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Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der Geliebte der Königsbraut: Historischer Roman (German Edition)
Autoren: Eva Maaser
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Fluss, der Hochwasser führte und mächtig rauschend durch das steinige Bett floss. Hoch oben leuchtete die Stadtmauer in der Sonne, und irgendwann tauchte der Königspalast auf, der mit seinen höchsten Gebäuden von sechs oder sieben Stockwerken die Mauer überragte. Hier wurde die Uferzone besonders schmal. Büsche und krüppelige Eichen krallten sich in den felsigen Untergrund.
    Die Königsburg im Rücken, hockte sich Wittiges hin und ließ Steinchen über das Wasser schnellen, bis sie in den Springwellen verschwanden. Wie viel Zeit er mit dem kindischen Spiel verbrachte hatte, konnte er nicht sagen, als er Stimmen vernahm. Jemand schrie.
    Wittiges lauschte. War ein Kind in den Fluss gefallen? Ohne sich umzusehen, pfiff er nach Bauto. Der Hengst würde ihm folgen, während er sich auf den Weg über die schlüpfrigen Steine machte. Reiten empfahl sich hier nicht. Noch versperrte ihm das Gebüsch die Sicht. Wieder war ein Schrei zu hören, eindeutig ein Schmerzensschrei. Noch ehe Wittiges jemanden sehen konnte, bückte er sich und hob einen Stock auf. Einen langen Stock aus festem Holz.
    Bauto hatte ihn eingeholt, und Wittiges warf seine Zügel über einen Ast. Das Tier würde zurückbleiben, denn es verstand immer, was sein Herr von ihm wollte. Wittiges ließ den Mantel von den Schultern gleiten und trat, den Stock in der Hand, hinter dem Gebüsch hervor.
    Zwei junge Männer in bunten Hosen - eindeutig Franken – hatten einen Halbwüchsigen am Wickel. Einer der Franken hielt ihn fest, das hieß, er kniete fast auf ihm. Wittiges schätzte den Jungen auf etwa fünfzehn, drei Jahre jünger als er selbst, während seine beiden Peiniger bestimmt schon die zwanzig überschritten hatten. Der Junge war ihnen hoffnungslos unterlegen. Er hatte sich gewehrt, dafür sprachen das zerrissene Gewand und die tiefe Schramme im Gesicht.
    „Zeig uns deine Eier!“, forderte der zweite Franke, hob mit dem Schwert die Tunika des Jungen an und lachte gehässig. „Wusste ich’s doch: Er hat keine mehr!“
    Schlagartig wurde Wittiges einiges klar. Der Junge trug eine lange Tunika aus ungefärbtem Stoff wie viele der Bediensteten des königlichen Haushalts. Wahrscheinlich war er ein Sklave, der ein wenig Erholung am Fluss gesucht hatte und dabei den Franken in die Hände gefallen war.
    „Lasst ihn in Ruhe!“, rief Wittiges in umgangssprachlichem Latein, das außer Gotisch recht verbreitet war und von vielen Franken verstanden wurde.
    „Was?“, fragte der Mann mit dem Schwert in der Hand auf Fränkisch. „Hast du ihn verstanden, Falco?“, fügte er für seinen Kumpanen  hinzu.
    Wittiges blieb beim Latein. „Verschwindet!“, schrie er und fasste den Stock quer.
    „Bürschchen“, knurrte Falco und grinste Wittiges frech an, „ du verschwindest!“ Er hatte mühelos ins Lateinische gewechselt, das hieß, zumindest einer der beiden beherrschte diese Sprache. Wer am Hof etwas werden wollte, gleichgültig, ob am fränkischen oder westgotischen, musste Latein sprechen können.
    Falco versetzte dem Sklaven einen Stoss ins Kreuz, sodass dieser nach vorn fiel, stieg über ihn hinweg und zog sein Schwert. Mit einer Hand winkte er Wittiges heran.
    „Komm nur, komm Bürschchen, zeig auch du uns deine Eier. Hast du sie noch? Dann bist du sie gleich los.“
    Dann setzte er leise auf Fränkisch an seinen Gefährten gewandt hinzu: „Ich lenke ihn ab, erledige du ihn von der Seite.“
    Zwei gegen einen nur mit einem Stock bewaffneten Mann. Wittiges besaß gar kein Schwert. Aber die Schaf- und Rinderhirten seines Vaters hatten ihn so allerlei gelehrt. Diese beiden da, dachte er kühl, sind einfach zwei wild gewordene Kühe mit spitzen Hörnern.
    Der Sklavenjunge winselte. Er kauerte am Boden, genau zwischen Wittiges und seinen Gegnern. Er war im Weg. Einer der Franken hob sein Schwert, um es auf den gebeugten Nacken des Jungen herabsausen zu lassen. Wittiges parierte den Schlag mit dem Stock, merkte aber zu spät, dass er dabei den anderen Franken aus den Augen verloren hatte. Genau wie seine Gegner es wollten. Er fuhr auf einer Ferse herum, wehrte gerade noch das Schwert ab, das ihn von der Seite treffen sollte, und sprang zurück. Der Stock hatte eine größere Reichweite als die Kurzschwerter der Franken, und diesen Vorteil galt es auszunutzen.
    „Verschwinde!“, zischte er den Sklaven an. Zum Glück verstand ihn das Häuflein Elend und kroch zum Flussufer. Jetzt war das Feld frei. Im Stillen segnete Wittiges jeden blauen Fleck, den er
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