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Der eiserne Thron

Der eiserne Thron

Titel: Der eiserne Thron
Autoren: Simon R. Green
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hätte unternehmen können – selbst wenn sie gewußt hätten, daß sich Piraten im Orbit
versteckten. Virimonde war eine technologisch zurückgebliebene Agrarwelt, auf der es mehr Vieh gab als Einwohner. Der
einzige Kontakt zum Imperium bestand aus einem in monatlichen Abständen verkehrenden Frachter und einem sporadisch
patrouillierenden Sternenkreuzer, und in den kommenden
Wochen wurde keiner von beiden erwartet.
    Hazel funkelte wütend die Tür vor sich an und trat heftig
gegen den Rahmen. Mit einem Zischen fuhr das Schott zur
Seite, und Hazel betrat den frostigkalten Frachtraum. Hinter
ihr schloß sich die Tür sofort wieder. Winzige gefrorene Kristalle schwebten in der kalten Luft und brannten in Hazels
Lungen. Sie erschauerte und drehte die Heizelemente in ihrer
Montur höher. Die Körperbänke benötigten eine ganz spezifische Temperatur, um ihre Fracht aus menschlichem Gewebe
klonfähig zu halten. Hazel warf einen raschen Blick in die
Runde und aktivierte ihr Komm-Implantat. »Hannah, hier
spricht Hazel. Bitte melden.«
    »Ich höre, Hazel«, erwiderte Hannah, die Künstliche Intelligenz der Scherbe . »Was kann ich für dich tun?«
»Bearbeite die Signale der Sicherheitssensoren des Frachtraums so, daß es aussieht, als wäre ich nicht hier.«
Hannah seufzte. Die Künstliche Intelligenz besaß keine
menschlichen Emotionen, aber sie tat gerne als ob. »Also
wirklich, Hazel! Du weißt genau, daß du nicht dort hineingehen sollst! Du bringst uns beide in Schwierigkeiten.«
»Mach es! Oder soll ich dem Käpten von deiner persönlichen Videosammlung seiner intimsten Stunden erzählen?«
»Ich hätte sie dir niemals gezeigt, wenn ich gewußt hätte,
daß du mich damit erpressen wirst. Außerdem ist es eine ganz
harmlose Sammlung.«
»Elektronengehirn …«
»Schon gut, schon gut! Ich bearbeite die Sensoren. Bist du
jetzt zufrieden?«
»So ziemlich … und Hannah? Wenn ich dich jemals erwischen sollte, wie du mich heimlich beobachtest, werde ich
eine Lobotomie an deinen Hauptsystemen durchführen – aber
mit einer Schrapnellgranate. Hast du mich verstanden?«
Hannah schniefte beleidigt und unterbrach die Verbindung.
Hazel mußte grinsen. Es gab so viele KIs – und der Käpten
mußte ausgerechnet an eine Spannerin geraten. Irgendwie war
das typisch für die Scherbe und das Pech, das dieses Schiff zu
verfolgen schien. Hazel blickte die langen Reihen von Körperbänken entlang, großen, sperrigen Metallkisten, deren Seiten mit Reif und Eis überkrustet waren. Häßliche Dinger für
ein häßliches Geschäft. Die KI hatte schon recht: Hazel hatte
nicht die Befugnis, den Frachtraum zu betreten. Nicht, daß sie
einen verdammten Dreck darauf gegeben hätte. Hazel d’Ark
gab grundsätzlich auf nichts einen verdammten Dreck. Ganz
zu schweigen davon, daß sie immer genau das tat, was sie
wollte – zur Hölle mit den Konsequenzen. Was zumindest
teilweise der Grund war, warum aus ihr eine Gesetzlose geworden war.
Vorsichtig, angetrieben von einer neugierigen Mischung aus
Abscheu und Faszination, näherte sich Hazel der am nächsten
stehenden Körperbank. Als sie als Klonschmugglerin auf der Scherbe angeheuert hatte, hatte sie sich keine Illusionen gemacht, worauf sie sich einließ. Doch aus der Nähe betrachtet
sah die Sache noch ein wenig finsterer aus. Sicher, die Körperbänke waren ein Quell des Lebens – trotzdem schien der
makellos saubere Frachtraum nach Tod zu stinken. Die meisten Lichter waren abgeschaltet, um Energie zu sparen. Man
wußte nie, wann man die gesparte Energie gebrauchen konnte, um Unannehmlichkeiten aus dem Weg zu gehen. Klonpascher waren alles andere als beliebt, weder bei den Behörden
noch bei denjenigen, die ihre Dienste in Anspruch nahmen.
Langsam schlenderte Hazel den Mittelgang zwischen den
Körperbänken entlang. Vor ihrem geistigen Auge brannten
die Bilder von Herzen und Lungen und Nieren, durch die frisches, hellrotes Blut pulsierte. Sie wußte zwar, daß die tiefgefrorenen Organe in Wirklichkeit ganz anders aussahen, aber
ihr gefiel die Vorstellung. Ihre Kollegen redeten von den Organen als ›Handelsware‹. genauso beiläufig wie Metzger im
Schlachthaus über das Vieh.
Hazel blieb stehen und sah sich um. Sie war umgeben von
Hunderten menschlicher Organe und Gewebe. Genug, um ein
ganzes Dutzend Schlachtfelder damit zu übersäen – doch jedes einzelne vollkommen wertlos, rettungslos mit einem
heimtückischen Virus kontaminiert. Das kam davon,
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