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Der Experte: Thriller (German Edition)

Der Experte: Thriller (German Edition)

Titel: Der Experte: Thriller (German Edition)
Autoren: Mark Allen Smith
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sprengte alle Register. Mit einem weiteren Wuchten brachte er den Körper ganz an sich heran. Er gab sich keine Mühe, einen Puls zu suchen – der Winkel von Victors Kopf schloss alle physischen Zustände außer einem aus. Er zog die Schlüssel aus der Tasche und ließ sich auf den Hintern sacken. Seine Hände brannten, und es bedeutete einen Kampf, den Schlüssel in seine Fußschelle einzuführen.
    »Mach schon, du Scheiß…«
    Der Schlüssel glitt ins Schloss, Harry drehte ihn um, und die Schelle öffnete sich mit einem Schnappen. Er löste sie und kroch rasch zu Matheson, drehte ihn sanft auf den Rücken und hob ihn dann in eine halb sitzende Haltung. Das Messer steckte so tief, dass nur wenig Blut aus der Wunde drang. Auf dem Kragen ringsum breitete sich langsam ein roter feuchter Fleck aus.
    »David … kannst du …«
    »Zieh … es … nicht … raus. Verliere … dann … mehr … Blut.« Matheson schlug die Augen auf. »Hab … ich … gelesen.«
    Matheson packte kraftlos Harrys Hand. Sein Atem war so flach, dass Harrys Keuchen ihn fast übertönte.
    »Keine Sorge, David. Das lass ich sein.«
    Harry spürte ihre Gegenwart: eine gespenstische Gemeinde, mit traurigen Gesichtern, gläubige, warme Herzen. Sie kamen, um an dem Leid teilzunehmen und zu kondolieren. Und sie würden ihn für die Mordtat nicht verurteilen. Ihnen war klar, dass der letzte Atemzug immer nur einen Augenblick entfernt war.
    »Harry …«
    »Was?«
    »Du bist … ein guter Mann.«
    »Du solltest nicht reden, David.« Harry hörte das hohle Echo der Trauer in der eigenen Stimme. Er trauerte bereits. Aus dem Augenwinkel entdeckte er etwas, das auf dem Boden lag. Victors Glock.
    »Es tut mir leid, David«, sagte er, und sein Seufzer drang aus tiefstem Herzen hervor.
    Matheson schloss wieder die Augen. Sein Seufzer klang ganz anders als bei Harry – fast schwerelos und beschwingt. Und dann hörte er auf zu atmen.

35
    Dalton schwenkte das Skalpell in der Alkoholflasche, und die Flüssigkeit nahm einen Rosastich an. Den amputierten Finger hatte er mit einem quadratischen Stück Mull als Unterlage auf den Servierwagen gelegt. Er ging zu seinem Klappstuhl, setzte sich und musterte Geiger.
    Gesicht und Körper passten nicht zusammen. Die Glieder waren ausgestreckt und entspannt, der Kopf ruhte reglos auf der Stütze. Doch das Gesicht war von Schmerz verzerrt, die Muskeln darin zuckten und spannten sich, gruben Linien ins Fleisch und löschten sie wieder.
    »Sagen Sie mir, wie Sie sich fühlen, Geiger.«
    Das Gefühl war neu und erfüllend. Geiger lag auf Dr. Corleys Couch und wartete auf die weise, traurige Stimme.
    »Sagen Sie mir, wie Sie sich fühlen.«
    »Ich habe Schmerzen, Martin. Überall.«
    »Von Ihrer Hand?«
    »Nein. Die Hand tut weh, aber ich meine etwas anderes.«    
    »Können Sie es beschreiben?«
    »Es ist kein Schmerz, den ich beherrschen könnte.«
    »Glauben Sie, es könnte Traurigkeit sein?«
    »Das weiß ich nicht, Martin. Woher soll ich es wissen?«
    Dalton stieß Geiger gegen das Knie. »Geiger … sagen Sie mir, was Sie empfinden.«
    »Ich habe Schmerzen. Überall.«
    Dalton nickte. »Gut. Das ist gut. Noch etwas?«
    Geiger öffnete die Augen. »Ich würde es lieber nicht noch einmal tun.«
    Dalton nickte erneut. »Noch besser.« Er hielt Geiger das Skalpell hin. »Gleiche Hand – oder die andere?«
    Zanni erhob sich aus der Hocke und blickte durch das offene Küchenfenster, dann kletterte sie hindurch und ließ sich lautlos heruntergleiten, die Beretta an der Seite. In ihrem Kopf gab es nur hinein, erledigen, hinaus. Bis dahin war kein Raum für andere Gedanken.
    Sie bewegte sich auf Katzenpfoten den Korridor entlang. Als sie sah, dass die Tür offen stand, wurde sie langsamer. Sie hob die Waffe und blieb am Eingang stehen, dann schwenkte sie hinein – und sah die schreckliche Szene.
    Victor lag am Boden, die Augen aufgequollen, das Gesicht blau, die Hände an den Schnüren, die sich in seinen Hals gegraben hatten. Matheson lag auf dem Rücken, die Arme über der Brust gefaltet. Er blutete noch. Harry war verschwunden.
    Sie atmete langsam ein. Die Zahl der Toten stieg. Eine blutige Flut.
    Mit dem Skalpell klopfte Geiger gegen den lackierten Fingerstumpf. Die Glasur war steinhart.
    »Sie haben recht«, sagte er. »Ein ausgezeichnetes Produkt.«
    All seine Systeme hatten das gleiche Niveau gefunden, auf dem sie herunterfahren und dennoch funktionieren konnten – knapp hinter dem halben Weg
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