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Der erste Weltkrieg

Der erste Weltkrieg

Titel: Der erste Weltkrieg
Autoren: Volker Berghahn
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um den Aufständischen das Handwerk zu legen. Seine Vertrauten erklärten ihm daraufhin, dass es keine Truppen mehr gebe, die ihm folgen würden. Denn inzwischen befand sich die Armee im Zustand völliger Auflösung. Die Soldaten marschierten einfach nach Hause. Da der Monarch nun auch für die Armee zu einer Belastung geworden war, überredeten ihn seine Generäle abzudanken. Dann schoben sie ihn bei Nacht und Nebel über die holländische Grenze ins Exil ab. Nach dem Zusammenbruch des Habsburger Reichs bestand auch das deutsche Kaiserreich nicht mehr.

    Am 9. November rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann vor einer jubelnden Menge in Berlin die Republik aus. Ähnlich wie in Russland 1905 und 1917 bildeten sich Anfang November überall in Deutschland Arbeiter- und Soldatenräte. Zwar rief Prinz Max als Reichskanzler der konstitutionellen Oktober-Monarchie Ebert zu sich, nachdem er ohne Rücksprache mit Spa die Abdankung des Kaisers verkündet hatte. Doch hatte er zu dieser Proklamation ebenso wenig das Recht wie das, Ebert die Regierungsbefugnisse zu übertragen. Auch die anderen gekrönten Häupter des Reiches zogen sich wie Wilhelm II. zurück – der sächsische König mit der Bemerkung, die Nachkommenden sollten doch ihren «Dreck alleene» machen. Mit der Abdankung Wilhelms II. und der Verkündung der Republik lag die Macht auf der Straße. Sie wurde von den Arbeiter- und Soldatenräten aufgegriffen, die durch ihre Wahl in den Fabriken und Regimentern eine einigermaßen solide demokratische Legitimation besaßen. Doch wollten sie diesenicht selber ausüben oder, wie im Februar 1917 in Russland, mit einer Provisorischen Regierung teilen.
    Stattdessen waren sie bereit, alle Befugnisse an eine Koalition der beiden großen Arbeiterparteien, der SPD unter Ebert und der 1917 gegründeten Unabhängigen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (USPD) unter Hugo Haase, zu delegieren. Dieser Akt erfolgte am 10. November in Berlin zusammen mit der Konstituierung eines Rates der Volksbeauftragten – einer aus der Revolution entstandenen Exekutive, die die Aufgabe hatte, das Chaos der Niederlage zu bändigen und eine neue republikanische Verfassungsordnung zu errichten.
3. Friedensschluss
    Diese große Aufgabe erwies sich einmal deshalb als schwierig, weil der wirtschaftliche Zusammenbruch inzwischen so gut wie total war. Die Produktion stand praktisch still. Die Menschen demonstrierten auf den Straßen. Die Teuerung und der Kauf der Kriegsanleihen, die jetzt noch rapider an Wert verloren als vor 1918, hatten die Sparguthaben der Mittelklassen dezimiert.
    Zum Zweiten ging die Polarisierung der politischen Kräfte weiter. Den einen stand der Verlauf der russischen Revolution als Vorbild vor Augen. Sie hofften, die Entwicklung wie dort 1917 mit Hilfe der Rätebewegung zu radikalisieren und damit die Hebel für eine soziale Revolution zu gewinnen. In den Großstädten fanden diese sich im Spartakusbund sammelnden Kräfte unter den Arbeitern einigen Zulauf, während andere der Räte, vor allem in den Provinzen, mehr und mehr nach rechts rückten. Ihre Mitglieder traten angesichts des Chaos dafür ein, so schnell wie möglich Ruhe und Ordnung wiederherzustellen. Ihnen stand die russische Entwicklung des Vorjahres wie ein Schreckgespenst vor Augen.
    Diese Furcht trieb auch die Bürokraten, Unternehmer und Generäle um, die sich mit den Folgen des militärischen und politischen Zusammenbruchs konfrontiert sahen. So kam es, dass Ebert mitten im Drama des politischen Umbruchs am 10. November 1918 einen Anruf von Groener erhielt, der ihm Hilfeanbot für den Fall, dass sein Rat der Volksbeauftragten Truppen und Waffen gegen die Spartakisten benötigte. Da die reguläre Armee nicht mehr existierte, dachte er an Freiwilligeneinheiten, die von Berufsoffizieren befehligt und von der Industrie bezahlt werden sollten. Ebert – selber von dem Albtraum einer möglichen russischen Entwicklung in Deutschland verfolgt – nahm das Angebot an.
    Die Unternehmer als die Dritten im Bunde wurden auch gegenüber den sozialdemokratischen Gewerkschaften aktiv. Am 15.November schloss Hugo Stinnes namens der Industrie mit dem Gewerkschaftsführer Carl Legien ein Abkommen, das einer Stabilisierung der Wirtschaft den Weg ebnen sollte. Die Unternehmer boten den Arbeitern die Einführung des Achtstunden-Tages. Im Gegenzug sollten die Gewerkschaften auf ihre Forderung einer Sozialisierung der Industrie verzichten.
    Durch diese Bündnisse war das
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