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Der Eunuch

Titel: Der Eunuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johannes Tralow
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Staatsgeheimnis sein? Das hätte man mir doch vorher sagen müssen. Nicht wahr, Hoheit?“
    Statt des Prinzen griff die Gräfin ein.
    „Ich meine auch, Herr von Talmann, Sie hätten besser vorher mit der Baronin gesprochen, das hätte uns Inkommodationen erspart“, bemerkte die Batthany kühl, und - was für Talmann schlimmer war -der Prinz schien ähnlich zu denken.
    „Jedenfalls bitte ich die Damen und Herren“, sagte er, „alles, was hier gesagt wurde, zu vergessen.“
    Mit diesen Worten Seiner Hoheit hätte die Konferenz eigentlich zu Ende sein können, aber dagegen lehnte Talmann sich auf.
    „Hoheit wollen allergnädigst verzeihen; aber ich bin noch nicht fertig.“ „Nicht. ..?“ sehr gedehnt kam das vom Herrn des Hauses, als er sich zögernd wieder setzte, und die Aufforderung fortzufahren klang nicht gerade gnädig: „Bitte, Herr Hofkriegsrat.“
    „Darf ich mir die Frage erlauben, Frau Baronin von Zay“, begann Talmann fast feierlich, „auf welche Weise Sie die Baronesse Andlaw kennenlernten und wie lange das ungefähr her sein mag?“
    „Gar nicht lange! Auf meiner Reise nach Wien - auch die Baronesse wollte hierher - trafen wir uns nachts in Neuhäusel beim Pferdewechsel. Fräulein Juliennes Leute halfen uns mit einer Ersatzachse aus. In der Pferdehalterei wird man sich erinnern. Natürlich bedankte ich mich. Hätten Sie es nicht getan?“ Paulas Spott war nicht zu überhören. „Nun ja, auf diese Weise lernten wir uns eben kennen.“
    Sie war sehr mit sich zufrieden. Sie hatte übersehen, daß sie sich mit diesen Worten möglicherweise eine Blöße gegeben hatte. Der Prinz bemerkte diese Möglichkeit. Den Namen ihres Onkels Andlaw hatte Julienne in Neuhäusel noch gar nicht geführt. Wenn Paula ihn also kannte..."
    „Eine Frage, Madame“, bat der Prinz. „Gab die Baronesse ihren Namen und ihre Adresse an?“
    Paula jedoch witterte Unrat und faßte sich sofort.
    „Dazu kam es nicht erst“, sagte sie. „ Iich nannte mein Gasthaus, und die drei kümmerlichen Buchstaben meines Namens waren rasch buchstabiert. Dann zogen die Pferde an, und lange Zeit hörte ich nidits. Schon dachte ich, meine neue Bekanntschaft habe mich vergessen. Höflicher wäre es schon gewesen, unsere liebe Julienne hätte sich eher gemeldet. Iich bin immerhin eine verheiratete Frau! Aber dann bekam ich schließlich doch ihren Brief. Und gleich bei meiner ersten Visite hatte ich das Glück, der verehrten Frau Gräfin vorgestellt zu werden.“
    Gegen diese Darstellung sei nidits einzuwenden, fand Paula. Herr von Talmann dagegen hielt den Augenblick zum Ausspielen seiner Trümpfe für gekommen.
    „Das war Ihr erster Besuch im Hause Andlaw?“ fragte er.
    „Ich sagte doch: mein erster!“ erwiderte Paula spitz.
    „Und wie nennen Madame“, fuhr Talmann unbeirrt fort, „Besuche, die Madame in kurzen Röcken mit weißem Häubchen auf einer blonden Perücke und am Arm einen Austragekasten abstattet? Ganz früh. Die Baronesse nahm gerade ihr Bad. Madame gaben vor, vom Modesalon Fournier aus der Kärntner Gasse zu kommen.“
    Wahr oder nicht wahr — für den Herrn Residenten lag der Fall deswegen so ungünstig, weil er nicht mit Daumschrauben zu klären war. Außerhalb seiner Vorstellungswelt aber geriet Talmann einer Paula Zay gegenüber unfehlbar ins Hintertreffen.
    „Bitte, Gräfin“, wandte sie sich süß an die Batthany, „kennen Sie einen Modesalon Fournier in der Kärntner Gasse?“
    „Den gibt es ja gar nicht. Iich muß sagen, Talmann, was Sie da Vorbringen, ist ungereimt.“
    Der Ärmste hätte sich vorher sagen sollen, daß Küchenklatsch, gegen Damen aus des Prinzen Umgebung vorgebracht, nichts beweisen würde. Mochte die weibliche Logik auch etwas schwach sein - Talmanns Beweise, die das gerade erhärten sollten, waren nicht stärker. Und nun meldete sich auch noch Julienne. Es hätte ihm nichts Schlimmeres widerfahren können.
    „Herr von Talmann hat so viel und so interessant gefragt“, sagte sie, „daß es ihm sicher ein Vergnügen sein wird, auch einmal zu antworten?“
    „Wie es der Dame beliebt.“
    Er sagte ,der Dame', weil er auf diese Weise Worte wie ,Baronesse“ oder ,Prinzeß“ vermeiden konnte.
    „Erinnert sich der Herr noch jener ersten Begegnung zwischen ihm und mir?“
    „Im Hause des Baron Andlaw?“ fragte er zurück.
    „Nein, in Konstantinopel.“
    „In Konstantinopel?“ Talmann war ehrlich erstaunt. Fieberhaft durchstöberte er sein Gedächtnis und kam zu dem Schluß, daß er

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