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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter
Autoren: Jason Dark
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geheimnisvolle Rascheln hörten.
    Die Angst des Jungen war nicht nur geblieben, sie war sogar noch gestiegen. In seinem Kopf hatte sie sich festgesetzt als großer Druck hinter der Stirn und als Beklemmung in seiner Brust. Er sah auch, daß sich der Werwolf manchmal nicht sehr wohl fühlte, denn er sah zu, nicht zu nahe an die Grabkreuze heranzukommen. Er bog schon bald in eine andere Richtung ab, um in den Teil des Friedhofs zu gelangen, wo die Schatten am dunkelsten waren und dicke, fast schwarzblaue Inseln zwischen den Sträuchern gebildet hatten.
    Er ließ es zu, daß sich der Junge umschaute. Sosehr sich Johnny auch anstrengte, er sah keine Hilfe. Dafür wurde er auf den düstersten und ältesten Teil des Totenackers gezerrt, wo das Grab lag, von dem Johnny bereits wußte.
    Sie blieben davor stehen.
    Johnny sagte nichts, auch der Werwolf gab keinen Laut von sich, aber es war zu erkennen, daß sich der Junge fürchtete, denn über seinen Körper rann ein Schauer. Wenn er tief einatmete, spürte er ebenfalls den Druck. Seine Augen brannten, er wollte das Grab nicht sehen, aber er mußte einfach hinschauen und erkannte, daß der lehmige Boden innerhalb des Rechtecks aufgewühlt war, als wäre jemand aus der Tiefe des Grabes an die Oberfläche geklettert. Johnny schwitzte und fror gleichzeitig. Seine Sinne waren gespannt. Er lauschte auch in die Umgebung hinein, hörte hin und wieder das Rascheln der Blätter, wenn sie vom Wind bewegt wurden, und vernahm auch ein anderes Geräusch.
    Ein leises Tappen, das sich mit dem Rascheln der Blätter vermischte. Da kam jemand…
    Johnny fror plötzlich, als er das Geräusch hörte und auch darüber nachdachte.
    Er drehte den Kopf. Der Werwolf hatte aufgepaßt. Seine Pranke drückte er hart auf die Haare des Jungen, so daß dieser nur in eine Richtung blicken konnte.
    Aus ihr hörte er die Geräusche.
    Hinter dem Grab, nicht weit von der Gi ttergrenze des Friedhofs entfernt, wuchsen die Büsche sehr dicht zusammen, so daß sie eine düstere Insel bildeten.
    Genau dort bewegte sich etwas…
    Da kam ein Schatten!
    Nicht sehr hoch, etwas größer als ein Hund. Johnny verkrampfte sich, als er den Besucher erkannte. Es war Nadine, die Wölfin… Der Junge hatte ihren Namen rufen wollen. Er lag ihm schon auf der Zunge, als er feststellte, daß Nadine von ihm überhaupt keine Notiz zu nehmen schien. Sie hatte die obere Grenze des Grabs kaum erreicht, als sie stehenblieb und sich hinhockte. Langsam hob sie den Kopf, weil sie den Werwolf und auch den Jungen anschauen wollte. Dabei öffnete sie das Maul. Johnny sah das Gebiß, das Schimmern der hellen Fangzähne und hatte wieder Angst.
    Er konnte sich plötzlich vorstellen, daß es Nadine nichts mehr ausmachen würde, die Zähne in seinen Hals zu schlagen, um ihn zu töten.
    Johnny begann zu zittern, aber Nadine sprang nicht auf ihn zu. Aus ihrem Rachen drang nur mehr ein leises, unheimlich klingendes Heulen, das wie ein schauriger Glockenklang über den Friedhof wehte und schließlich verhallte.
    Dann schloß sie das Maul wieder, ließ ihren Blick aber unverwandt auf Johnny ruhen.
    Leere Augen, kein Gefühl mehr, keine menschliche Wärme, nicht einmal den raubtierhaften Ausdruck.
    Noch immer lag die Pranke des Werwolfes auf Johnnys Kopf. Plötzlich aber löste sie sich. Der Junge konnte es kaum fassen, daß die Bestie zur Seite trat und von ihm wegging.
    Was hatte sie vor?
    Johnny schaute sich um. Viel sah er nicht. Die Dämmerung war mittlerweise so weit fortgeschritten, daß man schon von einer Dunkelheit sprechen konnte.
    Ein Geräusch unterbrach seinen Gedankengang. Es war ein heiser klingendes Knurren, das sich zudem noch gefährlich anhörte. Nicht der Werwolf hatte es ausgestoßen, sondern die Wölfin Nadine, die einmal seine Beschützerin gewesen war.
    Johnny schaute sie an.
    Nadine hockte nicht mehr im hohen Gras. Sie hatte sich aufgestellt. Ihre Flanken zitterten. Ein Zeichen, daß auch sie erregt war. Und ihre Augen wirkten jetzt kalt, böse und tödlich!
    Jawohl, tödlich. So jung das Kind noch war, es hatte viel gelernt, und es wußte den Ausdruck auch richtig zu deuten. Nadine plante etwas. Einen Mord!
    Den Mord an ihm!
    Johnny wußte es genau, aber er konnte es nicht fassen. Er dachte daran, was er und die Wölfin miteinander erlebt hatten. Beide waren sie wie Bruder und Schwester gewesen. Sie hatte ihn immer beschützt. Niemand war an den Jungen herangekommen, solange sich Nadine in seiner Nähe befand und ein Auge auf
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