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Der Friedhofswächter

Der Friedhofswächter

Titel: Der Friedhofswächter
Autoren: Jason Dark
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    »Es war ein Heulen!« flüsterte Sheila. »Ich habe es genau gehört. Es muß vom Friedhof gekommen sein. Die Wölfe sind bereits da. Johnny wahrscheinlich auch.« Ihre Stimme wurde schriller. Sie stieß mich an.
    »John, fahr weiter. Schneller. Wir müssen uns beeilen. Vielleicht…«
    Ich fuhr nicht. Statt dessen löschte ich die Scheinwerfer und hörte Sheila hinter mir scharf atmen. Wie sie meinen Namen aussprach, konnte man vor ihr Angst bekommen.
    Auch Bill regte sich auf. »Verdammt, was tust du da? Wir müssen hin und Johnny…«
    »Schaut nach vorn!«
    Das taten sie. »Na und? Was ist da schon? Dunkelheit, Sträucher, Gras, Erde…«
    »Und Nadine Berger!«
    Ich hatte die drei Worte sehr ruhig ausgesprochen, aber meine Freunde zuckten zusammen. Sie waren plötzlich ruhig geworden. Im Fond beugte sich Sheila noch weiter vor, und sie war es auch, die sagte: »Mein Gott, John hat recht. Aber das ist nicht die Wölfin…«
    Die war es auch nicht, sondern die geisterhafte Gestalt der schönen Filmschauspielerin Nadine…
    ***
    Wie damals, dachte ich, wie damals!
    Ich blieb hinter dem Steuer hocken, hielt das Lenkrad krampfhaft fest und konnte meine Augen nicht abwenden. Den Conollys erging es ebenso. Nur Sheila sprach ihre schlimmen Gedanken aus. »Ist sie gekommen, um uns Johnnys Tod mitzuteilen?«
    Keiner gab ihr eine Antwort. Wir alle waren einfach von diesem Anblick zu sehr gefangengenommen.
    Es war kein Körper, sondern ein Geist, auch wenn er die Umrisse eines Körpers besaß. Der Kopf, die langen Haare, die Arme, die Beine, das Gesicht, all das sahen wir in einer gespensterhaften Bleichheit, nur das Haar schimmerte noch in einem leichten, rötlichen Ton, als würden kleine Flammen darüber hinweghuschen.
    Das war genau die Nadine, wie ich sie schon einmal in der Urzeit gesehen hatte.
    Nichts hatte sich verändert. Ich konzentrierte mich dabei auf das Gesicht, um den Ausdruck erkennen zu können. Aus ihm hätte ich lesen oder erraten können, wie sie zu uns stand, aber die Entfernung war zu groß. Hinzu kam die Dämmerung, und ich tat das für mich einzig Richtige in dieser Situation.
    Ich stieg aus.
    »Was willst du?« fragte Bill.
    »Laß mich«, gab ich flüsternd zurück, hörte noch, daß Sheila mit ihrem Mann redete, verstand aber nicht, was und sah auch nicht, daß Bill hinter das Lenkrad rutschte.
    Ich ging auf Nadine zu!
    Dabei wußte ich genau, daß mir dieser Geist, diese Gestalt die Lösung des Rätsels geben würde, wenn sie es schaffte, mit mir in Kontakt zu treten und mit mir zu sprechen.
    Ich ging auf sie zu.
    Das Gras war hoch und weich. Meine Sohlen schleiften hindurch. Ich trat es nieder, aber meine Blicke waren voll und ganz auf die Gestalt der Nadine konzentriert.
    Sie war jetzt größer als ich. Für mich ein Beweis, daß sie keinen Kontakt mildem Boden hatte und über ihm schwebte.
    Und sie wischte nicht zur Seite, als ich mich ihr näherte. Wahrscheinlich erwartete sie mich und hoffte darauf, daß ich sie ansprechen würde. Nicht gerade zum Greifen nahe, aber in einer guten Sprechdistanz blieb ich vor ihr stehen.
    Wir schauten einander an.
    Jeder versuchte im Gesicht des anderen zu lesen. Bei ihr war es nicht möglich, da sie als Geist oder Gespenst aus einem anderen Material bestand.
    Aus Plasma, dem Seelenstoff, und so konnte ich fast durch ihr Gesicht sehen.
    Die Augen hatten einen starren, leicht gläsernen Ausdruck bekommen. Wenn ich genau hinsah, erkannte ich sogar das Zucken der Mundwinkel, als würde es sie Überwindung kosten, überhaupt mit mir in Kontakt zu treten. Ein normales Sprechen war nicht möglich. Wenn es überhaupt zu einem Dialog kam, dann auf mentaler Ebene.
    Ich machte den Anfang. Der Wind fuhr gegen meinen Rücken, und ich hoffte, daß er das Wort zu ihr tragen würde. »Nadine?« fragte ich sie leise.
    Es kam eine Antwort.
    Nicht gesprochen. Tatsächlich mental, nur in meinem Gehirn zu hören, ein gedankliches Sprechen, wie ich es auch bei dem Seher erlebte, wenn er mit mir Kontakt aufnahm.
    ›Ich wußte, daß du kommen würdest, John Sinclair. Ja, ich wußte es.‹
    »Es war dein Ruf?« Wieder hatte ich die Frage geflüstert.
    ›Sicher. Ich mußte mit Johnny in Kontakt treten, um euch erreichen zu können. Er hat es mir ermöglicht, denn er ist meine Bezugsperson. Ich wollte euch von der schrecklichen Gefahr berichten, die auf uns alle lauerte.‹
    »Was ist das für eine Gefahr?«
    ›Der Tod, John. Es ist der Tod.‹
    »Sollen wir
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