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Der Fluch der Druidin

Der Fluch der Druidin

Titel: Der Fluch der Druidin
Autoren: Birgit Jaeckel
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seines pumpenden Herzens. Jubel, der in Erschrecken umschlug. Seine linke Seite ein Quell warmer Flüssigkeit. Und in alldem …
    Sumelis’ Gesicht auf der Innenseite seiner Lider. Ihre dunklen Augen ein Brunnen aus samtener Tiefe, an dessen fernem Grund blaugrünes Feuer glomm.
    Atharics gestohlene Schutzwaffen und Tunika hatten ihn tatsächlich am linken Flügel der römischen Aufstellung vorbeigebracht, ohne aufgehalten zu werden. Erst als er auf gleicher Höhe mit der ersten Kampfeslinie war, lösten sich zwei Soldaten aus einer dreißig Mann starken Reitereinheit und hielten schräg auf ihn zu. Atharic drängte sein Pferd in Galopp und zog an ihnen vorbei, ihre Rufe im Rücken. Ein Speer sirrte hinter ihm her, aber da war er schon außer Wurfweite. Jetzt wurden einige Kimbern auf der anderen Seite, ebenfalls Berittene, auf ihn aufmerksam. Sobald sich Atharic ihnen daher näherte, nahm er den Helm ab, schleuderte den römischen Schild von sich, reckte die geballte Faust zum Himmel und stieß einen ohrenbetäubenden kimbrischen Kampfschrei aus. Die Nordmänner nahmen den Ruf begeistert auf, winkten ihm mit ihren Speeren zu und ließen ihn unbehelligt passieren. Wenig später lag die Front hinter ihm.
    Als Atharic auf seiner Suche von seiner Position im Rücken der kimbrischen Armee nach Norden blickte, bemerkte er eine weitere Staubwolke: jene Legionen, denen er am Beginn der Schlacht beinahe begegnet war. Offenbar hatten sie ihren Bogen beendet und näherten sich nun im Eilschritt, um in das Kampfgeschehen einzugreifen und die Kimbern zwischen ihrem geteilten Heer in die Zange zu nehmen. Immerhin war Atharic nicht der Einzige, der Marius’ Manöver bemerkte: Unter warnenden Rufen begannen die Kimbern ihre Aufstellung zu verschieben, gleichzeitig änderte sich der Klang der Schlacht, sie bekam einen schrilleren Ton. Hörner wurden hektischer geblasen, Triumphschreie und Kriegsrufe verstummten, machten Kreischen und dem Stöhnen der Verwundeten Platz. Schlagartig war über dem Tosen des Nordvolks der erbarmungslose Takt der römischen Legionen zu vernehmen, leise zunächst, doch ständig an Kraft gewinnend.
    Inzwischen hatte Atharic ein Wäldchen umrundet, an das sich ein niedergebranntes Feld anschloss. Hier stieß er auf eine Gruppe reich gewappneter Nordmänner. Die ganze Aufmerksamkeit der in einem Halbkreis Stehenden galt nicht den nahen Gefechten, sondern vielmehr zwei Männern in ihrer Mitte, die kämpften, als wären sie alleine auf der Welt, ungeachtet des Schlachtens, das sich ihnen mit der schwerfälligen Unaufhaltsamkeit einer Naturgewalt näherte.
    Atharic war zu weit entfernt, als dass seine Stimme an die Ohren der beiden Kämpfenden gedrungen wäre. Der Ruf stachelte sein ausgelaugtes Pferd zu noch größerer Geschwindigkeit an, aber plötzlich schien es wie durch einen zähen Brei zu galoppieren, gebremst von unsichtbaren Seilen, welche die Weite seiner Sprünge verkürzten und die Zeit in grausame Länge zogen. Atharics Herz setzte einen Schlag aus, als Nando unter einem Tritt zurücktaumelte, sich duckte, um einen Stoß von Boiorix’ Schildkante auszuweichen. Er öffnete den Mund, wollte Nando warnen, dessen Schwert hochkam, um einen Hieb zu blocken, der niemals kam. Stattdessen musste Atharic mit ansehen, wie Boiorix’ Klinge in den Körper seines Sohnes drang, zurückgezogen wurde, bereit für einen weiteren Stoß. Wie Nando wankte, sein Schwert fallen ließ und dann langsam in die Knie brach. Im selben Moment erreichten die hintersten Reihen der fliehenden Kimbern den Halbkreis aus Gefolgsleuten, deren aufflammender Beifall sofort von bellenden Befehlen erstickt wurde.
    Atharic war inzwischen nahe genug, dass sein Schrei Boiorix ablenkte. Der Kimbernkönig musste sich einen Arm an die Stirn legen, um sich den Schweiß aus den Augen zu halten. Als er erkannte, wer da auf ihn zukam, trat er vor Überraschung drei Schritte zurück und vergaß Nando, der schutzlos zu seinen Füßen lag. Ungläubigkeit verzog das faltenlose Gesicht des Kimbernkönigs, gefolgt von einem breiten Grinsen unendlicher Genugtuung.
    »Atharic«, knurrte er zur Begrüßung, den Geschmack des Namens auf den trockenen Lippen kostend. »Welche Überraschung! Die Götter erfüllen heute all meine Gebete. Wie oft habe ich mir dieses Aufeinandertreffen gewünscht!«
    Atharic achtete nicht auf ihn. Er zügelte sein Pferd neben dem zuckenden Körper seines Sohnes und sprang ab. Ein paar von Boiorix’ jüngeren Gefolgsleuten
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