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Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu

Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu

Titel: Der Erdsee Zyklus Bd. 4 - Tehanu
Autoren: Ursula K. LeGuin
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Zeitlang schwer wurde, während die Tage länger und heller wurden. Dann kamen die Schwalben von den Inseln unter der Sonne, vom Südbereich, wo der Stern Gobardon im Sternbild des Endes leuchtet; doch alle Gespräche der Schwalben untereinander drehten sich um den Anfang.

Der Hausherr
    MIT DER RÜCKKEHR des Frühlings flogen die Schiffe wie die Schwalben zwischen den Inseln hin und her. In den Dörfern erfuhr man aus Thalmund, daß die Schiffe des Königs die Plünderer plünderten, alteingesessene Seeräuber in den Ruin trieben und ihre Schiffe und Vermögen beschlagnahmten. Lord Heno schickte persönlich seine drei besten, schnellsten Schiffe unter dem Zauberer-Piraten Tally aus, den jedes Handelsschiff zwischen Soléa und Andrad fürchtete; seine Flotte sollte vor Oranéa den Schiffen des Königs einen Hinterhalt legen und sie vernichten. Doch es war eines der Schiffe des Königs, das mit dem in Ketten gelegten Tally an Bord in den Hafen von Thalmund einlief und den Befehl hatte, Lord Heno nach Gonthafen zu bringen und ihm dort wegen Piraterei und Mordes den Prozeß zu machen. Heno verbarrikadierte sich in seinem aus Steinen erbauten Herrenhaus in den Hügeln hinter Thalmund; weil warmes Frühlingswetter herrschte, dachte er jedoch nicht daran, Feuer zu machen; darauf fielen fünf oder sechs der jungen Soldaten des Königs durch den Kamin in sein Haus ein, und man führte ihn in Ketten durch die Straßen von Thalmund und stellte ihn vor Gericht.
    Als Ged davon erfuhr, stellte er voll Liebe und Stolz fest: »Er wird alles richtig machen, wie es ein König tun muß.«
    Flinko und Rauh waren sofort über die Nordstraße nach Gonthafen gebracht worden; als Hechts Wunden halbwegs verheilt waren, wurde er zu Schiff hinterhergeschickt, und alle drei wurden wegen Mordes vor das Gericht des Königs gestellt. Die Nachricht, daß sie zum Galeerendienst verurteilt worden waren, löste im Mitteltal große Befriedigung und gegenseitige Gratulationen aus, die Tenar und neben ihr Therru schweigend zur Kenntnis nahmen.
    Dann trafen andere Schiffe mit anderen vom König ausgesandten Männern ein, die nicht alle bei den Stadt- und Dorfbewohnern des rauhen Gont beliebt waren: königliche Ordnungshüter, die über das System der Gerichtsbeamten und Friedensrichter berichten und die Beschwerden und Klagen des einfachen Volks anhören sollten; Steuerprüfer und Steuereinheber; vornehme Besucher der kleinen Adligen von Gont, die sich höflich nach ihrer Treue der Krone in Havnor gegenüber erkundigten; und Männer, die wie Zauberer aussahen, hierher und dorthin reisten, anscheinend wenig taten und noch weniger sprachen.
    »Sie suchen also doch einen neuen Obersten Magier, wie mir scheint«, bemerkte Tenar.
    »Oder sie wollen den Mißbrauch dieser Kunst unterbinden«, sagte Ged. »Zaubermacht auf Abwegen.«
    Tenar wollte schon ›Dann sollten sie im Herrenhaus von Re Albi nachsehen‹ sagen, aber ihre Zunge stolperte über die Worte. Was wollte ich noch sagen? dachte sie. Habe ich Ged je von … Ich werde vergeßlich. Was wollte ich Ged doch erzählen? Ach ja, daß wir das untere Weidetor instandsetzen müssen, bevor die Kühe ausbrechen.
    Im Vordergrund ihrer Gedanken stand immer ein Dutzend Angelegenheiten, die mit dem Hof zu tun hatten. »Für dich gibt es niemals nur eine Aufgabe«, hatte Ogion gesagt. Obwohl ihr jetzt Ged half, widmete sie alle Gedanken und Tage den Erfordernissen des Hofs. Er teilte sich mit ihr in die Hausarbeit, was Flint nie getan hatte; aber Flint war Bauer gewesen, und Ged war keiner. Er lernte schnell, denn es gab viel zu lernen. Sie arbeiteten. Sie hatten wenig Zeit zum Sprechen. Am Ende des Tages aßen sie zusammen das Abendessen, gingen zusammen zu Bett, schliefen, wachten im Morgengrauen auf und gingen wieder an die Arbeit, in einem ewigen Kreislauf, wie das Rad einer Wassermühle, das voll hochsteigt und sich entleert; die Tage waren wie das helle fallende Wasser.
    »Hallo Mutter!« rief der magere Kerl am Hoftor. Sie glaubte, es sei Lerches Ältester, und fragte: »Was führt dich her, Junge?« Dann sah sie ihn über die gluckenden Hühner und die vorbeimarschierenden Gänse hinweg wieder an.
    »Funke!« rief sie und lief auf ihn zu, so daß das Geflügel auseinanderstob.
    »Na, na«, meinte er, »mach kein solches Theater!«
    Er ließ zu, daß sie ihn umarmte und sein Gesicht streichelte, ging mit ihr hinein und setzte sich in der Küche an den Tisch.
    »Hast du gegessen? Hast du Mala
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