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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge
Autoren: Prisca Burrows
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durch ganz Albalon gereist und kannte selbst die geheimen Städte und die Labyrinthminen. »Darauf möchte ich wetten.«
    »Nicht mit mir. Ich bin nur ein einfacher Söldner, heute hier und morgen da.« Der Wanderkrieger leerte seinen Krug und bestellte nun Schwarzbier. Fionn fragte sich besorgt, ob das nicht alles zu teuer würde, doch sein Begleiter schien sich keine Gedanken darum zu machen. Vielleicht hatte er vor Kurzem seinen Sold ausbezahlt bekommen.
    »Danke«, wiederholte er.
    »Zu deinen Diensten, junger Bogin.«
    Auch dafür war er dankbar. Er wurde nicht verächtlich »Bucca«, aufgeblasene Backe, genannt. Den Schimpfnamen verdankten sie dem Umstand, dass die meisten Bogins rosige Wangen hatten, und darüber machten sich zu viele gern lustig: »Trinkt und isst zu viel und ist faul.«
    Der Wanderkrieger wischte sich den Schaum aus dem dunklen Bart. »Nun, du hast dich jetzt erholt, dann kannst du getrost weiterziehen.«
    Schlagartig war die gute Stimmung dahin, und die Wirklichkeit hatte ihn mit einem Faustschlag eingeholt. Es fühlte sich an wie der Winter, wenn man morgens die Tür öffnet und die Kälte einem entgegenschlägt, wo gestern noch ein freundlicher Herbst gewartet hat.
    »Aber wie denn?« Fionn schluckte heftig, dann brach er in Tränen aus. Sein Herz raste vor Angst. »Ich … ich war doch noch nie außerhalb meines Heims. Ich weiß nicht, wohin ich mich wenden soll, was ich tun muss, wovon ich leben soll, und außerdem werde ich gesucht, und …«
    »Dreh nicht gleich durch.«
    »Du hast leicht reden, Herr!«, schluchzte Fionn verzweifelt.
    »Nenn mich nicht Herr. Ich bin Tuagh.« Er deutete auf die Axt an seiner Seite.
    »Aber ich kann doch nicht einfach …«
    »Du kannst sehr wohl. Ich bin weder dein noch sonst jemandes Herr. Und wenn du damit nicht aufhörst, muss meine Axtschneide dich leider ein wenig an der Kehle kitzeln, um dieses dumme Wort aus dir herauszuschneiden.«
    Erschrocken hob er die Hände. »Ich … ich werde es versuchen, H … T-Tuagh. Ich bitte um ein wenig Geduld, denn das bin ich nicht gewohnt.«
    »Mit deinesgleichen redest du doch auch formlos, oder?«
    »Das ist was anderes. Wir sind schließlich nicht gleich, du und ich.«
    »Ach? Und warum nicht?«
    Fionn war so verdutzt, dass es ihm für einen Moment die Sprache verschlug. »Na, erstens einmal bin ich ein Sklave und du ein freier Mann.«
    »Ich sehe hier einen Bogin und einen Menschen ungezwungen an einem Tisch sitzen und plaudern. Der einzige Unterschied ist die Größe, und, na schön, die Volkszugehörigkeit mag auch etwas ausmachen. Aber ich kann nicht erkennen, was dich zum Sklaven macht und mich zum freien Mann.«
    »Also, es sollte nicht an mir sein, dir das erklären zu müssen«, entfuhr es Fionn. »Du solltest eigentlich wissen, dass wir Bogins Sklaven von Geburt an sind, und so ist das seit langer Zeit, so weit wir zurückdenken können.«
    Tuagh lehnte sich zurück und trank einen Schluck, bevor er entgegnete: »Und was wart ihr in der Zeit, die außerhalb eures Denkens liegt?«
    »Ich verstehe nicht …«
    »Eure Erinnerung wird ja wohl nicht bis an den Anbeginn aller Zeit zurückreichen. Also gibt es eine Zeit außerhalb eurer Erinnerung. Was wart ihr da?«
    »Ich weiß nicht«, gab Fionn verwirrt zu. »Vielleicht gar nicht.« Dann runzelte er die Stirn. »Es ist nichts Schlechtes daran, ein Sklave zu sein.«
    »Dem Anschein nach nicht, wenn man ein Bogin ist, der vielleicht auch einen Namen hat?«
    »Oh, Verzeihung, H … Tuagh, ich bin sehr unhöflich. Ich bin Fionn Hellhaar.«
    Der Wanderkrieger schmunzelte, und für einen Moment vertieften sich die Lachfältchen in seinen Augenwinkeln. Es musste eine Zeit gegeben haben, da er viel mehr gelächelt oder sogar gelacht hatte. »Wohlan, Fionn Hellhaar. Wie bist du überhaupt in den ganzen Schlamassel geraten?«
    »Ach herrje, diese lange Geschichte …«
    »Das scheint mir genau das Problem zu sein, denn ich glaube, sie macht deinen Kopf so voll, dass er schon ganz angeschwollen ist und bald platzt. Lass sie heraus, ich werde ihr auch nichts antun, sondern sie genau so belassen, wie sie ist. Es ist deine Geschichte.«
    »Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll … und da ist Cady … und meine Eltern …« Fionn schluckte tapfer die erneut aufsteigenden Tränen hinunter; alles zu seiner Zeit, und er wollte sich nicht restlos lächerlich machen. Zu einer Witzfigur, die die Bezeichnung »Bucca« verdiente. »Willst du sie wirklich
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