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Der Esper und die Stadt

Der Esper und die Stadt

Titel: Der Esper und die Stadt
Autoren: Katherine McLean
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zu re­den, weil ich so laut lach­te. La­chen ver­treibt im­mer­hin die Geis­ter der Ver­zweif­lung. „Für dei­nen Typ! Ho­ho! Zeig mir einen, der dir äh­nelt. Ha­ha! Igno­rie­ren? Mensch, wenn ir­gend­ei­ner dei­ne Ge­dan­ken auf­fan­gen wür­de, gin­ge er ge­ra­de­wegs zum Psych­ia­ter. Er wür­de glau­ben, er hät­te ’ne Schrau­be lo­cker.“
    Vor uns er­schie­nen die großen „14“-Schil­der, die be­sag­ten, daß wir uns der 14. Stra­ße nä­her­ten. Ich lös­te die ver­bun­de­nen Ses­sel, und wir glit­ten zur Sei­te, wech­sel­ten auf lang­sa­me­re Spu­ren und fuh­ren schließ­lich berg­auf.
    Wir hiel­ten an. Auf der lang­sa­men Spur, die an uns vor­bei­lief, knie­te ein Mäd­chen seit­wärts auf ei­nem Ses­sel. Ich dach­te zu­erst, sie wür­de ihr Schuh­band rich­ten, aber als ich zu­rück­schau­te, sah ich, daß sie nicht saß, son­dern lag. Sie hat­te sich ganz zu­sam­men­ge­rollt und lutsch­te an ih­rem Dau­men. Zu­rück­ent­wick­lung. Rück­zug in die Kind­heit. Sie gab sich ge­schla­gen.
    Ir­gend­wie er­zeug­te dies einen Angst­schau­er in mir. So leicht soll­te man nun doch nicht auf­ge­ben. Ah­med war aus sei­nem Ses­sel ge­sprun­gen und hat­te schon den hal­b­en Weg zu den Stu­fen zu­rück­ge­legt, die sich am En­de der Hal­te­stel­le be­fan­den.
    „Ah­med!“ schrie ich.
    Er wand­te sich um und sah das Mäd­chen. Lang­sam glitt sie in ih­rem Ses­sel auf der lang­sa­men Spur da­von.
    Ah­med wink­te mir, daß ich ihm fol­gen sol­le, und rann­te die Trep­pe hin­auf. „Komm schon“, rief er zu­rück. „Be­vor es schlim­mer wird!“
    Als ich oben raus­kam, sah ich ihn ge­ra­de in der Whi­te-Hor­se-Ta­ver­ne ver­schwin­den. Ich lief den Block hin­un­ter und trat hin­ter ihm ein. Hier herrsch­te küh­ler Schat­ten Die Wän­de wa­ren mit Holz ver­klei­det. Nichts schi­en sich zu be­we­gen. Lang­sam ge­wöhn­ten sich mei­ne Au­gen an das Licht, und ich sah Ah­med an der The­ke ste­hen. Er hat­te die Ell­bo­gen auf­ge­stützt, nipp­te an ei­nem Bier und un­ter­hielt sich mit dem Bar­mann über das Wet­ter.
    Es war zu­viel für mich. Die Welt war auf die­se und Ah­med auf je­ne Wei­se völ­lig aus dem Häus­chen. Ich sah da nicht mehr durch, ich hät­te Ah­med eins auf die Rü­be ge­ben kön­nen.
    Ob­wohl ich Durst hat­te, sah ich kei­nen Grund, in der nä­he­ren Um­ge­bung die­ses Ir­ren et­was zu es­sen oder zu trin­ken. Ich bau­te mich ein gu­tes Stück ent­fernt von ihm auf, stemm­te die Ell­bo­gen auf die The­ke und rief dem Bar­mann zu: „Ein klei­nes Bock zum Mit­neh­men.“ Dann deu­te­te ich mit ge­neig­tem Kopf auf Ah­med. „Er wird’s be­zah­len.“
    Ich hat­te ganz nor­mal ge­spro­chen, aber der Bar­mann sprang auf und be­eil­te sich un­heim­lich. Er schob ei­ne Fla­sche in ei­ne brau­ne Pa­pier­tü­te, stell­te sie vor mich hin und be­strich die The­ke mit Holz­po­li­tur.
    „Schö­nes Wet­ter“, sag­te er und mus­ter­te sei­nen La­den mit ge­beug­ten Schul­tern. Dann sah er hin­ter sich. „Ich wünsch­te, ich konn­te ein biß­chen an der fri­schen Luft Spa­zie­ren­ge­hen. Sind Sie schon mal hier­ge­we­sen?“
    „Ein­mal“, sag­te ich und nahm die Tü­te. „Hat mir gut ge­fal­len.“ Ich dach­te an die Leu­te, mit de­nen ich das Lo­kal zum ers­ten Mal be­sucht hat­te. Jean Fitz­pa­trick – sie hat­te mir auf ei­ner Par­ty ein paar von ih­ren Ge­dich­ten ge­zeigt – und ein an­de­rer net­ter Bur­sche, ihr Ehe­mann. Mort Fitz­pa­trick hat­te auf sei­ner Quer­flö­te ei­ne Ei­gen­kom­po­si­ti­on ge­spielt, als wir zur Ta­ver­ne rü­ber­ge­gan­gen wa­ren. Ein paar von ih­ren bär­ti­gen Freun­den wa­ren auch da­bei­ge­we­sen und hat­ten so ko­mi­sche phi­lo­so­phi­sche Ge­sprä­che ge­führt und Trip-Er­fah­run­gen aus­ge­tauscht. Das Mäd­chen hat­te mir er­zählt, daß sie und ihr Mann ein Haus in der Nach­bar­schaft hät­ten, und mich zu ei­ner Par­ty ein­ge­la­den, was ich ab­lehn­te, wor­auf­hin sie sag­te, ich kön­ne je­der­zeit bei ih­nen rein­se­hen.
    Ich wuß­te, daß sie es da­mit ehr­lich mein­te, denn die­se Leu­te, die Kunst und ko­mi­sche Bü­cher sam­meln, statt sich zu com­pu­ter­ge­steu­er­ten
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