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Der Fluch der Halblinge

Der Fluch der Halblinge

Titel: Der Fluch der Halblinge
Autoren: Prisca Burrows
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perfekt im Umgang mit der Waffe und im Kampf, aber an diesem Platz war keiner streitbar. Wahrscheinlich waren sie alle froh um einen solchen Ort der Ruhe, an den sie sich zurückziehen konnten, ohne die Herausforderung eines übermütigen Draufgängers befürchten oder ihrem Ruf auf andere Weise gerecht werden zu müssen. Sie waren unter sich, konnten sich austauschen, die Zurückgezogenheit genießen, vielleicht auch einen Auftrag vermitteln.
    Vorsichtig nippte er an dem Bier; nach der Feier und dem morgendlichen Schrecken war ihm zunächst nicht danach, doch es schmeckte gut, frisch und würzig, und löschte schon nach wenigen Schlucken seinen brennenden Durst.
    »Es ist Speisebier«, erklärte sein Retter. »Du kannst es unbesorgt trinken.«
    Fionns Magen krampfte sich angesichts des warm duftenden dunklen Brotes und des kräftigen Schinkens zusammen, doch er wagte es nicht, sich gierig darauf zu stürzen. Dabei lief ihm das Wasser im Mund zusammen, und er stellte sich vor, seine Zähne in saftigen Teig zu graben und alles in sich hineinzuschlingen, was in den Mund passte.
    Sein Begleiter zog hinter seiner Taille ein scharfes Messer aus einer bisher verborgen gebliebenen Schlaufe an seinem Gürtel, schnitt ein Stück Brot und Schinken und legte es Fionn auf den Teller. »Nun greif schon zu, Junge, die Augen fallen dir fast aus dem Kopf, und du wirst gleich ohnmächtig.«
    »Danke«, stieß Fionn fast unhörbar hervor, seine Finger fühlten den warmen, weichen Teig, seine Nase sog den Duft nach Salz und Gewürzen ein. Er biss ein Stück Brot ab, dann ein Stück Schinken, und fühlte dankbar den Geschmack im Mund und ein erlösendes Rumpeln in seinem Magen, als er schluckte. Er war völlig ausgehungert und erschöpft, das wurde ihm jetzt bewusster als je zuvor, da nun die Anspannung von ihm abfiel.
    Bald darauf stand ein tiefer Teller, randvoll gefüllt mit dampfendem Eintopf vor ihm, und ein neuer Krug Speisebier. Fionn hatte das Gefühl, noch nie so glücklich gewesen zu sein. Er hatte natürlich wie jeder seines Volkes Essen und Trinken stets genossen, oft auch zelebriert, doch das hier, diese schlichte Mahlzeit zu irgendeiner Tageszeit, war etwas ganz Besonderes.
    »Warum … tust du das für mich?«, fragte er schüchtern, nachdem er die Hälfte seiner Mahlzeit vertilgt hatte und endlich langsamer essen konnte.
    »Das bin ich dir schuldig, denn du hast mir das Leben gerettet«, antwortete der Wanderkrieger. »Ich dachte mir schon, dass du in Schwierigkeiten geraten würdest, deswegen habe ich nach dir gesucht. Ich hatte vorher nur noch etwas zu erledigen. Ich bleibe nichts schuldig.«
    »Danke. Ja, ich habe zu danken. Auch, dass du mich nicht … ausgeliefert hast.«
    »Pah, unsere Sorte hat nicht viel übrig für die feinen Soldaten am Hofe. – Stimmt doch, oder?«, rief er plötzlich laut in die Runde und hob den Krug.
    »Aye, wahr gesprochen!«, kam es von verschiedenen Tischen zurück, und der Gruß wurde erwidert.
    Fionn betrachtete fasziniert die Elben, die selbst einen Ort wie diesen zum Leuchten brachten, selbst wenn sie nicht besser gekleidet waren als die anderen. »Ich wusste gar nicht …«
    »Die Spitzohren?«
    Fionn schnappte nach Luft ob dieser respektlosen Äußerung über die edlen Unsterblichen.
    »Die teilen sich in viele Stände auf, und diese da gehören zu den weniger Angesehenen. Ich glaube, man nennt sie sogar Braunelben.«
    »Aus der herrlichen Waldstadt Brandfurt!«, rief einer von ihnen herüber.
    »Oh, aus dem prächtigen Mittel des Südreiches, ein wahrhaftig weiter Weg. Slént, Brüder!«
    »Slént, Bruder Kurzohr!«
    Fionn spürte, wie er errötete. »Die hören wohl alles?«
    »Je spitzer die Ohren, desto feiner der Hörsinn. Außerdem entwickelt jeder Angehörige unserer Zunft mit der Zeit ein feines Gehör, das ist überlebenswichtig.« Der Wanderkrieger stieß Fionn leicht an und wies auf einige Plätze. »Übrigens sind nicht nur Männer hier, sondern auch ein paar Frauen. Hier und da, und dort auch.«
    Fionns Blick folgte den Fingerzeigen, und erst jetzt fiel es ihm auf. Menschen und Elben … »Und Zwergenfrauen?«, flüsterte er aufgeregt.
    »Die kriegst du nicht zu Gesicht, Kleiner, dieses Privileg ist nur wenigen Auserwählten vergönnt.«
    »Haben sie wirklich, äh, Bärte?«
    »Was fragst du mich?«
    »Du gehörst bestimmt zu den Auserwählten.« Fionn musterte seinen Retter kritisch. Dieser Mann war reich an Erfahrungen und Entbehrungen, wahrscheinlich war er schon
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