Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der geduldige Tod (German Edition)

Der geduldige Tod (German Edition)

Titel: Der geduldige Tod (German Edition)
Autoren: Helke Böttger
Vom Netzwerk:
Bauch hatte.«
    Er antwortete nicht.
    »Und erinnerst du dich an unsere Hochzeit? Wir haben fast die ganze Nacht getanzt, und als wir in die Flitterwochen aufgebrochen sind, haben wir gemerkt, dass wir deinen Koffer vergessen hatten. Aber es ging doch ganz gut ohne, oder nicht?!«
    Wieder erwiderte er nichts.
    »Bitte, Ronald, mach mich los. Diese Behandlung habe ich wirklich nicht verdient.«
    Ronald streckte die Hand nach ihr aus, zog sie jedoch wieder zurück. Unschlüssig umkreiste er das Krankenhausbett und verzog dabei das Gesicht, als würde ihn etwas quälen.
    »Warum hast du mich verlassen?«
    »Weil ich die Erinnerung an dieses Monster und was er mir angetan hatte, nicht loswurde. Das hat mich krank gemacht. Mit dir hatte es nichts zu tun«, log sie. »Ihn musst du bestrafen, nicht mich. Er hat uns auseinandergebracht.«
    »Du hättest trotzdem bei mir bleiben müssen. Gemeinsam wären wir damit fertig geworden.«
    »Ich wollte dir keine Last sein, Ronald. Ich war zu nichts mehr nütze, das konnte ich dir doch nicht antun. – Bitte, mach mich jetzt los.«
    Er sah sie zaudernd an. Schließlich blieb er stehen und löste die um ihre Hände gebundenen Riemen.
    »Danke«, sagte Victoria und rieb sich die schmerzenden Handgelenke. Sie wollte aufstehen, doch er hielt sie fest.
    »Es ist merkwürdig. Wenn du von uns sprichst, entstehen in mir keine angenehmen Gefühle. Ich versuche mich an dich zu erinnern, an unser Glück, aber ich fühle nichts mehr. Du hast meine Erinnerungen vergiftet. Du hast alles kaputt gemacht.«
    Sie versuchte sich loszureißen. »Das ist nicht wahr. Gib ihnen Zeit. Sie kommen wieder.«
    Er richtete sich auf und lief erneut um die Liege herum. »Vielleicht. Vielleicht muss ich aber auch zu drastischeren Maßnahmen greifen. Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
    »Ronald, bitte, diese fremden Menschen haben dir nichts getan, sie sind unschuldig. Du darfst nicht noch mehr Frauen töten, um mein Leben zur Qual werden zu lassen. Die Polizei wird dich eines Tages finden und dann wirst du dein Leben lang im Gefängnis sitzen. Das ist es nicht wert. Wenn, dann bin ich schuld daran, nicht die anderen Frauen.«
    »Doch, das ist es wert«, widersprach er und sah sie triumphierend an. »Vor allem, weil ich nun weiß, was ich tun muss, um die schönen Erinnerungen zu erhalten. Du hast es eben selbst gesagt. Du bist schuld daran, also musst du sterben.« Er lachte kurz auf.
    Victoria spürte, wie seine Worte ihr die Kehle zuschnürten. Angst überflutete sie. Der Mann war irre, völlig irre. Er wollte ihr keinen Denkzettel mehr erteilen. Er wollte sie umbringen.
    »Ronald, bitte, das ist auch keine Lösung. Mein Tod wird nichts ändern, gar nichts. Nur dass auf deiner Seele noch mehr Schuld lastet.«
    Doch er hörte nicht auf sie. Urplötzlich stürzte er sich auf sie. Sie reagierte blitzschnell und sprang hinter das Bett. Barfuß trat sie auf die kleinen Steinchen und den Dreck, aber sie spürte den Schmerz nicht. Sie schob die Liege zwischen sich und den Angreifer und eilte zur Tür. Doch das Gestell hielt ihn nicht lange auf. Er rannte ihr hinterher, bekam sie zu fassen und warf sie zu Boden.
    Victoria wehrte sich mit allen ihr zur Verfügung stehenden Kräften, aber Ronald war viel kräftiger als sie. Er warf sich auf sie und drückte ihr die Kehle zu. Victoria rang nach Luft, doch seine Finger pressten sich unbarmherzig in ihren Kehlkopf. Ihre Hände versuchten, ihn von sich zu schieben, doch sie waren dazu viel zu schwach. Panisch spürte sie, wie ihre Lungen nach Sauerstoff lechzten. Vor ihren Augen tanzten Sterne. Ihre Arme schlugen ziellos um sich, griffen ins Leere, bis eine Hand einen harten Gegenstand traf, der auf dem Boden lag. Sie umklammerte ihn und schlug mit ihren letzten Kräften Ronald damit auf den Kopf.
    Augenblicklich ließ der Druck seiner Hände nach, er sackte zusammen. Keuchend atmete Victoria den Sauerstoff tief in ihre Lungen ein und rappelte sich auf. Sie lief auf die Tür zu. Doch sie erreichte sie nicht. Ronald war wieder aufgestanden und holte sie ein, als sie gerade die Plastikfolie zur Seite schieben wollte. Er schleuderte sie herum, so dass sie erneut zu Boden fiel. Ihre Hände rissen dabei die Folie ab. Geistesgegenwärtig hielt sie sie zwischen sich und ihren Angreifer, der sich abermals auf sie warf. Er wollte die Folie zur Seite schleudern, dabei verringerte er jedoch die Last auf ihren Körper, so dass sie ihr Knie mit voller Wucht in seinen Schritt rammen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher