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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Eva Maaser
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dieses Elend kaum noch mit ansehen.
    „Komm schon, ich bringe dich zurück.“ Er streifte seinen Mantel ab und hängte ihn dem Sklaven um die Schultern.
    Den ganzen Weg den Fluss entlang hörte das leise Gewimmer nicht auf. Hatte man dem Jungen mit den Eiern auch jeglichen Schneid genommen? Verachtung regte sich in Wittiges. Er ließ den anderen vorangehen, um ihn im Auge zu behalten. Der Junge torkelte vorwärts und stieß immer wieder mit dem Fuß gegen Steine, während er eine Hand mit der anderen umklammerte. Nun lag der Teil des Wegs vor ihnen, der in weiten Kehren auf die Hochebene und zur Stadt hinauf führte. Nachdem der Junge zweimal in die Knie gegangen war und sich nur mühsam wieder aufgerichtet hatte, packte Wittiges ihn von hinten an der Schulter.
    „Warte!“
    Erschrocken blieb der Junge stehen. Wittiges zog Bauto am Zügel heran, drehte den Sklaven zu sich herum, fasste ihn mit beiden Händen um die Taille und hob ihn in den Sattel.
    „Hab keine Angst“, knurrte er. „Du fällst nicht herunter.“ Er gab eine Folge von Schnalzlauten von sich, die Bauto in Bewegung setzten. Jetzt ging es zügiger voran. Das Wimmern hörte auf, und eine Weile blieb es still. Aber als Wittiges einen vorsichtigen Blick ins Gesicht seines Begleiters warf, sah er, dass dieser immer noch weinte.
    „Wie heißt du?“, fragte Wittiges. In Wahrheit war ihm der Name nicht wichtig, aber er wollte den anderen von seinem Kummer ablenken. Auf keinen Fall gedachte er mit einem weinenden Jungen die Stadt zu durchqueren.
    „Aletheus.“ Wenigstens kam der Name ohne Schluchzer heraus.
    „Merkwürdiger Name. Hab ich noch nie gehört. A-le-the-us. Ist das richtig?“
    „Ja, aber so nennt mich längst niemand mehr.“
    „Wie dann?“
    „Alexander.“
    Wittiges schaute auf.
    Immer noch Tränen.
    „Wie der sagenhafte Griechenkönig? Der Name ist viel zu bedeutend für eine halbe Portion wie dich“, meinte er mit leichtem Spott.
    Aletheus grinste schief, aber der gequälte Ausdruck wollte nicht wirklich weichen. Dazu trug auch die Wunde auf der Wange bei, die sicher eine hässliche Narbe hinterlassen würde. Inzwischen hatte Wittiges entdeckt, dass die Tunika des Jungen aus feinster Wolle bestand. Am Saum war sie kunstvoll bestickt, und auch die kurzen Stiefel aus weichem, rot eingefärbtem Leder sahen teuer aus. Alexander oder Aletheus konnte kein einfacher Palastsklave sein. Und noch etwas fiel ihm auf. Der Junge hielt immer noch die Hand umklammert.
    „Was ist mit deiner Hand?“
    „Gebrochen. Dieser Falco hat so lange daraufgetreten, bis das Handgelenk brach“, antwortete Alexander mit erstickter Stimme und wimmerte wieder.
    Wittiges hatte sich einmal einige Rippen gebrochen, als er von einem Baum gefallen war, und konnte sich gut an den höllischen Schmerz erinnern. Aber der ging vorbei und war längst kein Grund, in unmännliche Tränen zu zerfließen.
    „Er hat es mit voller Absicht getan“, fuhr Alexander wehleidig fort. „Er wusste, was das für mich bedeutet.“
    „Und das heißt?“, fragte Wittiges voller Unbehagen. Eigentlich wollte er nichts Näheres wissen. Er würde Alexander zu seinem Quartier bringen und anschließend vergessen.
    „Ich bin erledigt, ich werde ...“
    „Unfug!“, unterbrach ihn Wittiges nachdrücklich. „Du bist jung, deine Knochen heilen wieder. Wie alt bist du?“
    „Neunzehn.“
    Ein Jahr älter als er selbst, stellte Wittiges erstaunt fest. Und dennoch war Alexander ein hasenfüßiger, selbstmitleidiger Kindskopf.  Vielleicht lag das daran, dass er Eunuch war. Aber der Eunuch, der in den Stall gekommen war, hatte keineswegs einen kindischen oder irgendwie unreifen Eindruck gemacht. Langsam packte Wittiges eine stille Wut.
    „Wieso solltest du wegen eines gebrochenen Handgelenks erledigt sein? Es gibt hervorragende Ärzte am Hof. Was tust du überhaupt? Bist du Türsteher oder königlicher Sandalenbewahrer? Oder hast du einen richtigen Beruf?“, fragte er.
    „Ich bin Musiker.“
    Sie hatten die Stadtmauer erreicht. Der Torwächter winkte sie durch und schloss die schweren, eichenen Torflügel hinter ihnen. Wittiges hatte nicht einmal bemerkt, dass es Abend geworden war. Lange Schatten fielen in die Gassen, nur hier und da wurde ein besonders hoher Giebel noch vom Licht vergoldet. Schweigend setzten sie ihren Weg fort. Eine Glocke läutete. Der schwingende hallende Ton brach sich an den Mauern der Häuser. Wittiges liebte den Glockenklang.
    „Erzähl mir mehr“, bat er
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