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Der Engel auf der Fensterbank

Der Engel auf der Fensterbank

Titel: Der Engel auf der Fensterbank
Autoren: J. Walther
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Engel rekelte sich, nackt und erregt, in den weißen Laken, seine Flügel verborgen. Jonathan beugte sich über ihn und verwöhnte ihn mit seiner Hand und seinem Mund. Ohne Hast, ohne es voranzutreiben. Hörte auf Michaels Stöhnen, das zu einem Fluss sinnlicher Laute wurde.
    Schließlich drehte sich Jonathan auf den Rücken und der Engel erhob sich über ihn. Im Moment höchster Lust entfalteten sich seine Flügel, schimmerten perlmuttweiß, umgaben ihn mit einer strahlenden Korona, um dann langsam zu verblassen. Als sie verschwunden waren, sank Michael auf ihn. “Mein Engel”, flüsterte Jonathan, während er Michael festhielt.

 
Der schönste Engel der Welt
     
    Der Engel liebte es, seine Tage auf dem Friedhof in Lucca zu verbringen. Dort stand er dann in Gestalt eines wunderschönen, weißen Marmorengels. Er hatte einst eine Affäre mit dem Bildhauer gehabt und so hatte ihm jener diese äußere Hülle geschaffen. Der Engel hatte im Gegenzug dafür gesorgt, dass dieser Friedhofsengel der Schönste der Welt wurde. Der Bildhauer war nun schon lange tot. Aber der Engel kehrte immer noch gerne an diesen Ort zurück.
    Er war aus zartem Marmor gemacht und von unvergleichlicher Eleganz. Kein Gott konnte so schön sein wie er. Die Flügel trug er erhoben und weit geöffnet. Aus seinem nackten Oberkörper floß ab den Lenden nahtlos ein weiches Gewand, das seine Beine umspielte, bis es sich über die Marmorstufen ergoss. Sein Gesicht war androgyn, von weichen Locken umrahmt und makellos. Sein Blick war leicht nach oben gerichtet, über die Menschen hinweg.
    Im Laufe eines Tages kamen immer viele Leute an ihm vorbei, manche beachteten ihn nicht weiter, einige standen länger vor ihm und bewunderten ihn. Ab und zu kamen sogar Fotografen und lichteten ihn ab, denn er war ein recht bekannter Friedhofsengel und außerdem ja der Schönste der Welt.
    Fast wäre der Marmorengel damals nicht aufgestellt worden, der Priester fand ihn zu dekadent. Das war er in der Tat. Er war sinnlich bis in die Spitze seines kleinen Fingers und voll hemmungsloser Dekadenz. Doch der Besitzer des Grabes war reich und einflussreich, und durch eine großzügige Spende kam der Engel schließlich doch noch an seinen verdienten Platz.
    Sein Name war Satanael. Einst war er ein Erzengel gewesen, der Schönste und Strahlendste aller Engel und Gottes Liebling. Die Menschen hatten eine Legende um ihn gesponnen. Er habe Gottes Macht an sich reißen wollen und war darum von Gott aus dem Himmel gestürzt worden und bis in die Hölle gefallen. Dort verlor er die göttliche Endung seines Namens und wurde zu Satan. Natürlich hatte Gott diese Verleumdung in Umlauf gebracht. Die Wahrheit war viel unspektakulärer. Gott war seines schönen Lieblings überdrüssig geworden. Und es gefiel ihm nicht, dass Satanael sich für das alltägliche Leben der Menschen interessierte und auch vor dem sehr intimen Umgang mit selbigen nicht zurückschreckte. So verbannte Gott Satanael aus seinem näheren Umfeld, nahm ihm einen großen Teil seiner Macht und entzog ihm alle Aufgaben.
    Der Erzengel Michael wurde Gottes neuer Liebling, denn er war verlässlich, treu, untertänig und sehr fleißig. Michael war durchaus von schönem Angesicht, doch nicht eitel und er hatte den leichtlebigen Satanael noch nie leiden können.
    Satanael zog von da an gerne durch die Welt. Er war über sein Schicksal nicht besonders unglücklich, denn im Himmel war es auf die Dauer recht langweilig. Gott konnte sehr launisch sein und wollte die Bewunderung und Aufmerksamkeit auf sich konzentriert sehen. Unter den Menschen erhielt Satanael die Bewunderung und Aufmerksamkeit, denn er war umwerfend schön, außerdem klug, charmant und wortgewandt. Und ihm dünkten die Menschen weitaus interessanter als die Himmelswesen, denn sie waren leicht zu beeindrucken, voller Fehler, dekadent, manchmal albern, auch eitel und eingebildet, aber niemals so überheblich wie die himmlische Elite.
    Am liebsten war der Engel die Muse berühmter Künstler, denn er liebte die Kunst, im Himmel gab es nichts Vergleichbares. Er war begeistert von der Renaissance, er mochte den frischen Geist, der durch die noch mittelalterlichen Straßen wehte. Es zog ihn nach Norditalien und er verliebte sich unsterblich in die Stadt Florenz. (Im wahrsten Sinne des Wortes, denn für ihn gab es keinen Tod.) Er inspirierte Botticelli nur zu zwei Bildern, aber es wurden seine berühmtesten. Als sich Botticelli christlichen Motiven zuwandte, verlor
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