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Der falsche Mörder

Der falsche Mörder

Titel: Der falsche Mörder
Autoren: Stella Blómkvist
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gefragt in seinem Freundeskreis.«
    »Im Moment ist sein Typ allerdings nicht nur bei seinen Freunden gefragt, wie mir scheint. Ansonsten klingst du wie der Vorsitzende seines Fanclubs.«
    »Ich werde diesen Mann immer schätzen, was auch passieren mag.«
    »Bist du so sicher? War es nicht einer von euren Knaben, der seinen Herren drei Mal verriet?«
    Pfarrer Gudleifur stöhnt. »Ich bestreite nicht, dass wir alle unsere schwachen Stunden haben.«
    Auf dem Weg durch den langen Flur bei der Kripo gucke ich bei Raggi rein. Er ist endlich auf dem Weg nach oben im Polizeiapparat. Ist Oberkommissar geworden.
    Als ich ohne anzuklopfen seine Tür öffne, sitzt er am Computer und versucht, mit zwei Fingern einen Bericht zu tippen.
    Sein vorgewölbter Bauch stößt an die Tischkante.
    Er hat, trotz immer neuer Versuche Gewicht zu verlieren, nicht abgenommen. Andererseits werden seine Haare auf dem Kopf immer weniger.
    Raggi guckt ganz automatisch zur Seite, als ich hereinkomme. Glotzt mich eine Sekunde an, aber ist in Gedanken ganz offensichtlich noch beim Bericht.
    Sein Farbgeschmack ist auch nicht besser geworden.
    Oje!
    »Hast du diese roten Hosenträger geschenkt bekommen?«, frage ich.
    Er wirft einen schnellen Blick auf seine Brust. Lehnt sich dann in seinem Stuhl zurück. Guckt mich beleidigt an. »Sind sie nicht schick?«
    Ich schüttele den Kopf.
    »Mir ist ganz egal, was du findest«, fährt er fort und wedelt mich mit der Hand weg von sich. »Lass mich in Ruhe.«
    »Raggi, Herzchen, glaubst du, ich bin hierher gekommen, um mich zu amüsieren? Und dazu auch noch in dieser lausigen Gesellschaft? An einem Sonntag?«
    »Was willst du?«
    »Adalgrímur Sunndal treffen.«
    Zuerst ist er sprachlos. Dann lacht er lauthals.
    »Habe ich irgendwas Witziges gesagt?«
    »Du und Adalgrímur?« Raggi tut so, als wäre er empört. »Der ist aber tief gesunken.«
    »Er will nur das Beste, Herzchen. Deshalb wendet er sich natürlich an mich.«
    Ich erlaube Raggi, sich eine Weile zu amüsieren. Verlange dann die Unterlagen des Falles. Und ein Gespräch mit Adalgrímur.
    »Wir sind noch dabei, die ersten Vernehmungsprotokolle einzugeben«, sagt er. »Aber hier hast du schon mal die Fotos vom Tatort.«
    »Der sich wo befindet?«
    »Im neuen Haus des Obersten Gerichts, genau genommen in Adalgríms Büro in der obersten Etage.«
    Das erste Foto wurde beinahe direkt über einem Mädchen aufgenommen, das auf einem blau bezogenen Sofa auf dem Rücken liegt.
    Sie hat eine schwarze Lederjacke an, die vorne offen ist. Trägt einen winzigen Slip. Einen Büstenhalter, der fast durchsichtig ist. Und teure, hochhackige Schuhe. In Blutrot.
    Sie ist vermutlich Mitte zwanzig. Fachmännisch geschminkt. Mit langem dunklem Haar. Hellrosa Lippen. Schönem Körper.
    Sexy.
    Die leblosen Augen sind geöffnet. Sie scheinen direkt in die Linse zu starren.
    »Wie ist sie gestorben?«
    »Wir warten noch auf den vorläufigen Obduktionsbericht«, antwortet Raggi, »aber alles weist darauf hin, dass sie mit einem Messer oder ähnlichen scharfen Gegenstand in die Brust gestochen wurde. Du siehst es besser auf den anderen Bildern.«
    Uff!
    Die Goldjungs haben Nahaufnahmen von den Verletzungen am Brustkorb gemacht. Blut ist aus einer Stichwunde auf der linken Seite des Mädchens gesprudelt. Ist erst auf das Sofapolster und von da aus auf den Fußboden geflossen. Eine große, dunkle Blutlache befindet sich unter dem Sofa.
    »War die Mordwaffe am Tatort?«
    »Nein, wir suchen sie immer noch.«
    »Wer ist das Opfer?«
    »Sjöfn Saeunnardóttir. Sie soll als Schauspielerin und Tänzerin gearbeitet haben, wie uns mitgeteilt wurde.«
    »Tänzerin?«
    »Ja, sie soll ab und zu mal mit der Säule gespielt haben.«
    »Welche Verbindungen hat sie zu Adalgrímur?«
    »Abgesehen davon, dass sie ermordet auf dem Sofa in seinem Büro im Haus des Obersten Gerichts aufgefunden wurde?«, fragt Raggi und grinst.
    »Musst du so sarkastisch sein?«
    Raggi steht auf. Streckt sich. Schiebt dabei seine Wampe in die Luft.
    »Du bist doch hergekommen, um deinen Mandanten zu treffen, oder?«, sagt er und watschelt lahm am Schreibtisch vorbei auf die Tür zu. »Dann frag ihn doch selber.«

3. KAPITEL
    S ie lassen mich im Gesprächszimmer warten.
    Die Goldjungs.
    Fast eine Viertelstunde.
    Nur um mich zu ärgern.
    Ich bin daran gewöhnt, Adalgrímur im Obersten Gericht thronen zu sehen. Im meeresgrünen Kupferpalast am Arnarhól.
    Herausgeputzt in der königsblauen Robe der Macht.
    Überheblich
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