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Der Erdrutsch (German Edition)

Der Erdrutsch (German Edition)

Titel: Der Erdrutsch (German Edition)
Autoren: Stephan Martin Meyer
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das letzte Treffen
ruhig verlaufen war, machte er sich aber keine Sorgen. In der
Wohnungstür stehend erwartete er Oskar. Er ließ ihn in die Wohnung.
In seinem Zimmer setzte sich Johan auf das Bett, Oskar auf den
Schreibtischstuhl. Eine Weile sagte keiner etwas. Dann begann Oskar
zu sprechen:
    „ Habe
ich dich immer noch nicht überzeugen können?“
    Er nahm sich einen Stift vom Tisch, mit dem er nervös spielte.
    „ Ich
verstehe deine Situation“, antwortete Johan. „Aber es geht ja
auch darum, etwas aufzuklären.“
    „ Was
meinst du denn jetzt damit?“
    „ Das,
worüber Elsbeth geschrieben hat.“
    „ Worüber
hat sie denn geschrieben?“
    „ Das
weißt du gar nicht?“ Fassungslos schaute Johan ihn an.
    „ Woher
soll ich denn wissen, worüber sie geschrieben hat, wenn ich nicht an
die Dateien herankomme?“
    „ Wie
bitte?“, Johan hatte sich erhoben, saß nun aufrecht auf seinem
Bett. „Du hast den Text von ihr noch nicht einmal gelesen?“ Er
stand auf.
    „ Ja
wie hätte ich das denn tun sollen? Schlauberger. Ich kenne das
Passwort doch nicht.“
    „ Ich
fasse es nicht.“ Johan ging zu seinem Tisch. „Es hat dir niemand
gesagt?!“
    „ Was
hat mir niemand gesagt?“
    Oskar verfolgte jeden Schritt von Johan. Der klappte sein Laptop auf
und klickte die Datei an. Das Fenster zur Eingabe des Passwortes
öffnete sich.
    „ Stimmt,
wer hätte es dir auch sagen sollen. Du hast ja immer direkt
zugeschlagen, anstatt dich mit uns zu unterhalten.“ Johan blickte
Oskar an. „Ich kenne das Passwort.“
    „ Woher?“
    „ Du
kennst es auch.“ Johan schaute Oskar von der Seite an. „Es
scheint ganz so, als habe es da einen Menschen gegeben, der Elsbeth
sehr beeindruckt hat. Er hat sie so sehr beeindruckt, dass sie ihre
wichtigste Arbeit mit seinem Namen geschützt hat.“
    „ Wen
um alles in der Welt meinst du?“ Oskar starrte ihn an.
    „ ´Oskar´.
Es ist dein Name, den sie als Schutz gewählt hat.“
    Johan drehte Oskar den Computer zu, so dass dieser die Tastatur
direkt vor seinen Fingern hatte. Zögernd hob Oskar die rechte Hand,
schien sich kurz dagegen zu entscheiden, dann schnellte sie vor und
er tippte seinen Namen ein. Return.
    Der Text öffnete sich. Oskar zog die Hand zurück, die Schultern
sackten herab. Entgeistert blickte er auf den Bildschirm.
    „ Das
kann nicht wahr sein“, war der einzige Kommentar, den er sich
abringen konnte.
    Dann begann er zu lesen. Es dauerte eine Weile, bis er den Text
überflogen hatte. Johan machte es sich derweil wieder auf seinem
Bett bequem. Er versuchte, sich auf sein Buch zu konzentrieren, aber
immer wieder wanderte sein Blick zu Oskar hinüber.
    Schließlich drehte sich Oskar zu Johan herum. „Das habe ich nicht
gewusst.“ Er schwieg einen Moment. „Sie hat gut geschrieben, sehr
gut sogar. Das ist viel besser, als alles andere, was sie vorher
geschrieben hat. Und es ist exzellent recherchiert.“ Er blickte
Johan an. „So gut werde ich niemals schreiben können.“
    „ Vielleicht
nicht, allerdings kannst du es versuchen.“ Johan hatte sich wieder
aufgerichtet.
    „ Aber
dennoch: Ich kann es nicht zulassen.“ Oskar drehte sich auf dem
Schreibtischstuhl ein paarmal hin und her. Er schien nicht genau zu
wissen, was er tun sollte. „Hat sie von mir gesprochen?“, fragte
er Johan.
    „ Soweit
ich weiß, hat sie dich nie wieder erwähnt. Aber vermutlich hat sie
oft an dich gedacht.“
    Johan lehnte an der Wand. Er wartete, was als nächstes geschehen
würde.
    „ Hast
du eigentlich noch weitere Kopien von der Datei?“, wollte Oskar
plötzlich wissen.
    Johan hatte schon damit gerechnet, dass er fragen würde. Er
entschied sich, die Kopie unter den Socken seiner Eltern lieber nicht
zu erwähnen.
    „ Nein,
auf dem Rechner ist die letzte.“
    Oskar drehte sich langsam um. Dann ging alles ganz schnell: Er
schloss die Datei, löschte sie und leerte den Papierkorb. Er drehte
sich wieder zu Johan herum.
    „ Es
ändert nichts: Sie hat mein Leben zerstört. Die einzige Chance, die
ich habe, ist, dies hier zu verhindern. Und leider muss ich noch
etwas tun.“
    Er erhob sich. Langsam ging er auf Johan zu. Er zog ein Springmesser
aus der Tasche.
    Oskar beugte sich über Johan. Seine Hand zitterte. Johan bewegte
sich nicht. Er saß stocksteif auf seinem Bett. Seine Gedanken
rasten. Er dachte an seine Oma, die ein Jahr zuvor gestorben war. Sie
war alt gewesen. Wieder und wieder hatte sie davon gesprochen, dass
sie ein schönes Leben gehabt habe.
    Aber er
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