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Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Der Frühling - Hyddenworld ; 1

Titel: Der Frühling - Hyddenworld ; 1
Autoren: Klett-Cotta Verlag
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zu backen.

84
GENESUNG
    J acks Genesung setzte ein, als Katherine den Mut fand, mit ihm über ihre Zweifel und ihre Ratlosigkeit zu sprechen, denn das veranlasste ihn, die eigenen Gefühle mit ihr zu teilen. Jeder brauchte den anderen, um voranzukommen.
    Innerhalb weniger Tage fand sie hinter Festoons Haus für ihn eine Unterkunft, jedoch außer Sichtweite der Straße und mit Blick auf den Fluss.
    Parlance sorgte für sein leibliches Wohl, und Katherine tat mit ihrer Gegenwart und Zärtlichkeit das Ihre. Davor waren ihre Bemühungen um ihn nur oberflächlich geblieben, denn Befangenheit und Unbeholfenheit hatten ihr im Weg gestanden. Jetzt war sie ganz sie selbst, und das war es, was er brauchte.
    Dies und ihr Zuspruch halfen ihm, zu alter Stärke und Zuversicht zurückzufinden.
    Da das Wetter sehr warm war, überredete sie ihn, kein Hemd zu tragen und die Luft an seine Haut zu lassen. Er wäre gern geschwommen, doch der Fluss war tief und voller gefährlicher Strudel und Unterströmungen. Doch im Schutz des Ufers lag ein altes, halb verrottetes Ruderboot.
    »Wir wär’s, wenn du es reparierst?«, schlug sie vor. Dies war ihm Aufforderung genug, und er machte sich sogleich an die Arbeit, denn er hatte nichts Besseres zu tun. Sich beugen, strecken, drehen, hämmern, stemmen und greifen – jede kleine Bewegung verhalf seinem Rücken zu neuem Leben.
    Anfangs begnügte er sich damit, einfach nur im Boot zu sitzen und in das vorbeiströmende Wasser zu blicken, noch nicht willens, sein Gefährt und das Paddel, das er dafür angefertigt hatte, zu erproben, geschweige denn sich selbst.
    Stort kam zurück und baute ihm aus einem alten Wassertank,den er zusammen mit einer Handpumpe, einem Eimer und einem Schlauch an einem Baum befestigte, eine Dusche. Sie sah wunderlich aus, doch das Wasser hinaufzupumpen, den Eimer auszurichten und unter dem ungleichmäßigen Strahl hin und her zu hüpfen, um von ihm getroffen zu werden, verhalf ihm zu der Bewegung, die er brauchte.
    Anfangs besuchte ihn Katherine zu vereinbarten Zeiten, doch nach und nach kam sie, wann sie wollte, und ging auch wieder, wann sie wollte.
    Ihr häufigster Besucher war Stort, ihr gemeinsamer Freund. Auch er konnte schweigsam sein, sodass ihre Unterhaltung manchmal nur darin bestand, gemeinsam dem Fluss zu lauschen. Meistens jedoch waren Jack und Katherine allein, saßen da, beobachteten die Strömung und genossen die warmen Sommernächte.
    Oft spähte Jack über den Severn hinweg zum anderen Ufer oder beobachtete, wie der Fährmann und sein Sohn hin- und herfuhren. Eines Tages winkte er ihnen zu, und sie winkten zurück. Ein Ufer zollte dem anderen Respekt.
    Der Bilgener war überrascht. Die Bewohner von Wardine waren freundliche Leute und bezahlten ihn gut, aber sie waren auch abergläubisch, denn ein Fährmann ist ein Fremder zwischen zwei Welten, und wenn man allzu freundlich zu ihm ist, wacht man vielleicht eines Tags am falschen Ort auf.
    Doch Jack kümmerte das nicht. Von Zeit zu Zeit hob er gern die Hand, denn er war auch eine Zeit lang allein gewesen und wusste, was ein Gruß bedeutete.
    In manchen Nächten, wenn er mit Katherine und Stort am Ufer saß, sahen sie am anderen Ufer den Schein eines Feuers und hörten den Fährmann auf seinem Rohrhorn spielen. Das Wasser und seine Gefahren lagen zwischen ihnen, doch wenn das Rohrhorn erklang und das Feuer herüberleuchtete, wer wollte da sagen, wie fern oder nah sie einander waren?
    »Dort hinüber werden wir gehen«, pflegte Jack zu sagen, »wenn es mir wieder besser geht und unsere Tage hier gezählt sind.«
    Katherine stimmte zu. Stort auch. Es wurde Zeit für den Aufbruch einer Generation.
    Eines Abends, als Stort nicht da war, sagte Katherine: »Du warstin den letzten Tagen so still. Stimmt etwas nicht? Tun deine Verbrennungen wieder weh?«
    Sie hatte gelernt, direkter als er zu sein.
    Er schüttelte den Kopf. »Es ist nur …«
    »Was, Jack?«, fragte Katherine ungeduldig.
    »Da ist etwas, das ich dir schon lange sagen will, doch es fällt mir schwer …«
    Ihr Herz begann zu pochen. Er blickte über den Fluss in eine Welt, in die sie irgendwie zurückfinden mussten, ob als Hydden oder Menschen. Er schien sich danach zu sehnen, aber ohne sie.
    »Du willst nach Brum zurück, stimmt’s?«, fragte sie, denn er hatte mehr als einmal gesagt, dass er sich dort zu Hause fühlte, da er sich in der Hyddenwelt zu Hause fühlte. Dann, zögerlicher, wagte sie zu fragen: »Suchst du … ich meine … suchst du
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