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Der Gast: Roman

Der Gast: Roman

Titel: Der Gast: Roman
Autoren: Richard Laymon
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Niemand muss jemals von der ganzen Sache erfahren.«
    »Er wollte dich ermorden .«
    »Ja. Und jetzt ist er tot. Er muss also nicht mehr festgenommen oder vor Gericht gestellt werden oder so. Ihm ist bereits … Gerechtigkeit widerfahren. Er wird nie wieder jemandem wehtun. Also, was haben wir davon, wenn wir die Polizei verständigen?«
    Neal zuckte die Achseln. »Ich bin nicht sicher, aber … Man kann doch bei so einer Angelegenheit nicht einfach so tun, als wäre nichts gewesen.«
    »Warum nicht?«
    »Ich hab den Typen getötet .«
    »In Notwehr«, erinnerte ihn Elise.
    »Wenn wir einfach abhauen, sieht es vielleicht nicht aus wie Notwehr. Dann sieht es aus, als wären wir die Kriminellen.«
    »Wie willst du erklären, dass du eine Pistole hattest?«
    »Ich sag einfach die Wahrheit.«
    »Hast du einen Waffenschein oder so?«
    »Nicht, um sie mit mir herumtragen zu dürfen. Das glaubst du doch nicht im Ernst. Nicht in L. A. Niemand bekommt die Erlaubnis dazu. Höchstens, wenn man zufällig der Polizeichef ist. Deshalb ufert die Kriminalität hier auch so aus.«
    »Jedenfalls wirst du Schwierigkeiten kriegen, oder?«
    »Vielleicht. Sie werden mich nicht belangen, weil ich den Mann getötet habe, da bin ich ziemlich sicher. Obwohl seine Familie mich verklagen könnte.«
    »Ja.«
    »Das halte ich für ziemlich wahrscheinlich, falls er Familie hat. Auch wenn sie nicht gewinnen würden. Aber ich hätte jede Menge Ärger mit dem Gesetz.«
    »Und was ist mit der Pistole?«, fragte Elise.
    »Mit einer geladenen Waffe im Auto herumzufahren, ist ziemlich sicher ein Verbrechen.«
    Ihre Hand schloss sich fester um seine Schulter. »Du könntest ins Gefängnis kommen?«
    »Könnte sein.«
    »Mein Gott. Weil du mir das Leben gerettet hast?«
    »Also … das Wichtigste ist, dass ich getan habe, was getan werden musste. Falls ich deswegen ins Gefängnis komme … das ist eben Pech. Ich meine, ich hab das Risiko schließlich in Kauf genommen, als ich anfing, mit der Pistole herumzufahren. Aber wahrscheinlich bekomme ich bloß eine Bewährungsstrafe und eine Geldbuße.«
    »Wie hoch?«
    »Ich weiß nicht. Vielleicht tausend Dollar.«
    »Okay, mach das Seil ab.«
    Er hob die Zange auf, packte den Knoten und begann erneut, daran zu ziehen.
    »Ich hätte nicht gedacht, dass es so schlimm werden würde«, sagte sie.
    »Was?«
    »Der Ärger, den du bekommen könntest.«
    »Verdammt. So wie die Dinge heutzutage laufen, kriegt man schon Schwierigkeiten, wenn man jemanden nur komisch ansieht.«
    »Das kann man wohl sagen.« Sichelförmig blitzten ihre Zähne in dem verschwommenen Gesicht auf und verschwanden wieder. »Jedenfalls wird nichts von alledem passieren, wenn wir niemandem davon erzählen.«
    »Ich bin derjenige, der Ärger bekommt. Du hast nichts falsch gemacht.«
    »Glaubst du, das spielt eine Rolle? Wenn die Medien mit uns fertig sind?«
    Neal verzog das Gesicht. »Das ist natürlich ein Argument.«
    »Du weißt doch, was geschehen wird. Sie machen es bei jedem. Es ist völlig egal, was für ein guter Mensch du bist, sie hören nicht auf, bis alle dich für den größten Abschaum halten. Wenn sie keine Verfehlungen finden, denken sie sich etwas aus.«
    »Ja, so etwas kommt vor.«
    »Es ist immer so.«
    »Ja, meistens.« In diesem Moment gab das Seil ein wenig nach. Er zog fester. Der Knoten löste sich. »So.«
    »Ich mache den Rest.« Elise ließ ihn los und wickelte das Seil von ihrem Handgelenk.
    Neal sah ihr zu.
    »Selbst wenn sie nicht versuchen würden, mich in den Dreck zu ziehen – und sie würden es versuchen –, gefällt mir die Vorstellung nicht, dass ich in der ganzen Welt als die Frau bekannt bin, die von einem verrückten Sadisten entführt und gequält wurde. Die Frau, die nackt an einen Baum gefesselt gefunden wurde. Es würden nicht nur Fremde erfahren. Jeder, der mich kennt, würde es wissen. All meine Verwandten und Freunde …«
    »Das klingt nicht besonders angenehm«, gab Neal zu.
    »Überall würden Fotos von mir auftauchen. Jede Menge Typen würden sie ansehen und davon träumen, mich auszuziehen und mit Zange und Messer zu traktieren.« Sie warf das Seil auf den Boden und rieb ihr rechtes Handgelenk. »Ich möchte mein Leben behalten«, sagte sie. »Ich möchte nicht der Öffentlichkeit gehören.«
    »Du hast mich überzeugt.«
    »Du bist dabei?«
    »Ja. Ich will auch nicht vor Gericht oder im Fernsehen landen.«

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    »Liegen deine Kleider irgendwo hier herum?«, fragte Neal.
    Elise, die immer noch
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