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Der geheime Zoo 1

Der geheime Zoo 1

Titel: Der geheime Zoo 1
Autoren: Bryan Chick
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Gesicht zu sagen.
    Der Zettel auf dem Kissen war zerknittert und eingerissen und sah so aus, als hätte er eine Woche in einer Pfütze gelegen. Noah nahm ihn und glättete die Falten. Das Foto eines lustigen Affen mit buschigen Augenbrauen, einem Haarbüschel auf dem Kinn und einem langen Schwanz blickte ihm entgegen. Die Überschrift lautete: «Besuchen Sie den Städtischen Zoo von Clarksville und erleben Sie unseren neuen Freund, Mr Tall Tail!»
    Noah hatte Mr Tall Tail schon viele Male im Zoo bewundert. Das war doch nichts Neues. Es war bloß ein alter Werbezettel.
    «Was soll das?», wandte Noah sich an den Vogel. «Was –?»
    Doch der Vogel war verschwunden.
    Noah sah wieder auf den Zettel. Mr Tall Tail starrte ihn mit besorgter Miene an. «Besuchen Sie den Städtischen Zoo von Clarksville und erleben Sie unseren neuen Freund, Mr Tall Tail!», las Noah noch einmal.
    Das ist doch Quatsch. Bloß Müll, den ein Vogel aufgepickt hat, sagte Noah sich.
    Doch er hatte schon darüber gelesen, dass Vögel als Boten eingesetzt werden konnten, um Nachrichten zu überbringen.
    «Sei nicht albern», murmelte Noah. «Heute gibt es E-Mails. Außerdem steht auf dem Zettel gar keine Nachricht. Da ist –»
    Er betrachtete die Überschrift noch einmal genauer. Ein paar der Worte wiesen Löcher auf – winzige Löcher, als hätte jemand sie mit einer Bleistiftspitze hineingedrückt. Oder vielleicht mit der Spitze eines kleinen Schnabels.
    «Niemals …»
    Er las die Worte mit den Löchern laut vor: «… den Städtischen Zoo von Clarksville und erleben unseren neuen Freund». Das ergab keinen Sinn.
    «Moment mal!» Jetzt las er die Wörter
ohne
Löcher: «Besuchen-Sie-Mr-Tall-Tail.»
    War das eine Nachricht?
    «Nein», murmelte er. «Das kann einfach nicht sein.» Noch einmal las er den neuen Satz, diesmal ohne Pause zwischen den Wörtern: «Besuchen Sie Mr Tall Tail.»
    Der Satz war grammatikalisch korrekt – und klang beinahe wie ein Befehl.
    Noah blickte zum Fenster. Das Fensterbrett war leer. Der Wind blies sanfte Böen in seine Vorhänge rechts und links vom Fenster. Er schauderte. Die Vorhänge sahen aus wie Gespenster.

[zur Inhaltsübersicht]
    3. Kapitel Eine unglaubliche Geschichte
    A ls die Schulglocke ertönte, rannte Noah sofort zur Klassentür hinaus. Er kümmerte sich nicht darum, dass Mrs Bluss rief: «Kinder, geht langsam!» Noah hatte keine Zeit, langsam zu gehen. In drei Stunden würden seine Eltern zu Hause sein, also musste er sich beeilen.
    Seit Megans Verschwinden arbeiteten Noahs Eltern immer lange, da sie eine Suchkampagne aus dem Büro eines Freundes in Clarksville leiteten. Nach allem, was sie wegen Megan durchgemacht hatten, war es ihnen gar nicht lieb gewesen, dass Noah allein von der Schule nach Hause ging und auch dort einige Zeit allein verbrachte. Am Ende hatten sie es erlaubt, solange Noah versprach, immer mit Freunden nach Hause zu gehen. Meistens blieb Noah nach der Schule noch bei Richie, bis seine Eltern ihn am frühen Abend abholten.
    Doch heute musste Noah diese Regel brechen. Im Gang warf er seine Bücher in sein Schließfach, blickte prüfend durch die Menge, um dann unbemerkt von Ella und Richie zum Ausgang zu gelangen. Draußen lief er so schnell über den Schulhof, dass der Kies hinter seinen Schuhen hochstob.
    Nach dem seltsamen Besuch des Vogels in der letzten Nacht hatte Noah nicht mehr schlafen können. Er verstand immer noch nicht recht, was geschehen war. Hatte es wirklich eine Bedeutung, oder war einfach nur ein Vogel in sein Zimmer geflogen und hatte ein Stück altes Papier verloren? Was auch immer es war, es konnte nicht schaden, Mr Tall Tail einen Besuch abzustatten.
    Er ging über den Parkplatz, bog in die Jenkins Street ein und ging an der Mauer des Zoos entlang. Nachdem er um die Ecke in den Walkers Boulevard eingebogen war, erreichte er den Eingang des Zoos, hielt dem überraschten Wärter seine Dauerkarte hin und preschte durch das Drehkreuz.
    Heute war es so kalt, dass sich fast niemand im Zoo befand. Noah hastete über die Wege und an den Gehegen entlang. Er war so oft im Zoo gewesen, dass er, ohne nachzudenken, den schnellsten Weg zum Affenhaus fand. Als er das kleine, mit Efeu überwachsene Haus erreichte, eilte er durch den Eingang, um eine Ecke herum und stieß beinahe mit einer kleinen Gruppe von Besuchern zusammen.
    Dieses Gehege besaß keines der üblichen Gitter oder Betonwände. Ein riesiges, kuppelförmiges Netz hielt die Affen im Innern, wo sie
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