Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der fünfte Mörder

Titel: Der fünfte Mörder
Autoren: Wolfgang Burger
Vom Netzwerk:
Mädchen geben seit einigen Wochen vier Kindern aus der fünften und sechsten Klasse Nachhilfe in Deutsch und Mathematik und Französisch. Und sie tun das mit einer Emsigkeit, dass ich sie manchmal ermahnen muss, ihre eigenen Hausaufgaben nicht zu vergessen. Ich würde mich glücklich schätzen, wenn ich mehr von der Sorte in meiner kleinen AG hätte. Das wollte ich Ihnen mitteilen.«
    Von dieser Arbeitsgemeinschaft hatte ich zum ersten Mal gehört, als ich meine Töchter wegen des Verdachts auf Brandstiftung zur Rede gestellt hatte. Es war Louises Vorschlag gewesen, als Strafe für ihre Missetaten etwas für sozial benachteiligte Mitschüler zu tun.
    Â»Habe ich eben richtig gehört«, fragte ich sicherheitshalber nach, »sagten Sie, Französisch?«
    Â»Aber ja«, erwiderte die Lehrerin irritiert. »Weshalb fragen Sie?«
    Â»In Französisch sind die beiden doch …« Ich hüstelte. »… komplette Nieten.«
    Oberstudienrätin Goetsch lachte herzlich. »Sehen Sie, Herr Gerlach, an der Universität hatte ich einmal einen Professor, er ist leider vor Jahren verstorben. Der gute Mann war der Ansicht, wenn man etwas wirklich begreifen wolle, dann solle man am besten eine Vorlesung darüber halten.«

    Am Nachmittag wurde klar, dass wir ins Schwarze getroffen hatten. Balke fand auf Prembecks PC sogar eine ordentlich abgelegte Kopie der E -Mail an Herrn Falk.
    Â»So blöd muss einer erst mal sein«, meinte er befriedigt.
    Â»Hat er vielleicht noch mehr solche Mails geschrieben?«, fragte ich. »Könnte ja sein, dass er sein Wissen meistbietend versteigern wollte.«
    Balke schüttelte den Kopf. »Ich habe sicherheitshalber auch gecheckt, mit wem er in den Wochen nach dem Bankraub telefoniert hat. Das letzte Gespräch war am zwölften Mai. Damit haben wir den ungefähren Todeszeitpunkt. Ist aber nichts von Interesse dabei gewesen.«
    Während Balke sprach, hatte mein Laptop den Eingang einer neuen Mail signalisiert. Sie kam von der Polizeidirektion Darmstadt – der Obduktionsbericht, den ich am Vormittag angefordert hatte.
    Prembeck war nicht, wie anfangs vermutet, erdrosselt worden, verkündete ich Sekunden später, sondern einem Herzinfarkt erlegen. Er war seinen Peinigern während der Folter unter den Händen weggestorben. »Sein schwaches Herz hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht.«
    Â»Erstens«, sagte Balke, »was wollten die von ihm erfahren?«
    Â»Wo die Beute versteckt ist, vermute ich.«
    Â»Dann können es nicht die Bulgaren gewesen sein. Zweitens: Hat er geredet, bevor er gestorben ist, oder hat er nicht?«

37
    Wieder vergingen Wochen.
    Am fünfundzwanzigsten Juni machte sich das Azorenhoch über Mitteleuropa breit. Plötzlich stöhnte alle Welt über die Hitze, nachdem man den Sommer monatelang herbeigesehnt hatte. Mir selbst bekam die Hitze mit jedem Jahr schlechter, stellte ich fest, und so schleppte ich mich morgens müde ins nicht klimatisierte Büro und kehrte abends noch müder nach Hause zurück.
    Am Abend des dreißigsten Juni veranstalteten Balke und Krauss eine kleine Grillparty, über deren Anlass sie sich hartnäckig ausschwiegen. Die Veranstaltung fand auf dem Parkplatz hinter der Polizeidirektion statt. Rolf Runkel hatte sofort die Oberhoheit über den Grill an sich gerissen, Sönnchen steuerte eine Riesenschüssel Nudelsalat bei, ich selbst hatte Kuchen mitgebracht, Balke das Grillgut sowie zwei Kisten Pils aus seiner Heimat und Klara Vangelis – schließlich war sie griechischer Abstammung – eine Flasche eisgekühlten Ouzo.
    Wir waren etwa fünfzehn Personen, fast die komplette Heidelberger Kripo. Runkels Grillkünste wurden einhellig gelobt, was zur Folge hatte, dass er sich die Verfügungsgewalt über Rost, Glut und Zange überhaupt nicht mehr nehmen lassen wollte. Das Bier fand so guten Zuspruch, dass schon nach einer Stunde für Nachschub gesorgt werden musste. Diese Aufgabe wurde einer Streife anvertraut, die zur Belohnung ebenfalls ein Grillsteak erhielt und selbstverständlich kein Bier, da ihre Schicht noch bis Mitternacht dauerte. Ein Ouzo allerdings wurde genehmigt, und nach dem Steak noch ein zweiter wegen der Verdauung. Dann mussten die beiden wieder los, weil es auf den Neckarwiesen wieder einmal eine handgreifliche Unstimmigkeit zwischen betrunkenen Teenagern zu schlichten
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher