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Der Flatbootmann

Titel: Der Flatbootmann
Autoren: Friedrich Gerstäcker
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erwarten darf, fremdes Wild zu finden. Freilich hatte er schon weiter oben am Strom gehört, daß es mit den Hirschen da unten sehr spärlich bestellt sei und es der Mühe nicht verlohne, im Sumpf nach ihnen zu jagen. Dafür gab es hier genug Alligatoren und doch wohl auch manches andere Getier, das zu sehen ihn freute. Jedenfalls wollte er sich den Sumpf einmal in der Nähe betrachten, denn Zeit hatte er genug.
    Ein schmaler, an beiden Seiten durch Fenzen begrenzter Fahrweg führte unfern davon gerade darauf zu, und Jack, der den Dackel erst über die Fenz heben mußte, schlenderte, mit dem kleinen Hund an seiner Seite, langsam darauf hin. Mrs. Poleridge hatte ganz recht gehabt: Jack war wirklich zum erstenmal in ›Südamerika‹ und alles hier eigentlich eine andere Welt für ihn. Das wunderliche, von den Bäumen in langen Festons niederhängende graue Moos, den sogenannten ›Spanischen Bart‹, hatte er allerdings schon weiter oben am Strom gesehen; ebenso die sonderbar gestalteten, schlanken Zypressen mit ihren pyramidenähnlichen Wurzeln. Aber schon die weiten, schattenlosen Baumwollfelder, in denen hier und da kleine Negertrupps verschiedenartig beschäftigt arbeiteten, waren ihm in dieser Ausdehnung neu, und die ungeheuren, von allen Baumstümpfen freien, trefflich urbar gemachten Felder interessierten ihn sehr.
    »Das ist freilich keine Kunst«, brummte er vor sich hin, indem er den Blick nach rechts und links hinüberschweifen ließ, »wenn wir ein paar hundert arme schwarze Teufel bei uns so wollten arbeiten lassen, ohne ihnen einen Cent Lohn zu zahlen, könnten wir auch solche Maisfelder haben. Ich wollte aber einmal sehen, wie das Land hier ausschauen sollte, wenn die weißen Faulenzer es selbst bearbeiten müßten. Verdammt will ich sein, wenn ich glaube, daß sie einen einzigen Ballen Baumwolle auf den Markt brächten! Und was für Boden haben sie hier - lauter Prachtland, wo der Pflug nur so durchläuft - und düngen dazu mit Schweiß und Blut - da soll's wohl wachsen! Kann mir aber nicht denken, daß ein Mensch Freude daran haben soll, solch ein Feld aufkeimen und reifen zu sehen - ich wenigstens möchte meine Hände nicht damit besudeln.«
    Die Sonne brannte auf den schattenlosen Pfad fast sengend nieder, und der junge Bursche schritt schärfer aus, um den schützenden Waldesschatten bald zu erreichen. Für so gering er die Entfernung aber am Anfang gehalten, so weit dehnte sie sich aus, da er sie nach Schritten messen mußte, und er war eine reichliche halbe Stunde marschiert, ehe er die letzte Fenzecke gewann.
    Hier hatte er erst noch einen nicht mehr breiten Wiesenplan mit kleinen, einzeln zerstreuten Büschen vor sich, dem sich rechts ein teichähnlicher, mit Wasser gefüllter Sumpf anschloß, während den Hintergrund der düstere, dichtverwachsene Wald bildete. Die Büsche lebten ordentlich von kleinen Singvögeln, besonders von den sogenannten Mockingbirds, die nachts ihren lieblichen Gesang hören lassen und die hier überall ihre Nester hatten. Er hielt sich aber doch nicht lange zwischen ihnen auf, sondern ging, so rasch er konnte, auf die nächste Waldecke zu, deren äußerste Bäume bis dicht an das Wasser liefen, um sich dort erst einmal vor allen Dingen auszuruhen und wieder abzukühlen. War doch selbst sein Büchsenlauf in der brennenden Sonne so heiß geworden, daß er nicht einmal mehr die Hand darauf leiden konnte.
    Auch der Dackel schien entsetzlich müde geworden zu sein und lechzte nach Wasser. Der kleine Hund mit seinen kurzen Beinchen war an Bord allerdings ein ruhigeres Leben gewöhnt und mochte jetzt auch wohl schon bereuen, mit seinem langbeinigen Freund eine solch entsetzliche lange Tour unternommen zu haben. Er blieb wenigstens sehr häufig stehen und sah zurück, als wenn er es sich eben nur überlege, ob er nicht selbst jetzt noch wieder umkehren solle. Der Weg zurück, und noch dazu allein, mochte ihm aber auch langweilig vorkommen; überdies sah er vor sich den Wald, witterte auch vielleicht das Wasser dort und folgte zuletzt immer wieder seinem selbstgewählten Herrn und Begleiter.
    Jack hatte sich am Fuß einer riesigen Zypresse lang ausgestreckt, und der Dackel nahm indessen dicht neben ihm ein Bad, das ihm außerordentlich zu behagen schien. Dabei zog er aber fortwährend die Luft ein, die von dem Sumpf herüberwehte, und als er wieder an Land gekommen war, lief er noch immer am Ufer auf und ab und windete nach dem Wasser hinüber, von wo aus ihm jedenfalls
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