort unten im Garten fällt. Aber in logischen Begriffen kann er diese Kenntnis nicht erklären. Was würde Ihnen das Wissen um die Art dieser Gabe nützen?“
    „Selbstverständlich gar nichts“, antwortete Sayona gutmütig. „Aber dem Betreffenden
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