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Der fingerkleine Kobold

Der fingerkleine Kobold

Titel: Der fingerkleine Kobold
Autoren: EDITION digital Verlag
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nur zu Christoph. Er nickte ihm anerkennend
und auch ein wenig traurig zu. Auf Wiedersehen, Strups, dachte Christoph.
    „Auf Wiedersehen, Christoph", sagte Strups.
    „Er ist fort!", rief Christoph laut und war nun doch
erschrocken und traurig. „Er hat mir eben auf Wiedersehen gesagt!"
    Da klatschten alle Kinder, denn sie dachten, das war der Schluss
von Christophs Geschichte.
    Der fingerkleine Kobold saß nicht mehr auf dem Tisch.

Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen
    Wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen, gibt es: einen
Berg, einen Wald und das Haus von Andreas’ Großvater. Und in den Ferien gibt es
dort den siebenjährigen Andreas. Andreas’ Eltern meinen, Großvater wohne leider
dort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Sie fahren darum im Urlaub
lieber auf einen Zeltplatz. Oder ins Ausland.
    Aber Andreas fährt zum Großvater. Ihm gefällt es dort so gut
wie nirgendwo. Berg, Wald und Haus stehen nicht etwa schön nebeneinander,
sondern ganz und gar durcheinander: Der Wald steht auf dem Berg und um den Berg
herum, und das Haus steht im Wald, vor dem Berg. Oder hinter dem Berg — je
nachdem, aus welcher Richtung man kommt. Der Hase zum Beispiel kommt von
Norden, für ihn steht es hinter dem Berg. Aber der Fuchs kommt von Süden. Und
weil vor dem Berg das Haus steht, muss er jeden Abend einen großen Bogen
schlagen, damit ihn Andreas’ Großvater, der Förster, nicht sieht. Deshalb kommt
der Fuchs immer ein wenig später auf dem Berg an als der Hase. Das ist sehr
wichtig für den Hasen. Denn der Fuchs ist listig und möchte den Hasen gern zum
Abendbrot verspeisen, obwohl er gute Nacht zu ihm sagt. Der Hase ist klug: Er
traut dem Fuchs nicht und nimmt sich in Acht; trotzdem sagt er ihm gute Nacht,
denn er will es nicht mit ihm verderben, und er wünscht ihm auch keine
schlechte Nacht.
    Andreas möchte unbedingt einmal mit eigenen Ohren hören, wie
sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen. Darum schleicht er jeden Abend den Berg
hinauf, legt sich unter eine Fichte, die ihre Äste über ihm ausbreitet wie eine
Zeltplane, und wartet. Manchmal sieht er den Hasen. Der hoppelt gemächlich
durch das Gras, setzt sich auf die Hinterbeine, richtet die Löffel steil in die
Höhe, und plötzlich zuckt er zusammen, schlägt einen Haken und ist
verschwunden. Manchmal sieht Andreas auch den Fuchs, wie er eilig unter den
Bäumen entlangschnürt, und die prächtige rotbraune Lunte mit der weißen Spitze
gleitet ihm nach. Dann liegt Andreas ganz still und denkt: Was hat der Fuchs
doch für einen wuschligen, freundlichen Schwanz!
    Aber noch nie hat Andreas gehört, dass der Fuchs und der
Hase sich gute Nacht sagen! Da hört er eines Tages den Großvater vor sich hin
brummeln: „Heut erwisch ich dich aber, Reineke!“
    Andreas erschrickt sehr. Wenn der Großvater den Fuchs
totschießt, können Fuchs und Hase sich nicht mehr gute Nacht sagen. Und wo
wohnt der Großvater dann? Wenn nun aber der Fuchs den Hasen frisst? fällt
Andreas plötzlich ein. Vielleicht schlägt der Hase einmal nicht rechtzeitig
diesen geschickten Haken? Und da denkt sich Andreas einen klugen, listigen Plan
aus. Er fragt den Großvater ganz nebenbei, wo er denn dem Fuchs auflauern
wolle.
    „Na, bei den alten Eichen“, sagt der Großvater, „da kommt er
doch jeden Abend vorbei.“
    „Aha“, sagt Andreas. Und mehr nicht. Er tut so, als ob ihn
das nun gar kein bisschen mehr interessiere. Doch lange, bevor der Großvater
seine Flinte umgehängt hat, schleicht Andreas schon durch den Wald und legt
sich ein Stück vor den alten Eichen auf die Lauer. Da kommt auch schon der
Fuchs. „Hallo, Reineke“, ruft Andreas, „nimm einen anderen Weg, sonst brennt
dir mein Opa eins aufs Fell, aber friss ja nicht den Hasen, denn dann helf’ ich
dir nie wieder!“
    Der Fuchs hat gestutzt: Ohren gespitzt, Lunte hochgestellt,
und ist dann wie ein rotbrauner Blitz zwischen den Bäumen verschwunden. Und
dabei hat er mit dem Kopf genickt, Andreas hat es genau gesehen!
    Manchmal, wenn er abends noch nicht einschlafen kann, dann
glaubt er sich sogar zu erinnern, dass der Fuchs gesagt hat: Einverstanden,
Andreas, und schönen Dank! Deshalb ist sich Andreas ganz sicher: Mag der Fuchs
auch alle möglichen Tiere fressen — schließlich soll er nicht hungern —, aber
diesen Hasen wird er nicht anrühren. Und also werden sich Fuchs und Hase immer
gute Nacht sagen können, auf dem Berg im Wald, dicht beim Haus von Andreas’
Großvater.

Elke Nagel

    Elke Nagel, geborene
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