Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der fremde Tibeter

Titel: Der fremde Tibeter
Autoren: Eliot Pattison
Vom Netzwerk:
gegenüberliegenden Wand. »Ein Tieflader«, sagte sie geistesabwesend. »Jaos Limousine wird abgeholt.«
    Sie drehte sich um. Ihr Gesichtsausdruck zeugte von völliger Verwirrung. »Tyler, falls du etwas weißt, solltest du Shan davon erzählen. Wir müssen an die Mine denken. An die Firma.«
    »Ob ich etwas weiß?« entgegnete Kincaid verächtlich. »Natürlich weiß ich etwas. Die Fünf von Lhadrung wurden gar nicht hingerichtet. Da können Sie mal sehen, wie falsch Sie liegen. Gestorben sind bloß ein paar BDKs, die man für ihre Verbrechen gegen Tibet schon vor vielen Jahren hätte an die Wand stellen sollen.« Er wirkte verärgert. »Außer Lihua«, fügte er zögernd hinzu. »Da hat jemand die Kontrolle verloren.«
    Fowler hob den Kopf. »Woher willst du das wissen... was soll das alles bedeuten?« fragte sie.
    »Der Bei Da-Verband«, sagte Shan. »Li, Wen, Hu, der Major. Mr. Kincaid war inoffizielles Mitglied.«
    »Jemand muß endlich handeln, Rebecca«, schaltete Kincaid sich leidenschaftlich ein. »Du weißt das. Deshalb hilfst du ja auch der UN und Jansen. Tibet kann die Welt so viel lehren. Wir müssen reinen Tisch machen. Und wir haben schon große Fortschritte erzielt.«
    »Fortschritte?« fragte Fowler. Ihre Stimme war kaum lauter als ein Flüstern.
    »Jemand muß sich erheben«, erwiderte Kincaid. »Es muß geschehen. Niemand ist gegen Hitler aufgestanden. Niemand hat Stalin Widerstand geleistet, bevor es zu spät war. Aber hier ist es noch nicht zu spät. Hier können wir tatsächlich noch etwas bewirken. Der Lauf der Geschichte kann umgekehrt werden. Der Bei Da Verband weiß das. Die Verbrecher müssen ausgeschaltet werden.«
    »Können Sie einen Verbrecher erkennen, Mr. Kincaid?« fragte Shan. Ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er sich an Fowler. »Wird bei Ihnen zur Zeit eine Probenlieferung vorbereitet, die nächste Woche verschickt werden soll?«
    »Ja«, sagte Fowler langsam. Sie war verwirrter als je zuvor.
    »Sie muß aufgehalten werden. Vielleicht könnten Sie einen entsprechenden Anruf vornehmen.«
    »Die Lieferung ist bereits versiegelt. Das ist wegen der Zollabfertigung erforderlich.«
    »Sie muß aufgehalten werden«, wiederholte Shan.
    Fowler ging zum Telefon, und wenige Minuten später hielt ein Wagen vor der Tür des Büros. Shan öffnete die Heckklappe des Transporters, während Kincaid und Fowler ihm von der Tür aus fragend zusahen.
    »Die >Ich<-Generation«, sagte Shan beiläufig und nahm die Frachtkisten in Augenschein. »Das habe ich mal in einem amerikanischen Magazin gelesen. Diese Leute können auf gar nichts warten. Sie wollen alles sofort. Nur noch ein weiterer Mord, und sie hätten gewonnen. Nur noch der Oberst war übrig. Vielleicht wollten sie auch die Mine übernehmen. Ich glaube, die Außerkraftsetzung der Betriebserlaubnis war zum Teil eine Antwort auf das, was Kincaid mit Jao gemacht hatte: Man wollte in der Lage sein, Sie beide loswerden zu können, falls die Angelegenheit außer Kontrolle geriet. Wissen Sie noch, an welchem Tag Sie von dieser Maßnahme erfahren haben?« fragte er Fowler.
    »Keine Ahnung. Es müßte jetzt zehn Tage oder zwei Wochen her sein.«
    »Es war genau an dem Tag, nachdem wir Jaos Kopf gefunden hatten«, sagte Shan. Er sprach sehr langsam, um den Worten mehr Wirkung zu verleihen. »Als man feststellte, daß der Dämon ein wenig zu eigenmächtig handelte. Ich glaube nicht, daß man schon abschließend entschieden hatte, ob man Sie loswerden wollte. Man wollte sich bloß alle Optionen freihalten. Deshalb hat man auch die Computerdisketten als Köder ausgelegt und so getan, als gäbe es Ermittlungen in einem Spionagefall.«
    »Tyler«, flehte Fowler. »Rede mit ihm. Sag ihm, daß du nicht weißt... «
    »Niemand hat irgend etwas Falsches getan«, beharrte Kincaid. »Wir machen Geschichte. Dann kann ich nach Hause zurückkehren und uns die Aufmerksamkeit verschaffen, die wir benötigen. Ich werde sogar mit noch größeren Investitionen zurückkehren. Hundert Millionen, zweihundert Millionen. Eine Milliarde. Du wirst schon sehen, Rebecca. Du wirst mein Manager sein. Meine Verwaltungsleiterin. Du wirst alles verstehen.«
    Fowler starrte ihn nur an.
    Shan fing an, eine Kiste mit Proben der Lake auszupacken, die jeweils in zehn Zentimeter durchmessenden Metallzylindern untergebracht waren. »Irgend etwas hiervon wurde außerhalb angefertigt. Womöglich haben Sie es aus Hongkong bestellt. Vielleicht die Kisten.«
    »Die Zylinder«, flüsterte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher