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Der fremde Zwang

Der fremde Zwang

Titel: Der fremde Zwang
Autoren: Clark Darlton
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Partikelchen sogar die alte Geschwindigkeit zurückgeben. Im Reflektionswinkel also verläßt das Licht erneut die gekrümmte Grenze und durchläuft erneut unser Universum. Es ist der gleiche Vorgang, wie er bei der Reflektion eines Lichtstrahls von der Innenfläche eines Hohlspiegels stattfindet – bis eben auf die kurzfristige Durchdringung, die hier nicht vorhanden ist.
    Doch nun kommt der Hauptpunkt meiner ganzen Theorie.
    In dieser winzigen Zeitspanne, während deren Verlauf sich das Lichtpartikelchen außerhalb unseres Universums befindet, geschieht etwas mit ihm. Wir wissen nicht, wo es sich befindet, ob es überhaupt ein Raum in unserem Sinne ist; was wir jedoch wissen, ist, daß sich das Lichtpartikelchen dort voll Energie saugt. Als einfaches Licht verläßt es unseren Raum, um als energiegeladene kosmische Strahlung zurückzukehren. Ja, das eigentlich ist alles.“
    Gordon nahm sein Glas und trank es leer. Er sah sich in der Runde um und begegnete gespannten Gesichtern. Anscheinend erwartete man von ihm eine Stellungnahme. Er räusperte sich und sagte:
    „Das ist sehr interessant, Professor Henderson, aber wenn ich ehrlich sein soll, so muß ich gestehen, die Tragweite Ihrer Entdeckung nicht vollständig zu begreifen. Es war doch auch schon zuvor bekannt, daß kosmische Strahlung gleichzusetzen ist mit Energie.“
    Henderson nickte zustimmend.
    „Das schon, aber die Natur dieser Energie wurde falsch ausgelegt. Heute wissen wir immer noch nicht, wie vormals fast kraftlose Reflektionsstrahlung derartige Quantitäten an Energie aufnehmen kann, aber wenigstens wissen wir doch, wie diese gespeicherte Energie gefahrlos freigemacht und für den Antrieb ausgenutzt werden kann.“
    „Wollen Sie damit sagen, daß Sie …?“
    Gordon verstummte und sah Brenner fragend an.
    Der Physiker nickte langsam, und als Henderson ihm einen auffordernden Blick zuwarf, begann er:
    „Ja, das wollte Henderson sagen. Ich arbeite mit ihm zusammen, und gemeinsam fanden wir die Lösung – sofern man es als Lösung bezeichnen kann. Auch entdeckten wir die relative Ungefährlichkeit der Umwandlung der kosmischen Strahlung in reine Energie, ein ungeheuerlicher Fortschritt, wenn Sie bedenken, daß diese Strahlung praktisch überall vorhanden ist, selbst auf dem Grunde des Meeres. So konstruierte ich den neuen Antrieb. In diesem Schiff wird er zum erstenmal praktisch erprobt. Sie werden zugeben, daß diese Probe bisher zufriedenstellend verlief.“
    Gordon hatte plötzlich eine steile Falte auf der Stirn.
    „Sie erreichen fast Lichtgeschwindigkeit?“ vergewisserte er sich. Und als Brenner zustimmend nickte, fuhr er fort: „Es ist uns theoretisch bekannt, daß derartige Geschwindigkeiten gewisse Effekte hervorrufen, die irgend etwas mit der Zeit zu tun haben. Dilatation nennt man es, nicht wahr? Wenn wir also mit annähernder Lichtgeschwindigkeit fliegen, und es vergehen im Schiff einige Tage oder Wochen, vergehen auf der Erde Jahre und Jahrzehnte. Haben Sie an diese Möglichkeit gedacht?“
    Henderson sah lächelnd auf Ann Holder. Das Mädchen senkte für eine Sekunde den Blick, dann sah es auf und schaute Gordon an.
    „Wir haben daran gedacht, Herr Inspektor. Meine Spezialität ist das Problem der Zeit, viel enger mit dem der kosmischen Strahlung verknüpft, als je zuvor angenommen wurde. Warum, werden Sie mich fragen. Nun, sehr einfach: Die Lichtpartikelchen bewegen sich mit Lichtgeschwindigkeit, logisch. Bei genauer Lichtgeschwindigkeit jedoch schrumpft der Zeitverlauf auf dem sich bewegenden Körper auf total Null zusammen, was zur Folge hat, daß ein Partikelchen Licht, welches das Universum umrundet und zur Erde zurückkehrt, relativ nicht den Bruchteil einer Sekunde alt geworden ist, auch wenn es die Erde vor Jahrmilliarden verließ und erst heute zurückkehrte. Das ist eine unbestreitbare Tatsache, einfach anerkannt und hingenommen. Kaum jemand hat es versucht, die Konsequenz aus dieser Tatsache zu ziehen.
    Gelänge es uns zum Beispiel, die eintreffende kosmische Strahlung in wahres Licht zurückzuverwandeln – natürlich unter Ausnutzung der dabei freiwerdenden Energie –, so würden wir Bilder zu sehen bekommen, die Jahrtausende und Jahrmillionen alt sind. Das kommt darauf an, wann sie die Erde verließen und wo sie reflektiert wurden. Wir hätten somit die materielose Zeitmaschine. Die Vergangenheit ließe sich projizieren in die Gegenwart. Haben Sie das verstanden, Mr. Gordon?“
    Der Inspektor gab keine Antwort. In
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